„Küss mich! Ich bin ein Prinz!“, sagte der Golf R im Schafspelz.
39.000 Euro für den Golf R ausgeben? Heise Kompaktklasse Modelle scheinen voll im Trend zu liegen. Egal, ob ich über einen Mercedes A45 AMG, den Audi RS3 oder den Ford Focus RS schreibe, die Zugriffszahlen sind signifikant hoch. Da stehen so zukunftsträchtige Themen wie autonomes Fahren oder Brennstoffzellenantriebe weit hinten an. Also folge ich dem Wunsch der Leser und stelle den Golf unter den kompakten Rennkisten vor: Den Golf R.
Dabei könnte man provokant fragen, ob der Golf GTI Performance mit seinen 169 kW (230 PS) und 250 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit für einen Kompaktsportler nicht ausreichen. Ich denke schon, aber eines unterscheidet den Golf R, und das ist für Kenner wohl entscheidend: Der Allradantrieb. Wer so viel Motorleistung artgerecht auf die Straße bringen möchte, kommt um ihn kaum herum. Dabei ist der R Golf ja nichts grundsätzlich Neues. Zunächst kam er mit sechs Zylindern, mächtig Leistung und dem grandiosen Doppelkupplungsgetriebe auf den Markt. Doch längst ist auch er unter den Downsizing-Hammer gekommen. Heute werden die 221 kW (300 PS) und beeindruckende 380 Nm Drehmoment aus nur noch vier Zylindern erzeugt. Nichts desto trotz sind die Fahrleistungen des Golf R faszinierend und bieten puren Fahrspaß bis über 250 Stundenkilometer hinaus. Das birgt selbstredend auch Gefahren. Wer noch unerfahren im Umgang mit solchen Geschossen ist, der sollte sich Stück für Stück mit diesem kompakten Renner vertraut machen.
Akustisch ist der Wolfsburger Rennsportler indes keine Offenbarung. Zu synthetisch klingt der Golf für meinen Geschmack mit seinem Soundgenerator. Insbesondere, wenn er im Sportmodus versucht, den Großen zu geben. Aber Sound ist ja nicht alles. Optik ist auch etwas. Hier trägt der sportlichste Golf keinesfalls zu dick auf. Auch in seiner R Variante bleibt er ein schlichter Golf. Aber ein Golf im Schafspelz.
Sein Design ist innen wie außen unspektakulär, aber schön. Mir gefallen die klaren, feinen Kanten der aktuellen Golf Generation ausgesprochen gut. Ein kompaktes Designerstück.
Wer mindestens 39.000 Euro für den VW Golf R ausgibt, der bekommt das was er erwarten kann. Ausreichend Platz für bis zu fünf Personen, ein ausgewogenes Fahrwerk, solide Verarbeitung und Technik auf dem Stand der Zeit. Die Sportsitze des Golf R sehen mit ihrem R Logo nicht nur gut aus, sie bieten in Kurven perfekten Seitenhalt und einen tadellosen Langstreckenkomfort. Diese Sitze mit dem Stoff-/ Alcantarabezug schonen den Rücken, fühlen sich gut an und sind temperaturausgleichend. Ich ziehe Alcantara einem kalten Glattleder vor.
Im Unterschied zum reinen Vorderradantriebler schluckt der Gepäckraum des Golf R (wegen der Antriebseinheit an der Hinterachse) 40 Liter weniger (343 Liter). Sonst ist er ein ganzer Golf, der fahrdynamisch allerdings der Oberhammer ist. Sein maximales Drehmoment von 380 Newtonmetern liegt zwischen 1.800 und 5.500 Umdrehungen pro Minute an. Entsprechend kraftvoll geht er zur Sache. Selbst bei schneeglatter oder regennasser Fahrbahn bringt der Allradantrieb des Golf R seine 300 Pferde mit viel Vortrieb auf die Straße. Das um 20 Millimeter niedriger gelegte Sportfahrwerk arbeitet tadellos. Durch die wählbaren Fahrmodi kann der Fahrer nach Lust und Laune mal sportlicher, mal komfortabler unterwegs sein. Lenkung und Bremsen wurden dem Leistungspotenzial des R Golf angepasst und gaben mir in allen Fahrsituationen ein sicheres Gefühl.
Beim Verbrauch kann dieser Super-Golf indes nicht ganz halten, was der Hersteller durch die Normverbrauchsangaben an Erwartung schürt. Sieben Liter lassen sich selbst bei zögerlicher Fahrweise nicht erreichen. Während meiner Testfahrten gönnte sich der 4,28 Meter lange Wolfsburger im Schnitt runde 10 Liter auf 100 Kilometer. Bei härterer Gangart auch mehr. Ob das ein guter und gut klingender Sechszylinder nicht auch geschafft hätte? Sei’s drum.
Bleibt die Ausgangsfrage, ob es sich lohnt, für zusätzliche 70 PS und Allradantrieb runde 8.000 Euro mehr auszugeben? Das muss am Ende jeder für sich entscheiden. Als sparsamer Badener würde ich diesen Mehrpreis wohl einsparen und zum Performance GTI greifen. Zwar sind Antriebskräfte am Lenkrad wie weggezaubert und das Fahrerlebnis mit dem Golf R ist noch beeindruckender, aber mit der Kaufpreisdifferenz ließe sich viel Schönes anfangen.
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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Nach zwei Golf 6 GTI (1x mit 211 PS, 1x mit 235 PS Edition 35) habe ich mich in diesem Jahr zum Kauf eines 7ner R entschieden und muss feststellen, dass der R um Welten besser als ein GTI (Performance) ist. Wer je den 7R gefahren ist, möchte keine GTI mehr haben. Der R bringt seine Leistung immer souverän auf die Straße, was einem GTI nicht gelingt. Auch das Fahrverhalten und das Fahrwerk eines R lassen den GTI schlecht aussehen. Natürlich ist der Aufpreis vom GTI zum R erheblich, doch ich habe die Mehrausgabe nicht bereut. Für einen 3er BMW (der 2er gefällt mir nicht) mit vergleichbarer Leistung und Ausstattung wären nochmals 16.000 Euronen mehr fällig gewesen. Das bin ich nicht bereit zu zahlen, obwohl ich seit 40 Jahren BMW fahre – derzeit ein 325i Cabrio E30. Ein Golf ist „quadratisch, praktisch, gut“. Der R macht auch noch noch unheimlichen Spaß, wenn man will.
Nach zwei Jahrzehnten Audi A8 mit Achtzylinder-Sauger-Motoren und Allrad habe ich auf den Golf R gewechselt. Nicht zuletzt aufgrund der innerstädtischen Parksituation.
Leider habe ich noch zu einem vorfacelift Modell mit dem Sechsgang-DSG gegriffen, welches als Werkswagen in Vollausstattung mit großzügigem Rabatt zu bekommen war.
Aber warum „leider“? Dem Getriebe fehlt ein Overdrive und das Fahrzeug dreht deswegen schon bei rund 120 km/h auf der Autobahn ca. 3.000 rpm. Entspanntes Reisen wird durch das hohe Drehzahlniveau verleidet. Ansonsten ein recht gelungenes und gut verarbeitetes Fahrzeug ohne große Schwächen.
Das Getriebe wurde mittlerweile entsprechend verbessert und das Faceliftmodell ist auch als Reisewagen zu empfehlen.