Opel Ampera-e – Umparken im Kopf oder die Revolution im Elektrosegment?

Ab Januar 2017 soll er bestellt werden können und im Frühjahr zu den Händlern rollen: der Opel Ampera-e. Die Rüsselsheimer präsentieren in Deutschland ihr neu-konzeptioniertes Elektromodell. Wir durften im neuen Stromer bereits Platz nehmen und ihn ausführlich begutachten. Gefahren wird dann in den kommenden Wochen.Opel Ampera-e 2017 Mit seiner Reichweitenangabe von 500 Kilometern (NEFZ) war der Ampera-e der Star des Pariser Automobilsalons. Das ist mehr als beim hochgelobten Tesla, mehr als beim neuen BMW i3 und mehr als beim neuen VW Elektro-Golf. Die Konkurrenz schreckte daher auf. Denn der beste Konkurrent steht dem Opel damit um etwa 100 Kilometer nach. Platz zwei und drei weisen schon ein um etwa 200 Kilometer hohes Reichweiten-Defizit auf. Der NEFZ-Wert ist zwar bekanntlich ein Laborwert, der in der Realität schwer zu erreichen ist, der Verbräuche zwischen Modellen allerdings vergleichbar machen soll. Dass der Wert in diesem Fall nicht ganz unrealistisch erscheint, zeigt die Tatsache, dass der realitätsnähere WLTP -Wert eine Reichweite von 380 Kilometern angibt. Damit würde man ohne zu Tanken von Frankfurt nach München kommen. Bei Opel selbst will man den Ampera-e 417 Kilometer von London nach Paris gefahren sein und weitere 80 Kilometer Restreichweite auf der „Tankuhr“ gelesen haben. Natürlich sind wir auf den ersten Fahrtest gespannt, doch die Indizien sprechen dafür, dass der Stromer seine Konkurrenz sprichwörtlich überflügelt.

Der Ampera-e wurde gemeinsam mit dem Chevrolet Bolt EV entwickelt. Der Platz im Unterboden dieser General Motors Entwicklung reicht aus, um ihn mit einer etwa 500 Kilogramm schweren und 60 Kilowatt-Stunden starken Lithium-Ionen Batterie füllen zu können. Um die Batterie herum befindet sich ein Käfig, der neben der Crash-Sicherheit auch der Karosserie eine besondere Steifigkeit verleihen soll. Die positiven Nebeneffekte sind dabei, dass auf hässliche Schweller in den Flanken, wie auf ein überhartes Fahrwerk verzichtet werden kann, und gleichzeitig ein niedriger Schwerpunkt entsteht. Mit seiner hohen Reichweite und seinem Nutzraum ist der kompakte Ampera-e alltagstauglich. Denn der Durchschnitts-Mensch legt pro Tag kaum mehr als 40 Kilometer im Auto zurück. So würde es ausreichen, das Auto ein bis zwei Mal je Woche aufzuladen. Und selbst für Autobahnstrecken scheint der Ampera-e nicht ungeeignet. Opel Ampera-e Heck Er wird zwar bei 150 Stundenkilometern abgeriegelt, weil höheres Tempo überproportional viel Energie verbrauchen würde, doch soll man an speziellen Tankstellen durch eine Schnellladestation in 30 Minuten bis zu 150 Kilometer Restreichweite „nachtanken“ können. Auch der Fahrspaß wird anhand des 150 kW/ 204 PS starken Motors kaum flöten gehen. Ganz im Gegenteil, denn die 360 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen ab der ersten Umdrehung an und sind ein Wert von dem Durchschnittsverbrenner nur träumen können. Der Ampera-e soll den Sprint aus dem Stand auf 50 km/h in 3,2 Sekunden schaffen. Auf 100 km/h soll er laut Opel 7,3 Sekunden brauchen. Von 80 auf 120 km/h soll der elektrische Ampera 4,5 Sekunden benötigen. Das ist kaum schlechter als beim sportlichen Corsa OPC. Wem die Reichweite wichtig ist, der sollte seine Fahrweise anpassen und diese Werte nicht dauernd ausreizen.Opel Ampera-e 2017Der Ladevorgang soll so unkompliziert wie möglich stattfinden. Entweder mit 4,6 kW via Wallbox, an einer normalen 2,3 kW-Steckdose oder eben durch die Schnellladefunktion auf der Autobahn. Verkehrsminister Dobrindt unterstützt dabei nicht nur mit der Kaufprämie von 4.000 Euro. 2017 sollen 400 weitere Ladestationen an deutschen Autobahnen gebaut werden. Ende 2017 soll das Autobahn-Netz dann 5.000 Elektro-Zapfsäulen umfassen. Weitere 10.000 E-Tankstellen sind in Kommunen, bei Energie-Lieferanten, an Einkaufsstellen und Flughäfen vorhanden. Dass sich Autos nicht allein über Vernunft und Ratio verkaufen lassen, wissen wir nicht erst seit den Erfolgen von Tesla. Klar, Autos müssen emotionalisieren und den Menschen gefallen. Opel möchte mit der Formsprache des Ampera-e auch diesem Anspruch gerecht werden. Der Rüsselsheimer Stromer ist optisch eigenständig und wird so eindeutig als Elektro-Auto erkannt. Mit seinen 417 Zentimetern Länge bewegt sich das neue E-Modell zwischen Corsa und Astra.

Der Crossover bietet im Innenraum ähnliche Platzverhältnisse wie der Astra. Das ist auch deshalb so, weil durch die kompakte Bauweise auf einen Mitteltunnel verzichtet werden konnte und der E-Antrieb gegenüber einem Verbrenner weniger Raum benötigt. So kann der Ampera-e das Alltagsauto für die Familie sein. Fünf vollwertige Sitze und die 381 Liter Kofferraum-Volumen unterstreichen das. Das sind übrigens 20 Liter mehr als beim Astra. Auch auf den Rücksitzen herrscht überraschend gute Kopf- und Beinfreiheit. Die crossover-artigen Proportionen werden durch die Kunststoff-Beplankungen um die Radhäuser, die kurzen Überhänge und die Dachreling unterstrichen. Trotz den dynamischen Linien ist der Ampera-e mit seinem „fliegenden“ Dach (wie schon bei Adam und Astra) und der opel-typischen Fenstergrafik, trotz aller Eigenständigkeit, klar als Opel erkennbar. Die Frontsignatur um den schmalen Grill soll zeigen, dass wir es hier nicht mit einem Verbrenner zu tun haben. Für den nötigen Pep sorgen prägnante Front und Heckleuchten.Opel Ampera-e Innenraum Auch im Innenraum dominieren opel-typische Merkmale. Auffällig, die gelungene Integration des 8-Zoll-Farbdisplays direkt vor dem Fahrer. Durch den nicht vorhandenen Mitteltunnel wird das Cockpit ausgesprochen offen und geräumig. Inmitten des schwebend gezeichneten Armaturenbrettes thront ein 10,2 Zoll großes Display. Lediglich die zahlreichen Hartplastikkomponenten stören. Die Sitze sind bequem und scheinen guten Halt zu geben. Ablageflächen werden die Familien freuen. Und die Konnektivität soll mit On-Star, Android Auto und Apple Car Play aktueller, den je sein. Die USB-Anschlüsse zwischen den Vordersitzen werden nicht nur Smartphone-Junkies gefallen.Opel Ampera-e Fazit

Produziert wird der Ampera-e in Lake Orion im General-Motors-Stammwerk. Dort startete die Serien-Produktion des Chevrolet Bolt EV (das US Pendant zum Ampera-e) vor einer Woche und auch einige Opel Ampera-e Vorserien-Autos liefen hier schon vom Band. Tatsächlich ist der Ampera-e mit seiner Norm-Reichweite von 500 Kilometern ein weiterer Meilenstein auf dem Weg in die Elektromobilität. Ein Konzept, dass sich für kürzere UND längere Strecken eignet. Dabei ist das Auto durch die Crossover-Karosserie alltagstauglich und überzeugt durch eine ansprechende Optik. Wer sich Sorgen um die Haltbarkeit der Batterie macht, den will Opel mit einer 8-jährigen Garantie (bis zu 160.000 Kilometer) überzeugen. Leider gibt Opel bisher noch nichts zu den Preisen bekannt. Vermutet wird eine Preisfestlegung unterhalb von 35.000 Euro. Einen Anhaltspunkt bietet der baugleiche Chevrolet. In den USA sollen die ersten Bolts noch bis Jahresende auf die Straßen kommen. Der hat einen Listenpreis von umgerechnet 33.900 Euro. Allerdings haben die Amis mit 7.500 Dollar eine höhere Förderprämie. Wir bleiben gespannt und freuen uns auf die erste Testfahrt.