Nio EV: Keine emotionale Erpressung
Der Elektro-Boom, den viele Beobachter prognostizieren, zieht neue Mitspieler an. Einer der ernsthaftesten von ihnen ist Nio, ein chinesischer Start-up, der ursprünglich als Next EV firmierte. Bei dem „South by Southwest“-Festival im texanischen Austin wurde jetzt der Marktstart in den USA bestätigt – und eine Fahrzeugstudie gezeigt, die den ambitionierten Plänen Glaubwürdigkeit verleihen soll.
In drei Jahren, nämlich in 2020, will man den Markteintritt wagen; es soll ein vollelektrisches Fahrzeug sein mit der Fähigkeit, nach Bedarf autonom zu fahren. Das futuristisch gezeichnete Fahrzeug soll den Passagieren auf drei Sitzreihen reichlich Platz bieten.
Damit entfernt es sich nicht allzuweit von der Fahrzeugstudie namens Eve, mit der Nio in Texas reüssierte. Das One-Box-Design wird akzentuiert durch eine großzügige Verglasung im Stil eines Hubschraubers; sogar nach vorne unten können die Insassen den Blick richten. Das riesige Interieur verfügt über ein einzigartiges „5+1“-Layout, wobei der „+1“-Notsitz aus dem vorderen Beifahrersitz ausgeklappt werden kann.
Obwohl der Eve vollständig für autonomes Fahren der obersten Ausbaustufe ausgelegt ist, gibt es ein Lenkrad und eine Pedalerie; der Fahrer soll immer noch übernehmen dürfen, wenn er es möchte. Viel Gepäckraum gibt es nicht: „Wir glauben, dass die Insassen bei einem autonomen Fahrzeug die Dinge, die sie mitnehmen, auch während der Fahrt nutzen wollen“, sagt Design- und Kreativdirektor Kris Tomasson, der früher für BMW i arbeitete.
Noch vor dem US-Modell soll übrigens ein vollelektrischer SUV in China auf den Markt kommen. Er ist deutlich konventioneller gezeichnet und wird in wenigen Wochen auf der Automesse in Shanghai als Studie gezeigt. Das Serienmodell soll 2018 folgen.
Für die Glaubwürdigkeit der Marke sorgt vor allem der vollelektrische Supersportwagen EP9, gezeichnet von David Hilton und in mittlerweile sechs Einheiten gebaut, die für 1,2 Millionen Euro alle verkauft worden sind. Der Elektroantrieb des EP9 leistet 1360 PS, was genau einem Megawatt entspricht; die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 312 km/h.
Im vergangenen Oktober hat der EP9 eine Rekordfahrt auf der Nürburgring-Nordschleife hingelegt; der anspruchsvolle Kurs wurde in nur 7:05.120 Sekunden umrundet. Im Februar hat Nio mit einer autonomen Rekordfahrt auf der Rennstrecke Circuit of the Americas nachgelegt. Momentan denkt Nio über eine Verlängerung der Serie nach. Darüber hinaus hat das Unternehmen noch unter dem Namen Next EV für die aktuelle Saison in der Formel E Konstrukteursstatus erhalten.
Während es in China schon nächstes Jahr soweit sein soll und 2020 die USA folgen sollen, will sich Nio mit dem Marktstart in Europa noch einige Jahre länger Zeit lassen. Wenn es so weit ist, wird die Marke auf starke Konkurrenz stoßen: Audi, BMW und Mercedes-Benz werden mit eigenen E-Modellen auf dem Markt sein, und es ist durchaus denkbar, dass die Start-ups Faraday Future, Lucid und Tesla sich ebenfalls noch auf dem Markt befinden.
Es ist das „Gesamterlebnis“, mit dem sich Nio unterscheiden will, und man legt dabei Wert darauf, dass in diesem Segment das Exklusiveigentum am Automobil weiter dominieren wird. Deshalb will Nio sich auf die zahlreichen Kontaktstellen konzentrieren, die zwischen Besitzer und Fahrzeug existieren.
Und man will davon absehen, Elektroautos durch „emotionale Erpressung“ an den Mann zu bringen; von Weltverbesserungsvisionen nimmt die Marke Abstand. „Elektroautos sollen einfach als die bessere Wahl wahrgenommen werden.“. ampnet
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