Ineos Grenadier (2022)-Konkurrenz für den alten Defender
Ineos Grenadier – Neuer Geländewagen – einfach und robust
Als der Land Rover Defender eingestellt worden ist, waren manche betrübt, andere konnten es nicht glauben, und wieder andere wollten es nicht akzeptieren. Zu ihnen gehörte Sir James (Jim) Ratcliffe. Der englische Self-Made-Milliardär und Mehrheitseigentümer der Ineos Gruppe wollte die Rechte von JLR erwerben, um den Defender in Eigenregie weiterbauen zu dürfen. Aber JLR wollte das nicht und lehnte das Angebot ab.
Bei einem Feierabend-Bier in einem Londoner Pub namens „Grenadier“ soll schließlich die Idee geboren worden sein, selbst ein maximal geländegängiges Nutzfahrzeug zu bauen, mit dem man auch schwere Lasten über weite Strecken transportieren kann. Ein solches Fahrzeug soll technisch simpel aufgebaut sein und deshalb überall auf der Welt repariert werden können. Eine große Watttiefe und Robustheit gegenüber der ganzen Varianz an Klima-Einflüssen müsse der Grenadier mitbringen.
Und weil sich Superreiche ein solches Projekt leisten können, ohne Banken fragen zu müssen, begann Ratcliffe in die Tat umzusetzen, was manche für eine Spinnerei hielten. Doch weit gefehlt. Inzwischen arbeiten rund 1.300 Menschen für die Ineos Automotive SAS. Der größte Teil von ihnen im französischen Hambach, wo Ineos das Smart Werk von Daimler gekauft hat und dort aktuell den Smart für Daimler in Lohnarbeit produziert. Längst laufen dort aber auch die Vorbereitungen für die Produktion des Grenadier, der im Sommer 2022 an die ersten Kunden ausgeliefert werden soll. Neben den menschlichen Arbeitskräften sollen in Hambach auch 267 Roboter am Grenadier bauen. Für das erste Produktionsjahr plane man mit 25.000 Einheiten. Auch wenn der Preis des Grenadiers noch nicht feststehe, seien mit einem Niveau nicht unterhalb des Defenders zu rechnen. Daher gehen wir aktuell von rund 50.000 Euro in der Basis aus.
Der Ineos Grenadier
Die Entwicklungsarbeiten für den Grenadier hat Magna in Graz übernommen. Dort laufen bereits die Fahrtests. Der Rahmen für den Grenadier kommt aus Deutschland, hier findet der des ehemaligen VW Amarok Verwendung. Die Motoren liefert BMW, es soll einen Diesel- und auch einen Benziner als Reihen-6-Zylinder angeboten werden, die ihre Kraft über ein 8-Gang-Automatik-Getriebe von ZF und einen permanenten Allrad-Antrieb an die Räder leiten. Alles soll super-robust werden, damit der Grenadier auch abseits der bewohnten Regionen dieser Erde zuverlässig durchhält. Auf schwer zu reparierende Elektronik soll weitestgehend verzichtet werden.
Vor dem Hintergrund strengerer Abgasregeln planen die Ineos-Verantwortlichen längerfristig bereits elektrische Antriebe. Als Energiequelle sieht man hier für Nutzfahrzeuge, wie den Grenadier, jedoch eher Wasserstoff und die Brennstoffzelle, als Batterie-Technik. Hybrid-Antriebe werde es nicht geben, so Ineos Automotive CEO, Dirk Heilmann. Bereits heute gibt es dazu ein laufendes Projekt mit Hyundai. Als Wettbewerber sieht Dirk Heilmann nicht in erster Linie den neuen Defender oder die aktuelle Mercedes G-Klasse, diese hätten zu viele elektronische Helferlein an Bord. Er nennt den Jeep Wrangler, den Ford Bronco und den Toyota Landcruiser als direkte Wettbewerber in einem sehr kleinen Segment.
Zunächst wolle man mit dem Grenadier auf 5 Hauptmärkten starten: Europa, Nordamerika, Großbritannien, Afrika und die Pazifik Region. Russland und China sollen später folgen, so der in Europa für Vertrieb und Marketing verantwortliche Klaus Hartmann. Der Vertrieb solle zwar auch online möglich sein, man lege aber großen Wert auf persönliche Kontakte. Selbstredend werde eine Infrastruktur aufgebaut, die Verkauf und Service zusammenführt. Am Aufbau dieser Organisation arbeite man aktuell mit Hochdruck. Das Interesse von bestehenden Handelsunternehmen sei groß. Man prüfe jedoch intensiv, ob Händler und Produkt zusammen passen.
In der Ineos Niederlassung in Böblingen hat uns Designer Jonathan Price vor wenigen Tagen das bis dahin geheim gehaltene Interieur des Grenadier vorgestellt. Auch bei der Entwicklung der Innenausstattung lag das Augenmerk auf Robustheit und Einfachheit, so der Designer. Zu unserer Überraschung gibt es für Grenadier jedoch eine Variante mit hochglänzenden Klavierlack-Elementen. Ansonsten findet man leicht zu reinigende Kunststoffoberflächen. Knöpfe und Schalter sind mechanisch und nehmen viel Platz in der Mitte des Armaturenbretts und an der Decke zwischen Fahrer und Beifahrer ein. Die Platzverhältnisse im Innenraum sind vorn wie auch in der zweiten Reihe für lange Strecken ausreichend. Die Sitze bieten ausreichend Seitenhalt und sind trotzdem bequem, so dass man sich tatsächlich auch lange Fahrten mit dem Grenadier vorstellen kann. Die Türen zum Gepäckraum sind etwa ein Viertel zur drei Vierteln geteilt. Die schmale Tür soll es erlauben, kleine Teile in den Gepäckraum werfen zu können. Die Rücksitzlehnen können im Verhältnis 2 zu 3 umgeklappt werden. Man erkennt am Innenraum deutlich, dass hier Offroad-Profis am Werk sind. Verarbeitung und Materialqualität sehen keinesfalls nach Hinterhof aus.
Fazit
Die zunächst für die Summe aller Märkte geplanten 25.000 Einheiten des Grenadiers scheinen keinesfalls zu hoch gegriffen. Denn wenn der deutsch-französisch-britische Geländewagen im Gelände hält, was er verspricht, wird er auf nur wenige Wettbewerber treffen. Noch stehen die Preise für den Grenadier zwar nicht fest, aber wenn man den Andeutungen der Ineos-Verantwortlichen glauben schenkt, werden Sie bei rund 50.000 Euro beginnen. Das wird in unseren Augen kaum einen der potenziellen Kunden abschrecken. Wir freuen uns auf die ersten Testfahrten und werden berichten …
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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