VW ID.3 – Kann der kompakte Wolfsburger das Golf Erbe antreten?
Angetrieben wird der VW ID.3 von einem Elektromotor an der Hinterachse. Das wird vielleicht manchen überraschen. Der E-Motor im ID.3 leistet 150 kW (204 PS) und liefert ein maximales Drehmoment von 310 Newtonmetern. Damit schafft der ID.3 eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern. In 7,3 Sekunden erreicht die rund 1,8 Tonnen schwere Steilheck-Limousine aus dem Stand Tempo 100. Selbst im Eco-Modus empfinden wir die Beschleunigung noch klasse. Jeder der noch kein E-Auto ausprobiert hat, sollte sich dieses Vergnügen mal gönnen. Aber klar ist auch, dass ein ungezügelter Gasfuß den Verbrauch (nach WLTP etwa 15 kW) deutlich nach oben treibt. Auf unseren Testfahrten haben wir im Mittel etwa 17 kW notiert.
Unser Testwagen nutzt eine Batterie, die einen tatsächlich nutzbaren Energiegehalt von 58 Kilowattstunden speichern kann. So wird eine elektrische Reichweite von bis zu 420 Kilometern (nach der im WLTP-Norm) möglich. An Wechselstrom (wie es ihn an der normalen Steckdose zuhause gibt) kann die Batterie mit einer maximalen Ladeleistung von 11 kW geladen werden, dann dauert ein Ladevorgang rund 6 Stunden. Über Nacht also kein Problem. An Gleichstrom-Stationen ist die Ladung mit einer Leistung von bis zu 100 Kilowatt möglich. Hier lässt sich innerhalb von grob 30 Minuten eine Reichweite von 300 Kilometern nachladen.
Unsere Testfahrten konnten die vom Werk angegebene WLTP-Reichweite leider nicht wirklich bestätigen. Auch wenn man mit einer Ladung wohl bis zu rund 300 Kilometer weit kommen kann, ist man gut beraten, sich rechtzeitig nach einer Lademöglichkeit umzuschauen. Das bedeutet, nach rund 200 gefahrenen Kilometern sollte man sich auf die Suche machen, um nicht in Stress zu kommen. Leider findet man derzeit noch nicht an vielen Stellen Lade-Stationen mit einer Leistung von 100 kW. Und selbst wenn man eine solche aufgetan hat, ist es nicht immer der Fall, dass die volle Lade-Leistung zur Verfügung steht, denn diese hängt stark mit der Netzauslastung zusammen.
Die Lade-Stationen reagieren automatisch darauf und reduzieren ggf. die Ladeleistung, indem sie diese reduzieren. Also ist man gut beraten, nicht nur 30 Minuten fürs Laden einzukalkulieren, sondern besser eine Stunde. Genau das hat auch der Fahrer gemacht, der uns den Testwagen von Wolfsburg ins 570 Kilometer entfernte Offenburg gebracht hat. Er hat, nachdem er voll gestartet war, 3 x nachgeladen und dafür jeweils etwa eine Stunde benötigt. In Offenburg hat er uns den Wagen dann mit 85 Prozent der Kapazität übergeben. Diese Werte sind zwar nicht repräsentativ, aber sie stammen aus einem konkreten Fall und von einem Fahrer, der sich mit Überführungsfahrten auskennt. An das Planen des Nachladens bei der Nutzung eines E-Autos muss man sich einfach gewöhnen.
Preise zwischen 31.000 und 50.000 Euro
Neben dem 58-kwh-Akku bietet VW den ID.3 inzwischen auch mit einer 44 kWh Batterie und einer 77-kwh-Variante an. Erstere soll eine Reichweite von 350 Kilometern schaffen (Laden nur bis 50 kWh oder gegen 650 Euro Aufpreis bis 100 kWh), zweitere bis zu 550 Kilometer. Mit dem kleinen Akku beginnen die Preise bei runden 31.000 Euro. Nach Abzug der bekannten Förderbeträge in Höhe von 9.000 Euro resultiert folglich ein realer Einstiegspreis von 22.000 Euro. Dafür bekommt man dann jedoch die einfachste Ausstattung „Pure“.
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Wer die größter Reichweite und die umfangreichste Ausstattung möchte, der liegt bei etwa 50.000 Euro. Unser Testwagen ist aus der 1.st Edition, die es so inzwischen nicht mehr gibt. Man kann jedoch deren Ausstattungsbestandsteile frei zusammen konfigurieren. Die Basisausstattung des ID.3 1st beinhaltet ein Navigationssystem, ein DAB+ Digitalradio, eine Sitzheizung, Lenkradheizung, Armlehnen vorne, ein Mode-2-Ladekabel sowie 18 Zoll-Alufelgen. Unser Testwagen aus der „Plus“-Linie verfügt zusätzlich über eine Rückfahrkamera, automatische Distanzregelung (ACC) und ein schlüsselloses Zugangssystem.
Im Innenraum ist der ID.3 1st „Plus“ außerdem mit Design-Sitzen, einer Mittelkonsole, zwei USB-C-Anschlüssen hinten, verschließbarem Rollo und Ambiente-Licht ausgestattet. Daneben gehören getönte Scheiben, das Exterieur Style-Paket in Silber, LED-Matrix-Scheinwerfer, Matrix Stand-Brems-Blink-Rückleuchten und 19 Zoll-Alu-Felgen zum Ausstattungsumfang. Wir finden, eine gut gewählte Kombination aus den möglichen Optionen, die in Kombination mit dem 58 kWk-Akku allerdings beachtliche 45.000 Euro kostet. Wohlgemerkt: vor Abzug der Innovationsprämie.
Der 4,26 Meter lange, 1,81 breite und 1,57 hohe ID3. wurde so abgestimmt, dass er beim breiten Publikum gut ankommt, er birgt keinerlei Überraschungen, sein Gewicht von etwa 1,8 Tonnen spürt man zwar, aber in meinen Augen nicht nachteilig. Angenehm ist uns der geringe Wendekreis (10,2 Meter) des ID-3 aufgefallen, der sich nicht zuletzt im Stadtverkehr positiv auswirkt. An den Innenraum und die Verteilung der Bedien-Elemente muss man sich gewöhnen, weil man nicht alles da findet, wo man es bei einem VW sucht. Insbesondere die hohe Anbringung der Schalt-Einheit rechts im oberen Bereich des Lenkrads hat mich zunächst verwirrt, aber nach der 14 Tage währenden Testphase war ich begeistert, weil man richtig schnell vom D Modus in den R-Modus oder den P-Modus switschen kann. Klassisches Schalten ist bei der serienmäßigen 1-Gang-Automatik ohnehin nicht nötig. Schön, dass auf dem Weg zur E-Mobilität die alten Schaltgetriebe aussterben werden. Denn die Technik macht das längst besser als wir.
Modern gezeichneter Innenraum
Die Innenraumgestaltung ist modern und im Fall des Testwagens farbenfroh. Die Qualitätsanmutung der zahlreichen Kunststoff-Elemente würde ich als eine mittlere beschreiben. 5 Personen finden im VW ID.3 gut Platz. Insbesondere vor den Rücksitzen macht sich das Plus an Raum durch den im Vergleich zum Verbrenner geringeren Platz-Bedarf des E-Antriebs positiv bemerkbar. Hier kann man sich auch eine längerer Fahrt stressfrei vorstellen. Auch das Kofferraumvolumen des VW ID.3 von 385 bis 1.267 Litern ist beachtlich. Die Durchreiche für Ski oder lange Gegenstände ist praktisch. Ebenso die breite Armauflage mit den integrierten Cup-Holdern. Zwei USB-C Anschlüsse vor den Rücksitzen sind eine aufpreispflichtige, aber empfehlenswerte Option, wenn öfter jemand hinten mitfährt.
Fazit
Wenn man die Förderung in Höhe von 9.000 Euro abzieht, gibt es den ID.3 ab 22.000 Euro. Dann allerdings mit der kleinen 45-kWh-Batterie, die nach WLTP nur 350 Kilometer Reichweite bietet und bei normalem Fahrverhalten wohl keine 300 Kilometer schafft. Unser gut ausgestatteter Testwagen der 1st Edition mit dem 58 kWh Akku in der empfehlenswerten Plus-Trim liegt nach Abzug der Förderung bei etwa 36.000 Euro. Ein Preis, für den man schon ein Mid-Size-SUV mit Verbrenner oder Plug-in-Hybrid-Antrieb bekommt. Insofern ist der ID.3 kein Schnäppchen, aber ein in Relation zur Außenlänge geräumiges Elektro-Auto mit gutem Qualitätseindruck aus dem Haus Volkswagen.
Technische Daten
VW ID.3
- Länge / Breite / Höhe: 4,26 / 1,81 / 1,57 Meter
- Motor: permanentmagneterregte Synchronmaschine
- Getriebe : 1-Gang-Automatik
- Leistung: 150 kW / 204 PS- max. Drehmoment: 310 Nm
- Batterie: Lithium Ionen
- Batteriekapazität: 58 kWh
- Reichweite (WLTP): 408-424 km
- Beschleunigung: 0 – 100 km/h in 7,3 s
- Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
- Wendekreis: 10,2 m
- Stromverbrauch: 14,5 kWh/100 km
- Preis Testwagen: 45.000 Euro
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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