Volvo EX30 (2024) – unterwegs in einem intensiven Wettbewerbsumfeld
Volvo EX30 (2024) – Sticht das kleine Elektro SUV die Konkurrenz aus?
Mit der Umstellung bei den Motoren von Verbrennern auf elektrische angetriebene Autos ist der Markt für PKWs aus den Fugen geraten. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Stein scheint auf dem anderen zu bleiben, und dieser Prozess verstärkt sich weiter. Etablierte Anbieter müssen um ihre Position bangen. Neue kommen dazu, nicht zuletzt aus China. Doch nicht allein das über Jahrzehnte gewachsene Geflecht der Anbieter gerät aus den Strukturen, auch die Preise sind in den letzten Wochen – ausgelöst nicht zuletzt vom Wegfall der staatlichen Förderung – massiv in Bewegung nach unten geraten. Da fallen die Preise für ein unverändertes Modell schnell mal um mehr als 10.000 Euro. Das zeigt auch, was Insider lange wussten, ein E-Auto ist in der Produktion deutlich günstiger herstellbar, als ein Verbrenner.
Deutlich wird auch, dass der Wegfall der Förderung durch den Steuerzahler dringend notwendig war, um das Spiel der Kräfte auf den Markt in Bewegung zu bringen und die Preise marktgerecht werden zu lassen. Dieser Prozess wird sich fortsetzen, denn die Preise, die für E-Autos in den letzten Jahren aufgerufen wurden, waren für Normalverdiener kaum noch finanzierbar. Jüngstes Beispiel, das den preislichen Spielraum deutlich aufzeigt, ist der sub-kompakte Citroen e-C3 aus dem Stellantis-Konzern, für den „nur“ 23.300 Euro aufgerufen werden. Nicht irgendwann, sondern jetzt!
Andere Stellantis-Modelle werden folgen, alles andere wäre eine Überraschung. In einem Größen-Segment mit dem e-C3 bewegen sich unter anderem eine Ora Funky Cat, ein Smart #1, ein Hyundai Kona Elektro, ein VW ID.3, ein Zeekr X, ein MG4 und vielleicht sogar ein BMW IX1 sowie ein Mercedes EQA. Und eben auch der bislang ausschließlich in China produzierte Volvo EX30, der die gleiche technische Basis nutzt, wie seine Geely-Konzernbrüder Smart #1 und Zeekr X. Vor diesem Hintergrund beleuchten wir den Volvo EX30, den wir über 2 Tage hinweg auf den Straßen in und um Hamburg unter die Lupe nehmen konnten.
Es war ein kluger Schachzug der Chinesen, den damals vor dem Aus stehenden schwedischen Hersteller Volvo zu übernehmen und die Marke zu verwenden, um diese als Katalysator auf dem Weg in den nicht einfachen europäischen Markt zu nutzen. Noch heute wird Volvo von Vielen als eine rein schwedische Marke betrachtet. Das führt auch dazu, dass man höhere Preis realisieren kann, wie für eine hierzulande unbekannte China-Marke. Während seither die Volvo-Modelle physisch weiter in Schweden entstanden sind, kommt der EX30 nun aus chinesischer Produktion, auch wenn für die Zeit ab 2025 auch eine Produktion in Europa angekündigt ist.
Betrachtet man den EX30, würde man weder chinesische Produktion, noch chinesische Technik vermuten. Die Anmutung des kompakten E-SUVs ist durch und durch schwedisch, auch wenn man das Plastik beim typisch deutschen Klopftest auf die Türverkleidung auffällt. Ansonsten nutzt man zum Teil Recycling-Material und der reduzierte Auftritt (beispielsweise bei den unlackierten Stoßstangen) verzichtet auf ein Display hinter dem Lenkrad. Allein ein großer Screen in der Mitte des A-Bretts gibt optische Infos und konzentriert viel Bedienungsfunktionen. Selbst ein Head-up Display sucht man vergebens in der Optionen-Liste.
Vorn sitzt man Premium
Vorn ist im 4,23 Meter langen Volvo EX30 ausreichend Platz, hinten gehts eng zu, da wollen Erwachsene nicht auf langer Fahrt sitzen, für kleinere Kinder sollte es passen. Auch der Gepäckraum fällt mit 318 bis 904 Litern (je nach Position der Rücksitzlehnen) klassentypisch aus. Der Mechanismus zum Umlegen der Rücksitzlehnen ist eine fummelige Angelegenheit, bei der danach die Finger weh tun. Unter der „Motorhaube“ finden sich weitere 7 Liter Stauraum, die man sinnvollerweise für die Ladekabel nutzt. Außen ist der EX30 auf Anhieb als Volvo mit seinen typischen Design-Merkmalen zu erkennen, gut so. Wenn ich ihn vergleiche mit anderen in seinem Segment, ist er optisch mein Favorit, weil er innen wie außen klar gezeichnet ist.
Die Antriebstechnik
Schon in der Basis mit Hinterradantrieb leistet die E-Maschine 272 PS, das ist richtig viel. In der sogenannten Twin-Version wird der Volvo EX30 zum Allradler, hier ergänzt ein 156 PS Motor an der Vorderachse den Vortrieb. So kommen in Summe beachtliche 428 PS zusammen, die eine Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 in nur 3,6 Sekunden ermöglicht. Das sind wahrhaft Sportwagenwerte. Wobei in meinen Augen der Hinterradantrieb mit seiner Beschleunigung von 5,6 Sekunden ausreicht. Bei beiden endet der Spaß bei Tempo 180. Die Kraft wir über ein 1-Stufen-Getriebe an die Räder geleitet.
Zur Speicherung des Strom stehen alternativ zwei Akkus bereit, entweder 51 kWh oder 69 kWh (brutto). Ich empfehle das „größere“ der beiden Akkus, weil die Reichweite damit deutlich größer wird. Volvo gibt zwar einen Verbrauch von 17,5 kWh je 100 Kilometer an, was zu einer rechnerischen Reichweite von etwa 450 Kilometer führen würde, aber in der Praxis fährt man die Akkus besser nicht leer und lädt unterwegs sinnvollerweise auch nicht mehr als 80 Prozent. So sollte man besser von 300 bis 350 Kilometer Reichweite ausgehen.
Auf unseren Testfahrten, die nicht auf Verbrauchsminimierung ausgelegt waren, lag der Stromverbrauch knapp über 20 kWh. Wenn es mal dynamischer vorwärts gehen soll, sind auch Werte um 30 kWh drin. Geladen werden kann an DC-Schnell-Ladesäulen mit bis zu 150 kW (136 kW beim kleinen Akku), das bedeutet, der Akku-Satz kann in runden 26 Minuten von 10 auf 80 Prozent gebracht werden. An der heimischen 11-kW-Wallox (16 Ampere) sind die Akkus in etwa 8 Stunden voll. Ein 22-kW-On-Bord-Charger kostet Aufpreis, verkürzt die Ladedauer aber auf rund die Hälfte.
Das Fahren
Der EX30 wurde sportlich, will sagen eher hart abgestimmt. Das fühlt sich passend an, denn ein 4,23 Meter langes und knapp 2 Tonnen wiegendes SUV kann mit seinen 272 PS (Single) doch sehr dynamisch bewegt werden. Also machen auch schnell gefahrenen Kurven Freude, und die Neigung der Karosse hält sich in angenehmen Grenzen. Es steht keine Auswahl an Fahr-Modi zur Wahl. Lediglich das Lenkgefühl kann gewählt werden. Hier empfehle ich den mittleren Modus, weil er noch das beste Feedback gibt. Auch für die Rekuperation (1-Pedal-drive) steht nur eine Einstellung bereit.
Die Sitze in der ersten Reihe sind bequem und geben gleichzeitig ordentlichen Seitenhalt. Lediglich die Auflage für die Oberschenkel dürfte (für Menschen meiner Größe – 1,86 Meter) etwas länger ausfallen. Die „Plus“ Ausstattung begnügt sich mit einer manuellen Sitzverstellmöglichkeit, die nicht wirklich stabil wirkt, sie kratzt zudem an der Sitzverkleidung. Da lobe ich mir die elektrische Einstellung, die es im Rahmen der noch etwas hochpreisigeren „Ultra“-Linie gibt.
Die Assistenten
Sie stehen in Hülle und Fülle bereit. An Ihre Einstellung über das Display muss man sich gewöhnen. An beiden Testwagen (Single und Twin) hat die Spracheingabe von Navigationsbefehlen über Google nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. Auf Anhieb konnten Volvo Mitarbeiter Vorort dazu keine Erklärung liefern. Auch das Einstellen des ACC wollte nicht immer auf Anhieb gelingen. Ich gehe davon aus, dass solche Software Probleme Zug um Zug ausgemerzt werden.
Unser Fazit
Der Volvo EX30 ist ein richtig schön und kühl gezeichneter Volvo, innen wie außen. Ob das, was man im Innenraum vorfindet, tatsächlich Premium-Qualität ist, liegt im Auge des Betrachters. Für den Autotester ist das Interieur zwar hübsch anzuschauen, aber eben nur eine mittlere Qualitätsanmutung.
Paare brauchen kaum mehr Raum, als der EX30 zur Verfügung stellt. Im Zweifel kann der EX30 sogar Anhänger bis zu 1,6 Tonnen ziehen, das kann bei Weitem nicht jedes E-Auto. Trotzdem dürfte er für kleine Familien zu klein sein oder eben nur als Zweitwagen dienen. Dazu passt auch seine Reichweite. Nicht zuletzt auf der Autobahn geht sie in Tempobereichen jenseits von 120 doch schnell nach unten. Aber das ist derzeit noch ein Phänomen der E-Mobilität, mit dem man leben lernen muss. Auf längerer Autobahnfahrt eine halbe Stunde warten zu müssen, bis der Akku-Satz wieder zu 80 Prozent gefüllt ist, dürfte den meisten Zeitgenossen wenig Freude bereiten. In der Stadt und auf der mittleren Strecke passt das. Am besten, wenn man nachts zuhause laden kann.
Wenn man die Preise für den Volvo EX30 mit potenziellen Wettbewerben vergleicht, dann wird deutlich, dass das derzeit noch ausschließlich in China gefertigte, sub-kompakte SUV kein Schnäppchen ist. Zu sehr sind andere Anbieter in den letzten Wochen nach dem Wegfall der staatlichen Kaufförderung mit ihren Preisen nach unten gegangen. Knappe 37.000 Euro werden mindestens fällig, vermutlich wird kaum ein EX30 unter 40.000 Euro vom Hof des Volvo-Händlers rollen. Wer die Summer nicht auf dem Konto hat, der könnte leasen oder mit „Care by Volvo“ ein breites Paket an Service-Leistungen bei monatlichen Raten und hoher Flexibilität erwerben.
Vergleichen könnte man – wie eingangs erwähnt – den EX30 mit dem VW ID.3, aber auch mit dem zuletzt auf den Markt kommenden Citroen e-C3, den es (bei deutlich geringerer Leistung) ab 23.300 Euro gibt. Den noch etwas kürzeren E-Mini könnte man auch auf die Liste nehmen, aber auch der den Kona Elektro von Hyundai könnte eine Alternative sein. Auch die Ora Funky Cat kämpft im kompakten E-SUV-Segment um Kunden. Etwas größer und noch etwas teurer fallen BMW iX2 und Mercedes QBA aus. Natürlich müssen auch die Konzern-Brüder des EX30, der Smart #1 und der Zeekr X als Alternativen genannt werden.
Technische Daten
2024 Volvo EX30 Fully Electric Single Motor Extended Range Plus
Bauart Heckmotor Permanentmagnet-Synchronmotor
Motorleistung: 200 kW/272 PS bei 9.248 U/min
Max Drehmoment. 343 Nm bei 116 – 5375 U/min
Batterietyp Lithium-Ionen
max. Speicherkapazität 69 kWh
nutzbare Speicherkapazität 64 kWh
Batterieaufladezeit DC Gleichstrom 175 kW750kW 810-80 %) 26,5/56 Minuten
Batterieaufladezeit AC Dreiphasen-Wechselspannung 32A /16A710A (0-100%) 4/8/12,5 Stunden
Stromverbrauch 17,0 kWh/100 km
max. Reichweite 476 km (WLTP)
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 5,3 Sekunden
Kofferraumvolumen: 318 l, 904 l inklusive Sitzbereich
Gepäckraumvolumen Front 7 l
Leergewicht 1850 kg
zul. Gesamtgewicht 2240 kg
Anhängelast: 1.400 kg
Abmessungen: 4.233 mm L x 1.836 mm B x 1.555 mm H
Wendekreis 11,1 m
Ausstattungsvarianten
Core Elektro ab 36.590 Euro
Plus Elektro ab 39.590 Euro
Ultra Elektro ab 48.490 Euro
Ähnliche Beiträge
Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
Ähnliche Beiträge
5. Oktober 2017
Unnützes Wissen zum Thema Auto
Zehn Fakten zum Thema Auto, die “unnötig wie ein Kropf” sind. Aber unterhaltsam sind sie allemal. 90 Prozent aller…
19. Juli 2017
IAA 2017: Neuer Opel Insignia GSi feiert Weltpremiere
Seine Weltpremiere wird die Sportlimousine auf der IAA in Frankfurt (14. bis 24. September 2017) feiern und bereits ab…
26. April 2017
Leistungs-Update plus X für den Peugeot 3008
Per Chip-Tuning ertüchtigt DTE Systems jetzt den Peugeot 3008. Die 2,0-Liter-Diesel-Variante des Autos des Jahres 2017…