Unter dem Hammer: Tucker 48 – ein Oldtimer für Kenner
Tucker. Tucker? Ein Automobilunternehmen mit diesem Namen spielte gegen Ende der 1940er Jahre nur eine winzige Rolle und dürfte inzwischen nur wenigen Oldtimer-Enthusiasten etwas sagen. Insgesamt schaffte es die Tucker Corporation aus Chicago in den USA innerhalb ihrer kurzen Existenz, ein einziges Modell auf die Räder zu stellen und davon gerade einmal 51 Exemplare zu produzieren. 47 haben bis heute überlebt. Eines davon soll Mitte Januar versteigert werden. Experten gehen davon aus, dass es wesentlich mehr als eine Million Euro kosten wird.Preston Tucker, 1903 geboren in der Nähe von Detroit, muss schon früh seine Liebe zum Automobil entwickelt haben. Angeblich soll er schon im zarten Alter von elf Jahren hinter dem Steuer gesessen, mit 16 einen schwunghaften Gebrauchtwagenhandel aufgezogen und später nach abgebrochener Schulausbildung eine Laufbahn als Polizist eingeschlagen haben. Einziger Grund: Er war von den schnellen Autos und Motorrädern der Gesetzeshüter mehr als fasziniert. Seine Karriere endete allerdings abrupt als sich herausstellte, dass er für den Dienst viel zu jung war. Danach eröffnete er eine Tankstelle und arbeitete kurze Zeit bei Ford am Fließband. In den 1930er Jahren begeisterte er sich für den Motorsport, beschäftigte sich angesichts des drohenden Kriegs in Europa mit der Konstruktion eines Panzers und scheiterte später an der Entwicklung eines Kampfflugzeugs.
Sein großer Wurf gelang Preston Tucker kurz nach Kriegsende mit der Präsentation des Tucker 48, des ersten und einzigen von ihm herausgebrachten Autos. Doch das Schicksal meinte es nicht gut – weder mit Tucker noch mit seinem Auto. So wie 20 Jahre später der NSU Ro 80 in Deutschland, war der Tucker 48 in den USA seiner Zeit um Längen voraus. „Car of Tomorrow“, Auto von morgen, lautete der Werbeslogan.
Seine Karosserie, für deren Gestaltung der Designer Alex Tremulis angeblich nur eine Woche benötigte, unterschied sich drastisch von damals gewohnten Formen und zeichnete sich durch einen Luftwiderstandsbeiwert von 0,27 aus. Zudem bot das Auto Sicherheitseinrichtungen, die erst Jahre später Standard wurden wie zum Beispiel Sicherheitsglas, Sicherheitsgurte, Scheibenbremsen, gepolstertes Armaturenbrett oder Kurvenlicht. Sein Sechszylinder-Boxermotor mit Benzineinspritzung (5,5 Liter Hubraum, 123 kW / 167 PS) befand sich im Heck und trieb später den Helikopter Bell 47 an.
Den Großen Drei aus Detroit – Chrysler, Ford und General Motors – war der unwillkommene Newcomer mehr als nur ein Dorn im Auge. Sie versuchten, ihn mit allen legalen und illegalen Mitteln aus dem Weg zu räumen und hatten Ende der 1940er Jahre mit ihren Schmutzkampagnen Erfolg. Preston musste sich wegen angeblicher Steuerhinterziehung in Höhe von 30 Millionen Dollar vor Gericht verantworten. Er wurde zwar freigesprochen, konnte sich aber von dem Schlag bis zu seinem Lebensende 1956 nicht mehr erholen. Den amerikanischen Regisseur Francis Ford Coppola faszinierte das Leben von Preston Tucker und die Geschichte seines Autos so sehr, dass er darüber 1988 den Spielfilm „Ein Mann und sein Traumauto“ (im englischen Original „The Man and his Dream“) mit Jeff Bridges in der Hauptrolle drehte.
Den Tucker 48, der am 18. Januar in Phoenix/Arizona beim Auktionshaus Sotheby’s unter den Hammer kommen soll, war im Besitz seines Produzenten Preston Tucker höchstpersönlich, bis der ihn 1955 an den Gouverneur von Arkansas verkaufte. Der wiederum reichte den Wagen 1959 an einen Besitzer in Los Angeles weiter. Während Preston Tucker ihn schon 1948 in einem Werbefilm und in Farbe für sein Unternehmen auftreten ließ, spielte das Auto 1988 auch eine Rolle in Coppolas Film. Obwohl das inzwischen von Grund auf restaurierte Fahrzeug im Laufe seines 70jährigen Lebens durch eine Vielzahl verschiedener Hände wanderte, ist seine Laufleistung erstaunlich kurz. Auf dem Tacho stehen nur 19 199 Meilen was 30 898 Kilometern entspricht.
Nähere Informationen zur Geschichte des Tucker 48 und zur Versteigerung in Phoenix, wo mehr als 100 Chromjuwelen, darunter eine Reihe von Ferraris in jeweils siebenstelligem Wert und ein Jaguar D-Type von 1954 für geschätzte 15 Millionen Dollar (12,5 Millionen Euro) stehen, sind im Internet unter https://www.rmsothebys.com/en/home/ zu finden. ampnet
Fotos: Sotheby’s
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