Aiways U6 (2024) – E-Auto mit üppigem Raumangebot „Made in China“
Aiways? Für die meisten da draussen dürfte diese Marke aus China noch kein Begriff sein. Um das zu ändern, gibt es ja Medien wie Der-Autotester.
Aiways
Aiways war in den Schlagzeilen, weil man den Vertrieb über den Technik-Händler Euronics organisiert hatte. Das scheint nicht funktioniert zu haben, denn die Kooperation ist inzwischen wieder beendet worden. Wer ein Aiways Modell als Neuwagen erwerben möchte, der kann das derzeit ausschließlich online. Das ist einfach, denn bereits die Grundmodelle beinhalten, was man im Allgemeinen an Ausstattung erwartet.
Auch auf der Kapitalseite gab es Änderungen bei Aiways. In deren Folge ist die Produktion zum Stillstand gekommen. Nun soll es aber, so die Aiways Verantwortlichen in Deutschland, mit voller Kraft weitergehen. Für Ende Januar wird der Re-Start der Produktion angekündigt, entsprechend sollen die nächsten Auslieferungen Mitte des Jahres 2024 folgen. Für uns genau der richtige Zeitpunkt, den Aiways U6 unter die Lupe zu nehmen.
Der Aiways U6
Der U6 ist ein 4,80 Meter langes SUV-Coupe, das man am ehesten mit dem Skoda Enyaq Coupe vergleichen kann. Bei einer Breite von 1,88 Meter und einer Höhe von 1,64 Meter bietet der rein elektrische angetriebene U6 richtig viel Raum und auch Kopffreiheit für bis zu 5 Personen. Trotz der Coupe-Linie mit dem nach hinten leicht abfallenden Dachverlauf stehen im Gepäckraum 472 bis 1.260 Liter zur Verfügung. Die große Heckklappe öffnet sich auf Knopfdruck, sie schwingt auch für Großgewachsene weit genug auf.
Im Unterschied zu manch anderem E-Fahrzeug findet sich unter der „Motorhaube“ kein sogenannter Frunk, der beispielsweise für die beiden Ladekabel (Serie) genutzt werden könnte. Sie müssen im Kofferraum unterkommen, wo sie auf Fahrten mit viel Gepäck stets gut bedacht verstaut werden müssen, denn man sollte unterwegs ja dran kommen, um Laden zu können (falls die Ladestation kein eigenes Kabel bereitstellt).
Übrigens: Eine Kofferraumabdeckung haben sich die Chinesen offensichtlich gespart.
Das Design
Mir gefällt das Außendesign des Aiways U6 besser als etwa das des Skoda Enyaq. Aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Im Innenraum geht mir der Material-Mix etwas zu weit, das fühlt sich zwar nicht billig an, ist optisch aber nicht so meins. Hinter dem Lenkrad informiert ein schmales 8,2 Zoll Display den Fahrer über alles Wesentliche. Den Rest gibt’s über den riesigen 14,6 Zoll Screen in der Mitte des A-Bretts. Dessen Bedienung ist gewöhnungsbedürftig. Die Software zeigt noch Bugs, aber Aiways verspricht hier Nachbesserungen. Das gilt auch für die reichlich vorhandenen Assistenz-Systeme. Eine Freude für die Ohren ist das serienmäßige Magnat-Sound-System. Ein Navi sucht man vergebens. Zum Glück sind Apple CarPlay und Android Auto vorhanden, so kann man die Realtime-Navis der Smartphones nutzen, das passt.
Das Laden
Die maximale Ladeleistung an Schnell-Ladestationen ist auf 90 kW begrenzt, das ist lediglich ein mittlerer Wert im Wettbewerbsumfeld. Bei dem 63 kWh-Akku-Satz des U6 bedeutet das mindestens 35 Minuten warten, bis von 20 auf 80 Prozent gefüllt ist. In der Praxis dauert das gern auch mal länger, wenn die Ladeleistung der Säulen sich deutlich reduziert, weil mehrere Fahrzeuge an einer Säule laden. Für mich ist die Ladedauer eine der wesentlichen Größen bei E-Fahrzeugen, denn es nervt ungemein, wenn man ein lange Fahrt für eine Dreiviertelstunde unterbrechen muss. Fürs Laden (an der Wallbox) zuhause steht ein 11-kW-Bordlader zur Verfügung. So kriegt man die Kiste in etwa 7 Stunden wieder voll. Also locker über Nacht. Das kostet keine Zeit und ist durch den niedrigeren Strompreis zuhause auch noch günstiger.
Der Verbrauch
Aiways gibt als Verbrauch 16 bis 17 kWh je 100 Kilometer an. Diesen Wert können wir nach unserem Alltagstest nicht ganz bestätigen, wir haben 23 kWh je 100 Kilometer verbraucht. Dieser Wert hängt selbstredend stark von der abgeforderten Dynamik des Vortriebs ab. Das gilt für E-Autos, wie auch für Verbrenner. Bei E-Autos macht sich das höherer Gewicht negativ bemerkbar, der U6 wiegt (leer) etwa 1,8 Tonnen. Positiv macht sich beim U6 der niedrige Cw-Wert von 0,248 bemerkbar.
Die Reichweite
Aus den genannten Werten resultiert eine reale Reichweite von etwa 300 Kilometern. Davon würde ich im Alltag ausgehen. Aiways nennt nach der WLTP-Norm 405 Kilometer. Wir denken, dann müsste man schon ziemlich schleichen. Dann könnte man die 218 PS Leistung und das Drehmoment von 315 Newtonmetern nicht annähernd nutzen. Wenn man öfter in 7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 kommen möchte oder gar längere Zeit in Richtung der Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern fahren möchte, dürften eher 200 Kilometer als Reichweite realistisch sein.
Das Fahrgefühl
Der Aiways U6 ist eher komfortabel, als sportlich abgestimmt. Das ist kein Nachteil, im Gegenteil, selbsternannte Sportwagen gibt es in Hülle und Fülle. Auf unseren Testfahrten fand ich den U6 angenehm abgestimmt. Es gibt eine Sporteinstellung, die man wählen kann, dann wird es dynamischer, aber schon in der normalen Einstellung waren wir mit der Dynamik des Vortriebs völlig einverstanden. Die Rückmeldungen des Lenkrades sind nicht besonders direkt, aber das passt zur komfortablen Ausrichtung. Der Wendekreis von etwa 12 Metern ist nicht besonders gering. Auch bei ordentlicher Zuladung (bis zu 405 Kilogramm) bleibt das Fahrverhalten des U6 gut beherrschbar.
Die Preise
Den Aiways U6 gibt mit umfassender Ausstattung ab 45.500 Euro. Im Vergleich dazu kostet das dünner ausgestattete Skoda Enyaq ab 47.000 Euro. Das ist für einen Newcomer ein mutig positionierter Preis. Meines Erachtens müsste der Preis für den Aiways – trotz besserer Ausstattung – niedriger sein. Den Vorwurf von Preisdumping kann man den Chinesen hier jedenfalls nicht machen.
Fazit
Ich habe den Aiways gern gefahren, auch wenn noch nicht alles bei 100 Prozent ist. Ob ich ihn kaufen würde? Eher nicht, mir wäre er noch zu teuer und die Zukunft der Marke scheint mit trotz anders lautender Versicherungen nicht vollends geklärt. Wenn man jedoch sieht, welche Performance die Chinesen bei Entwicklung und Qualität inzwischen an den Tag legen, müssen sich die Europäer hier auf zunehmende Konkurrenz einstellen. Ob sich Aiways durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Eins ist jedoch klar, in den nächsten Jahren werden bestimmt 20 bis 30 neue Marken aus China zu uns kommen. Es bleibt spannend.
Technische Daten
Aiways U6 Prime
Sports Utility Vehicle
Beschleunigung 0-100 km/h: 7 Sekunden
Batterie: 63 kWh Lithium-lonen
Ladevolumen: 472 l, 1.260 l inklusive Sitzbereich
Abmessungen: 4.805 mm L x 1.880 mm B x 1.641 mm H
Antriebsart: Vorderradantrieb
Preis ab 48.178 Euro
Ähnliche Beiträge
Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
Ähnliche Beiträge
3. Oktober 2018
Pariser Autosalon 2018: Neue Turbo-Benzin-Motoren für den Dacia Duster
Dacia präsentiert auf dem Pariser Autosalon 2018 zwei neue Turbobenzinmotoren für den Duster. Mit den neuen…
2. Mai 2017
Mietwagen von Hertz können auch bei der Post abgeholt werden
Kunden von Hertz können ihren Mietwagen ab sofort auch bei ausgewählten Filialen der Deutschen Post abholen und…
11. April 2017
Kfz-Gewerbe fordert gleiches Recht für alle
Grenzwert statt Fahrverbot: Die angedachten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind nach Ansicht des deutschen…