Opel Adam – Rüsselsheimer Rettungswagen?
Unter hohem Druck entstehen bekanntlich Diamanten. Hohen Druck verspürt Opel in den letzten Jahren zur Genüge, keine Frage. Unzählige Meldungen in den Medien und die jüngst eingeführte Kurzarbeit in einigen deutschen Werken sind unverkennbare Belege dafür. Doch andererseits ist Druck genau das Element, das die Menschen zu Höchleistungen antreibt. So auch die Opel Entwickler?
Wozu ein Rohdiamant Millionen Jahre braucht, gelang Opel in nur 3 Jahren Entwicklungszeit. Und so wird im Januar schon Opels modischer Stadtflitzer im Mini-Segment auf den Markt geworfen. Der Adam von Opel kommt. Ausgesprochen wird der Adam jedoch nicht wie der Firmengründer Adam Opel oder Adamsapfel. Der „Ädäm“ soll Amerikanisch ausgesprochen werden, wie Adam Smith oder Adam Sandler. Genauso amerikanisch eben, wie die Druck ausübende Konzernmutter General Motors. Dabei sorgt der international ausgesprochene Name Adam insofern für Verwirrung, als dass der Stadtflitzer vollständig in Rüsselsheim entwickelt wurde und künftig, zusammen mit dem Corsa, in Eisenach produziert wird. Zwei Deutsche Städte im Herzen Europas. Und genau hier will man den bunten Lifestyle-Diamanten verkaufen.
Das knapp 3.70 Meter lange Auto ist im bereits stark umkämpften Mini-Segment angesiedelt. Als Hauptkonkurrenten werden Fiat 500, aber auch die wesentlich teureren Citroen DS3, Mini und Audi A1 angesehen. In diesem Umfeld will der Adam Freunde finden. Gelingen soll das dem schnell entstandenen Edelstein vor allem bei den jungen Käufern. Sie sollen nicht nur für Adam, sondern langfristig auch von der Marke Opel begeistert werden. Kein leichter Weg, denn das aktuelle Image von Opel ist alles andre, als hipp. Der Adam soll es richten. Er ist zwar klein, aber mit etwa 11.500 Euro Einstiegspreis sicher kein Billigheimer. Die meisten Adam werden am Ende wohl zwischen 15.000 und 18.000 Euro über die Ladentheke gehen. Was die junge Zielgruppe – neben dem Auto – übrigens besonders beeindrucken könnte: Das Objekt der Begierde kann ab 9,90 Euro im Monat Vollkasko versichert werden. Opels Idee hinter dem neuen Kleinen ist Innovation statt Imitation. Nicht Retro-Design soll begeistern, sondern eine völlig neue Linie. Und wer soll den Adam kaufen? „Tendbewusste, urbane Kunden, die ein Auto suchen, das ihren modernen Stil individuell reflektiert“, sagt Opel Pressechef Parrick Munsch. Mit Nebensächlichen wie der Transportkapazität und der Raumausnutzung will man sich also gar nicht erst abgeben und konzentriert sich auf das, was bei der jungen Kundschaft in den großen Städten am meisten gefragt ist: Lifestyle, Individualität und Sexyness.
Der Adam soll für Opel der Austieg in die Lifestyle-Liga a la Fiat 500, Mini oder Citroen DS3 markieren. will. Er besticht durch seine breite Spur,muskulös breite Schultern, große Scheinwerfer, die stark gewölbte Fronthaube und sein freundliches Flipper-Lächeln. Sein scheinbar schwebendes Chrome-Wing Dach kann in vier Farben bestellt werden. Doch nicht nur hier ist Individualisierung das Credo. Außen muss man sich zwischen 12 Farben entscheiden. Auch beim Interieur kann es der Kunde beim ausschließlich als Viersitzer und Drei-Türer lieferbaren City-Edelstein bunt treiben. Es gibt farbige Kunststoff-Konsolen auf dem Armaturenbrett, der Mittelkonsole und sogar im Lenkrad. Auch der Dachhimmel kann individuell kreiert werden. Und wie bei Rolls-Royce funkeln auf Wunsch sogar 64 LED-Sterne am Dachhimmel. 15-18 Zoll große Felgen können mit einem speziellen Clip-System farblich-wechselbar gestaltet werden. Selbst die Schlüssel sind, passend zum Auto, in 12 Farben wählbar. Dazu werden optionale Ausstattungen angeboten, die für diese Klasse ungewöhnlich sind. So findet der Adam selbst seine Parklücke und rangiert automatisch ein, heizt an fröstelnden Tagen das Lenkrad vor oder warnt in den Außenspiegeln vor Fahrzeugen im Toten Winkel. LED-Tagfahrlicht, sechs Airbags und ESP mit Berganfahrhilfe sind serienmäßig verbaut.
Smartphone-Nutzer werden vom 300 Euro billigen und sieben Zoll großen Infotainment-System mit Touchscreen gleich neben dem Lenkrad begeistert sein. Über ein Smartphone können die Insassen das Internet ins Auto holen. So werden Apps wie etwa eine Web-Navigation im Auto Nutzbar. Das Infotainment-System lässt sich quasi als Bedienoberfläche für Smartphones mit Apple- oder Android-Technologie nutzen. Was auf dem iPhone zu sehen ist, läuft dann auch über den Bildschirm des Adam. Tolle Idee. Opel scheint verstanden zu haben. Der kurze Radstand und die breite Spur des Adam versprechen Agilität und Stabilität. Leider ziehen die verbauten Motoren hier nicht ganz mit. Unter der Haube des Adam findet sich alt Bekanntes aus dem Corsa. Einstiegsantreiber ist ein 70 PS starker Vierzylinder mit 1,2 Litern Hubraum, neben dem zwei 1,4-Liter mit 87 oder 100 PS angeboten werden. Angekündigt sind aber auch neu entwickelte Motoren mit Turbo und Direkteinspritzertechnologie, die es dann wohl auch mit sechs statt fünf Gängen und mit Start-Stopp (ohne Aufpreis) geben wird.
Die Frage, ob Adam es wirklich schafft Opel aus der Krise zu hieven, bleibt zunächst offen. Denn enorme Stückzahlen und hohe Gewinne sind in diesem stark umkämpften Segment schwer zu erreichen. Eines scheint jedenfalls sicher, der kleine Diamant mit dem Charakterschliff wird das Opel Image aufpolieren können. Und den Erfolg, den ein 500 oder ein Citroen DS3 im Haifischbecken der kleinen Stadtflitzer haben, kann der Opel Adam wohl auch erreichen. Ich traue ihm viel zu.
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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