Die gezähmte Wildheit eines Drei-Tage-Bartes: Opel Adam Rocks, der Frauenheld
Mit wenig Aufwand viel Wirkung. Das ist doch ein gutes Prinzip. Opel scheint sich das vorgenommen zu haben, als der Adam Rocks konzipiert wurde. Denn aus meiner Sicht unterscheidet sich der Adam Rocks nicht allzu sehr vom klassischen Adam. Man nehme Kunststoffverkleidungen um die Radhäuser, eine elektrisches Stoffdach – das wars im Großen und Ganzen.
Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Der eh schon gelungene Opel Adam wird als Rocks noch schicker. Was mir nicht gefällt ist sein mächtiger Aufpreis. Mehr als 15.000 Euro werden für den hübschen Kleinen mit der Basismotorisierung mindestens fällig.
Mein von einem 3-Zylinder-Motor befeuerter Testwagen leistet 115 PS. Damit stünden noch mal 2.445 Euro mehr auf der Rechnung. Schnäppchen lesen sich anders. Aber es war bekanntlich schon immer etwas teurer, einen guten Geschmack zu pflegen.
Dünnes Stoffdach
Das im Vergleich zum Fiat 500 C kleine Stoffdach lässt sich nur vertikal öffnen, da kommt kein Cabriofeeling auf, zu klein ist das sich rasch öffnende Guckloch gen Himmel. Insbesondere bei Tunneldurchfahrten ist auffällig, dass dieses Stück Stoff kaum eine Abgrenzung zur Außenwelt sein kann. Die Geräuschkulisse dringt – gefühlt – ungedämpft ins Wageninnere. Gleiches gilt für die Abgase im Tunnel. Kein gutes Gefühl. Die Taste für die Aussenluftabschaltung könnte Opel wohl getrost einsparen.
Hoher Verbrauch
Seine 115 Pferdestärken bewegen den rockigen Adam dynamisch vorwärts. Das macht Spaß. Weniger Spaß macht die bisweilen etwas hakelige Schaltung, das habe ich in Kleinwagen schon besser erlebt. Was den Spaß auch einschränkt ist der relativ hohe Verbrauch des Adam Rocks. Je nach Fahrweise habe ich auf meinen Testfahrten zwischen 6,5 und 7,5 Liter verbraucht. Das ist für einen modernen 3-Zylinder-Turbo-Benziner kein Bestwert.
Ansonsten fährt sich der wildere Adam wie sich ein Kleinwagen fahren soll. Leicht und unkompliziert. Das Fahrwerk des Rocks ist sportlich – an der Grenze zu hart – abgestimmt. Er liegt tadellos auf der Straße und die erfreulich geringe Zahl von Knöpfen und Schaltern ist ergonomisch gut angebracht. Die Bedienung im schicken Opel ist erfreulich intuitiv. Alles ist da, wo man es erwartet.
Nerviges Einloggen, um zu navigieren
Auch mein Smartphone lässt sich per Bluetooth leicht mit dem Mulitmediasystem verbinden. Die Sprachqualität des Telefons passt auch. Obwohl ich die BringGo App auf meinem Smartphone geladen habe, konnte ich das Navigationssystem nicht über das Display des Adam nutzen, denn es ist eine Anmeldung mit Passwort notwendig. Warum Opel dafür eine solche Hürde einbaut, ist nicht nachvollziehbar. Denn ich muss ja schon die Bluetooth-Verbindung genehmigen, damit ist ein Missbrauch durch Dritte quasi ausgeschlossen. Zudem muss es meist schnell gehen, wenn ich die Hilfe des Navigationssystems brauche, das stört ein solcher Einlog-Vorgang doch sehr. Selbst wenn mir der Zugangscode bekannt ist.
Gelungener Innenraum
Nicht allein das Kleid des Adam Rocks begeistert mich, auch im inneren dieses süßen Autos haben die Designer ganze Arbeit geleistet. Die Oberfläche des Armaturenbretts mit ihren floralen Mustern sieht schön und wertig aus. Die schwarzen Hochglanzflächen passen bestens dazu. Alles ist hell und freundlich. Hier fühle ich mich wohl.
Im Adam Rocks finden 2 Personen ausreichend Raum. Die zweite Reihe sollte für Kinder passen. Erwachsene haben hier wenig zu lachen. Aber in dieser Fahrzeugklasse wäre alles andere eine Überraschung. Entsprechend klein ist das Gepäckabteil. Zum Glück lassen sich die Rücksitze umklappen, dann kommt auch der Wocheneinkauf gut nach Hause. Warum man sich am Öffnungsmechanismus des Gepäckraums auch im 21. Jahrhundert noch immer die Finger schmutzig machen muss, will mir nicht in den Kopf gehen. Das ist allerdings nicht nur bei Opel so. Verlange ich da zu viel?
Fazit
Der Opel Adam ist optisch ganz mein Ding. Modern geschnitten mit einem Smile-Gesicht. In seiner Rocks Variante bekommt er die gezähmte Wildheit eines Drei-Tage-Bartes, auf die das Frauenfeld bekanntlich abfährt. Da erinnert nichts mehr an die tröge Biederkeit, die Opel einst auszeichnete. Bleibt zu hoffen, dass Opel für den hier bewiesenen Mut belohnt und diese Linie konsequent weiter verfolgt wird. Dann darf auch ein Opel mal etwas mehr kosten.
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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