Morgan setzt sich unter Strom
Niemand wird behaupten, dass sich die britische Sportwagen-Manufaktur Morgan im Lauf ihrer 107-jährigen Geschichte irgendwann einmal um den automobilen Fortschritt verdient gemacht hat. Bis heute spielt bei den meisten Modellen des Hauses Eschenholz eine buchstäblich tragende Rolle, und damit ist man gar nicht weit von der Kutschenbaukunst vergangener Jahrhunderte entfernt. Doch jetzt steht Morgan, der Quastenflosser unter den Automobilmarken der Welt, vor dem Sprung in eine vollkommen neue Epoche und öffnet sich der Elektromobilität.Ausgestattet mit einem staatlichen Zuschuss in Höhe von sechs Millionen Pfund werden die Ingenieure der Manufaktur Hybrid- und Elektroantriebe für die Sportwagen entwickeln. Als Partner sind die Unternehmen Delta Motorsports und Potenza Technology an den Entwicklungen beteiligt, um so die CO2-Bilanz der Zweisitzer zu optimieren.
Die Partner wollen die ersten Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit bereits vom Modelljahr 2019 an in die Serienproduktion einfließen lassen und nach und nach alle Sportwagen der Marke mit umweltschonendem Hybridantrieb auf die Straße schicken. Von der neuen Antriebstechnologie versprechen sich die Verantwortlichen eine deutlich steigende Nachfrage in Großbritannien und dem europäischen Markt. Aktuell produziert Morgan rund 1000 Autos pro Jahr.Ob allerdings die an die eher harte und unverwechselbare britische Hausmannskost gewohnte Kundschaft auf die Hybridwelle steigen will, vermag niemand zu sagen. Auf jeden Fall wird dies viel Überzeugungsarbeit kosten. Allerdings können auch die Briten die Uhren nicht zurückstellen. Wer in Zukunft auf dem Markt überleben will kommt angesichts der immer strenger werdenden Abgasgesetze nicht um eine Elektrifizierung herum, und mit dieser Entwicklung wollen sich die britischen Sportwagen-Spezialisten vor dem endgültigen Aussterben retten. Morgan-Chef Steve Morris sieht daher in dem „aufregenden Projekt die Möglichkeit, die Anziehungskraft der Marke zu vergrößern und neue Kundenkreise in den wichtigsten Märkten zu erschließen“.
Wesentlich näher an der Serie ist unterdessen der elektrisch angetriebene Threewheeler, der im vergangenen Jahr seinen ersten öffentlichen Auftritt beim Goodwood Festival of Speed feierte. Als Antrieb spendierten die Morgan-Techniker dem Dreirad einen 74 kW / 101 PS starken Elektromotor, der das Gewicht des Zweisitzers um 25 Kilogramm auf 475 Kg erhöht. Die Reichweite soll, so Morgan, bei 240 Kilometern liegen, was sich allerdings deutlich reduzieren wird, wenn man die Beschleunigungswerte (von null auf 100 km/h in gut acht Sekunden) abruft. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h und damit 56 km/h unter dem Wert des konventionell angetriebenen Threewheeler.
Der Kontakt zu Ladestation befindet sich unter einer „Tankklappe“, und nach Werksangaben ist der Energiespeicher nach vier Stunden vollständig aufgeladen. Das elektrifizierte Dreirad ist bereits Morgans zweiter Versuch bei den E-Mobilen. Vor vier Jahren stand auf dem Genfer Salon ein eher traurig wirkender Plus E mit einem 69 kW / 94 PS starken Elektromotor und einer Reichweite von knapp 200 Kilometern, der allerdings bald wieder von der Bildfläche verschwand.
Die in der Marketing-Lyrik aktuelle „vollkommen neue Annäherung an eine Welt ohne Emissionen“ ist zunächst für zehn wagemutige Kunden reserviert. Deren Erfahrungen sollen dann darüber entscheiden, wie viele der elektrischen Threewheeler tatsächlich in Malvern Link gebaut werden. Bis dahin wird das Unternehmen auch den Preis kalkuliert haben, der angeblich nicht über dem eines gut ausgestatteten gewöhnlichen Threewheeler liegen soll. Das ist allerdings ein sehr dehnbarer Begriff. Die Preisliste für den dreirädrigen Exoten beginnt bei 44 900 Euro, was sich allerdings mittels einer umfangreichen Aufpreisliste problemlos auf deutlich mehr als 50 000 Euro steigern lässt.
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