Egal ob Zuhause, im Parkhaus oder bei der Arbeit, Elektroautos und ihre Nutzer leiden unter relativ kurzen Reichweiten und suchen deshalb stets nach Ladenmöglichkeiten. Der Prozessorenhersteller Qualcomm hat eine neue Technologie entwickelt, die Ladevorgänge einfacher macht. Mit “Qualcomm Halo” kann das Auto drahtlos aufgeladen werden.

Durch eine Ladeplatte auf dem Parkplatz und entsprechender Technik im Unterboden des Fahrzeugs wird die Batterie über Induktion aufgeladen. Damit entfällt das nervige “Gewurschtel“ mit den Ladekabeln. Das Aufladen lohnt sich schon für wenige Minuten, denn die Reichweite steigt und die Batterielebensdauer erhöht sich, wenn der Akku immer zwischen 40 und 80 Prozent geladen ist. Zudem wird der Bedarf an öffentlichen Ladestationen durch eine wachsende Zahl von Elektromobilen zunehmen. Gerade Stadtbewohner sind häufig auf öffentliche Parkplätze angewiesen, denn sie können selten nur auf eigenen Stromanschlüsse zurückgreifen. Hier wäre eine Induktionslösung die perfekte Lösung.

Qualcomm Halo WEVC 2015

Innovative Technik

Überraschend ist, dass diese neue Technik mit einer Effizienz von rund 90 Prozent arbeitet, denn auch kabelgebundene Lösungen erreichen keine 100 Prozent. Die Ladeleistung des Qualcomm Induktionssystems liegt aktuell bei akzeptablen 3,3 bis 22 Kilowatt. Öffentliche Ladestationen mit Kabellösungen erreichen aktuell vergleichbare Werte und nur selten bis zu 50 Kilowatt. Nur Tesla überträgt mit dem “Supercharger” beeindruckende 120 Kilowatt.

Wo sind Risiken oder Einschränkungen? Wenn sich beispielsweise ein metallischer Gegenstand auf der Ladeplatte befindet, wird der Ladevorgang nicht gestartet oder unterbrochen. Wie beim Induktionskochfeld würde sich das Metall erhitzen und könnte so Schäden verursachen. Selbstredend muss das System Lebewesen erkennen. Denn ein Kind könnte einen Ball unter dem Auto hervorholen oder eine Katze durch das Magnetfeld laufen. Das System würde in diesen Fällen sofort ausschalten.

Formula E Safety Car Qualcomm

Erster Einsatz in der Formel E  

Qualcomm hat als Sponsor der Formel E, einer Rennsportserie ausschließlich mit Elektroautos, das sogenannte Safety Car, ein BMW i8, mit der neuen Technologie ausgerüstet. Die Ladeplatte ist am Ausgang der Boxengasse angebracht. Durch die drahtlose Ladestation wird sichergestellt, dass die Batterie immer aufgeladen ist ohne „angestöpselt“ zu sein. Bei einem Unfall kann das Safety Car ohne Zeitverlust losfahren.

Natürlich ist das „Qualcomm Halo“ System auch für die elektrisch angetriebenen Formelwagen selbst interessant. Jedoch erhöht jede Technologie das Gewicht der Leichtbau-Rennwagen zusätzlich. Aktuell bietet das drahtlose Laden für die Fahrzeuge noch nicht ausreichend Mehrwert, um die 15 Kilo Zusatzgewicht zu rechtfertigen. Dies könnte sich in ein paar Jahren ändern, wenn die Technologie leichter wird und neue Akku-Technologie zum Einsatz kommt. Denn aktuell werden die E-Rennwagen während des Rennens nicht geladen, sondern getauscht.

Was fehlt noch zur Serienreife?

Damit „Qualcomm Halo“ in Serie gehen kann, fehlen vor allem noch Standards. Jedes Elektrofahrzeug sollte mit der gleichen Technologie ausgerüstet sein. Neben Qualcomm arbeiten auch Bosch, das Fraunhofer Institut und weitere Unternehmen an einem drahtlosen Ladesystem. Die Anschaffungskosten eines Adapters und einer Ladestation würde sich wohl nur bei einer Einigung auf eine gemeinsame Lade-Standard-Technik lohnen.

Am 22. Mai gab Qualcomm eine strategische Zusammenarbeit mit Daimler bekannt. Gemeinsam möchten die beiden Partner die Entwicklung eines drahtlosen Ladesystems auf Basis von „Qualcomm Halo“ realisieren, der zum Standard werden könnte. Mit Daimler konnte Qualcomm einen großen Player im Automobilmarkt als Partner gewinnen.

Drahtlose Ladesysteme für Elektrofahrzeuge werden kommen. Die Frage ist nur, wann sie standardisiert und serienreif sein werden. Aber die Technik schreitet voran und Qualcomm denkt schon daran, Fahrzeuge während der Fahrt zu laden. So könnten Ladesysteme an Taxiständen oder Ampeln, wo Fahrzeuge nur langsam bewegt werden, ein erster Schritt sein. Später könnten ganze Straßen mit induktiven Ladesystemen ausgestattet sein. Vorstellbar wäre eine spezielle Ladespur auf der Autobahn. Dann könnte der Nutzer von Elektrofahrzeugen die Angst vorm Stehenbleiben ad acta legen und sogar mit quasi leerem Akku losfahren und mit vollem am Ziel ankommen. Noch ist das eine Vision.