Volvo V60 Polestar – Der Superman auf dem Lehrerparkplatz
Nach der S60 Limousine bringt Volvo mit dem V60 Kombi ein weiteres Modell seiner sportlichen Polestar Baureihe auf den Markt. Mit dessen 367 PS Maschine versehen, war bisher kein Schwede aus Göteborg schneller. Die Polestar-Modelle soll den AMG Mercedes und der M-Reihe von BMW sportlich die Stirn bieten. Dabei soll der Kernwert der Schweden-Marke, nämlich die Alltagstauglichkeit, nicht aus den Augen verloren werden. Wir durchleuchten den schwedischen Superman aus Göteborg mit unserem Röntgenblick und beantworten die Frage: Wie gut meistert der V60 Polestar den Spagat aus Alltag und Sport?
Der Look des Volvo V60 Polestar polarisiert kaum. Denn die Veränderungen am Sportmodell sind dezent. Das Performance Programm beschränkt sich optisch auf 20 Zoll große Leichtmetallräder, ein Aerodynamik-Paket mit Frontsplitter, Heckspoiler und Diffusor sowie Sportsitze mit blauen Kontrastnähten. Dabei ist der V60 ein Vertreter der alten Volvo Generation. Bisher basiert allein die 90er Baureihe auf der neuen Plattform.
Vergleicht man den Innenraum des V60 mit dem des modernen V90, so wird schnell klar, dass dessen Entwicklung eine ganze Zeit zurück liegt. Kleiner Monitor, viele Knöpfchen und eine vergleichsweise komplizierte Bedienung sind charakteristisch. Wie man hört, kommen aber auch S60 und V60 bald schon in die Gunst der neuen Architektur.
50 Änderungen machen aus den Familien V60 Papas Freizeitrennwagen. Diese Variationen finden sich nicht zuletzt unter der Motorhaube wieder. Dort werkelt allerdings nicht der vielleicht erwartete 6-Zylinder. Wie schon beim Mercedes A45 AMG oder beim neuen Porsche Boxster funktioniert das Performance-Spiel auch mit 4-Zylindern. Die Politik scheint es so zu wollen. Auch wenn es wenig sinnvoll erscheint. Denn im Lastbetrieb überzeugen die 4-Zylinder bekanntlich nicht gegenüber den bewährten 6-Zylindern. Der Volvo-Sportkombi wird von einem doppelt – Kompressor und Turbolader – aufgeladenen 4-Zylinder aus der neuen Drive-E-Motorenfamilie der Schweden angetrieben. Aus seinen zwei Litern Hubraum erzeugt dieser Motor hier 270 kW (367 PS) und zaubert ein maximales Drehmoment von 470 Newtonmetern auf die Straße, das zwischen 3.100 und 5.100 Umdrehungen pro Minute anliegt und mutig anmutende Überholmanöver erlaubt.Natürlich haben viele jetzt wieder Bedenken, ob der Sound dem Ohr genüge tun kann. Startet man den 1.8 Tonnen schweren Koloss via Startknopf, der sich rechts vom Lenkrad befindet, so erklingt ein wenig aufdringliches, aber angenehm brodelndes Bass Intermezzo. Und stupst man das Gaspedal der 8-Gang Automatik auch nur leicht an, wird aus dem leisen Brummeln ein wuchtiges Donnern. Das macht den V60 auf der Landstraße zum echten Sound-Biest, ist aber in der Nachbarschaft oder auf dem Lehrerparkplatz immer noch dezent genug um nicht negativ aufzufallen.Und lässt man den Super-Schweden durch die Kurven fliegen, so gerät man in Gefahr zu vergessen, dass wir es hier nicht mit sportlichen Karosserie-Proportionen zu tun haben, sondern eben mit solchen eines Hulk artigen Kombis mit 1,75 Meter langem und 1.240 Liter fassendem Laderaum. Die 367 Pferde beschleunigen uns in 4,8 Sekunden auf Tempo 100. Kein Serien-Volvo war bisher schneller. Natürlich wäre der Sprint aus dem Stand mit nur zwei angetriebenen Rädern so schnell nicht möglich. Aber das Allradsystem von BorgWarner leistet hier ganze Arbeit und sorgt neben guter Traktion auch für eine stabile Kurvenlagen. Das Fahrwerk des V60 Polestar wurde gegenüber seinen konventionellen Brüdern modifiziert und kommt nun mit einstellbaren Stoßdämpfern von Öhlins. Geschlitzte Bremsscheiben und eine von Polestar unter dynamischen Gesichtspunkten neu kalibrierte Lenkung tun ihr Übriges, um aus dem Serien-Volvo ein echtes Biest zu formen, das förmlich auf der Straße klebt. Erst bei 250 Stundenkilometern wird der Galopp – elektronisch abgeriegelt – gezügelt.
Fazit
Das schwedische Super-Biest im Kombi-Look kann schon seit Juli 2016 bestellt werden, die ersten Auslieferungen fanden Mitte September statt. Ziel der Schweden ist es, mit dem V60 Polestar den etablierten Mittelklasse Sportlern auf die Pelle zu rücken. Denn egal ob Wochenend-Familienausflug ans Meer oder Ausfahrt auf die Nordschleife mit den Jungs – der V60 Polestar ist ein echtes Multitalent. Zwar entspricht sein Innenraum nicht der neusten Volvo-Generation, doch dafür bietet dieser Schweden-Express wirklich viel Alltagstauglichkeit. Die Aufpreisliste fällt erfreulich kurz aus, wobei der Spitzenstern mit einem Kaufpreis ab 69.600 Euro für viele Lehrer nen Touch zu teuer sein wird. Doch so ist das eben, je mehr flexible Fähigkeiten ein Fußballer, ein Superheld, Lehrer oder eben ein Auto mitbringt, desto teurer wird’s.
Technische Daten
Volvo V60 Polestar
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,64 x 1,87 x 1,48
Radstand (m): 2,78
Motor: R4-Benziner, 1969 ccm, Roots-Kompressor, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 270 kW / 367 PS bei 6000 U/min
Max. Drehmoment: 470 Nm von 3100 – 5100 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,8 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 8,1 Liter
CO2-Emissionen: 186 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1796 kg / max. 474 kg
Kofferraumvolumen: 490–1241 Liter
Wendekreis: 11,9 m
Räder / Reifen: 8,0 J 20 / 245/35 ZR 20 (95Y)
Luftwiderstandsbeiwert: 0,28
Preis: 69.600 Euro
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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