Der Polestar 2 (MJ 2024) ist fit für den Wettbewerb
Der Polestar 2 wurde überarbeitet, um auch in den kommenden Jahren konkurrenzfähig zu sein. Gut so, denn es wird kaum leichter werden, sich im harten Kampf um die Pole-(Star)-Position in Zeiten, in denen weitere, unzählige neue Modelle aus China, wie etwa der BYD „Seal“ zu Preisen ab 46.990 Euro, zu uns strömen. Die europäischen Autobauer werden sich hier auf die Hinterbeine stellen müssen. So bietet beispielsweise BMW den i4 (in der gleichen Größenklasse) zu Preisen ab 65.500 Euro.
Die Preise für E-Autos werden nicht auf dem hohen Niveau bleiben können. Auf den Rückgang der staatlichen Förderung und auch auf den zunehmenden Wettbewerb aus China werden die Anbieter mit Preisnachlässen reagieren müssen. Das wird auch möglich sein, denn die Preise für die teuren Akkus fallen, und die Produktionskosten für E-Autos sind aufgrund weniger aufwändiger Mechanik bekanntlich günstiger, als die von Verbrennern. Polestar bietet seine heckgetriebene Limousine mit einer 69-kWh-Batterie in der Basis mit einer Leistung von 200 kW/272 PS und einer WLTP-Reichweite von 546 Kilometern aktuell für 50.775 Euro an. Tesla verkauft sein ebenfalls überarbeitetes Model 3 derzeit zu Preisen ab 43.000 Euro. Tendenz im Segment: Weiter sinkende Preise.
Was aber hat Polestar nun inhaltlich verbessert? Wer Erfahrungen mit E-Autos hat, der weiß, wie wichtig eine möglichst hohe Ladeleistung ist, um die Wartezeit vor den Ladesäuen zu reduzieren. Der Polestar 2 kann hier mit stolzen 205 kW Ladeleistung (ab 299 PS) am Schnelllader punkten. Damit ist er deutlich schneller wieder voll, als die meisten seiner Konkurrenten. Mit der nutzbaren (netto) Batteriekapazität von 79 kWh (82 kWh brutto) in der Long Range-Version können maximal etwa 655 Kilometer zurückgelegt werden. Beim Allradmodell und in der Performance-Variante (421 bzw. 476 PS) sind es logischerweise weniger Kilometer. Aber das war und ist bei Verbrennern nicht anders. Auch E-Autos leben in dieser Welt mit ihren physischen Gegebenheiten.
Der Polestar 2 wird nun – wie schon seine Volvo-Verwandten – am Heck und nicht mehr an der Front angetrieben. Das scheint sich auch bei den Wettbewerbern durchzusetzen. Und das macht Freude. Schon nach den ersten rasant gefahrenen Kurven steht das fest. Straff abgestimmt fühlt sich das nach gelungener Fahrmaschine an. Noch bevor der Autotester übermütig werden kann, greifen schon die Assistenten ein, um ihn vor Unheil zu bewahren.
Schon die Basis bietet zu Preisen ab 50.775 Euro eine durchaus beachtliche Leistung von 272 PS und ein Drehmoment von 490 Newtonmetern. Zum Rennwagen wird der Polestar 2 dann in der Performance-Allrad-Variante mit 476 PS und einem maximalen Drehmoment von 740 Newtonmetern. So angetrieben schießt die Kiste dann aus dem Stand in nur 4,2 Sekunden auf Tempo 100. Klar, dass bei solchen Starts der Verbrauch nach oben abhebt.
Apropos Beschleunigung: Durchdrehende Vorderräder sind bei dynamischer Beschleunigung – anders als bisher – kein Thema mehr. Auch bei der Top-Speed bewegt sich der Polestar 2 mit 205 Stundenkilometern nun im Top-Segment. Trotz der fahrdynamischen Verbesserungen stehen in den technischen Daten nur 14,9 bis 15,9 kWh Verbrauch auf 100 Kilometern, und damit deutlich weniger als bisher.
Die Top-Version kostet ab 65.275 Euro. Wer sinnvolle Assistenten, wie etwa den adaptiven Abstandsregeltempomaten und bessere Scheinwerfer haben möchte, legt noch einmal 2.500 Euro für das sogenannte „Pilot-Paket“ drauf. Die Harman-Kardon-HiFi-Anlage und das Panorama-Glasdach kosten im sogenannten „Plus-Paket“ weitere 4.800 Euro. Leicht auszurechnen, wo man da preislich landet. Nämlich deutlich oberhalb von Tesla und BYD. Selbst der Nio ET5 bleibt mit seinem 100-kWh-Akku zu Preisen ab 68.500 Euro hier etwas günstiger.
Durchdrehende Vorderräder bei dynamischer Beschleunigung sind anders als bisher kein Thema mehr. Und mit auf 205 Kilometern je Stunde angehobener Endgeschwindigkeit bewegt sich schon die Basis bei Bedarf in der Spitzengruppe der Konkurrenten. Dennoch verspricht der Hersteller 14,9 bis 15,9 kWh Verbrauch auf 100 Kilometern – erheblich weniger als bisher. Unsere ersten Testfahrten mit der 299 PS Variante und reinem Hinterradantrieb können diese Werte – zumindest bei wirklich in Zaum gehaltenem Gasfuß – nur in etwa bestätigen. Bei dynamischer Fortbewegung werden die Normwerte auf unseren ersten Testfahrten indes deutlich nach oben gerissen. Wir haben 22 kWh je 100 Kilometer notiert.
Der Polestar 2 mit Allradantrieb kommt – unter der genannten Prämisse des zurückhaltenden Gasfußes – bei einem WLTP-Verbrauchswert von 15,9 bis 17,2 kWh signifikant besser von der Stelle, als bisher.
Google macht den Unterschied
Die Software eines Autos wird in der Welt digital vernetzten Infotainment-Systeme ein immer bedeutenderes Kaufargument. Oder – umgekehrt formuliert – eine schlechte Software nervt so, dass man dann Abstand von einem Kauf nimmt. Wer die Vorteile der Google Navigation zu schätzen weiß, würde sie im Auto schmerzlich vermissen und sein Handy einsetzen, was auch nicht die Lösung sein sollte. Der mächtige Hochkant-Touch-Screen im Polestar 2 reagiert schnell und die Spracheingabe verdient ihren Namen wirklich. Warum? Weil sie funktioniert. Das kann man über die Mehrheit der Spracheingabe-Systeme leider nicht sagen. Beim Autotester laufen sie unter dem Begriff „Elektroschrott“.
Cooles Design
Der Autotester ist ein Fan von reduziertem, klarem Design. Auch wenn sich durch das Facelift nur an der Front signifikante Änderungen ergeben haben, spricht Polestar von einem Facelift. Auch im Innenraum mit seinen wertigen und gut verarbeiteten Materialien hat sich optisch nichts getan, aber wie es ist, gefällt es auch hier dem Autotester sehr. Hier ist die Verwandtschaft zu den Geely-Konzern-Schwestern Volvo XC40 und C40 (dem Konzern gehören auch die Marken Lotus, Zeekr sowie Lynk & Co) indes unverkennbar. Mit seinen veganen Stoffen, dem kohlenstoffarmem Alu und der Umstellung auf Strom aus erneuerbaren Energien im chinesischen Werk will Polestar (man mag es glauben) zudem den geneigten Kunden überzeugen.
Fazit
Der Polestar 2 gefällt dem Autotester. Er sieht schwedisch aus, auch wenn er aus China kommt. Mit dem Facelift für die 2 Tonnen wiegende, 4,61 Meter lange und 1,86 Meter breite (ohne Außenspiegel) Limousine, gibt es für die Nutzer mehr Power, schnelleres Laden und eine größere Reichweite zu Preisen ab 50.775 Euro. Damit sollte das E-Autos aus dem Geely-Konzern im zunehmenden Wettbewerb (noch) besser gerüstet sein. Was wir negativ vermerkt haben? Die 272 PS Variante lädt nur mit 135 kWh. Die im Kaufpreis eingeschlossene Garantie beträgt nur 2 Jahre.
Das Licht spendende Panoramadach lässt sich nicht öffnen. Die Öffnungstaste an der Heckklappe sitzt sehr tief, was in der Praxis bei jeder Bedienung zu schmutzigen Fingern führen wird. Der schwarze Kunststoffkasten an der Oberseite der Frontscheibe fällt relativ breit aus, was die Sicht nach oben, etwa auf Ampeln, doch behindert.
Unser Tipp: Wer sich Sorgen um die Restwertentwicklung und die Qualität über die Jahre macht, der könnte nach günstigen Leasing-Angeboten schauen (etwa bei Null-Leasing.com für 398 Euro je Monat für Privatkunden) bei denen die aktuell noch geltende Förderung mit der Anzahlung verrechnet werden kann. Ob die Kunden bereit sein werden, beispielsweise für einen BMW i4 runde 10.000 Euro mehr auf den Tisch des Händlers zu blättern, wird eine spannende Frage bleiben.
Technische Daten:
Polestar 2 Facelift (2024)
Fünf-türige, fünf-sitzige Fließhecklimousine
Länge: 4,61 Meter, Breite: 1,86 Meter (mit Spiegeln: 1,99 Meter), Höhe: 1,48 Meter
Radstand: 2,74 Meter
Kofferraumvolumen: 405 bis 1.095 Liter
Netto-Batteriekapazität: 67 (79 kWh)
Hinterradantrieb
Permanentmagnet-Synchron-Elektromotor
Standard Range; 200 kW/272 PS (Long Range: 220 kW/299 PS)
Maximales Drehmoment: 490 Nm ab 1 U/min
Beschleunigung: 0 – 100 km/h: 6,4 (6,2)
Vmax: 205 km/h
WLTP-Reichweite: 546 (655) km
Verbrauch WLTP: 14,9-15,9 (14,8-15,8) kWh/100 Kilometer
Preis: ab 50.775 Euro
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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