Der Corona-Virus bremst Chinas Autoindustrie aus

In Wuhan, Hauptstadt der chinesischen Provinz Hubei, geht zurzeit nichts mehr. Die Millionen-Metropole ist wegen der vom Corona-Virus ausgelösten Epidemie von der Außenwelt vollkommen abgeschottet, und das hat auch Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Die Region rund um Wuhan ist neben Shanghai das zweitgrößte Zentrum der chinesischen Automobilproduktion. Dort bauen unter anderem Nissan, Kia, PSA und Honda Fahrzeuge. Nissan alleine stellt hier rund 1,5 Millionen Autos her, und auch der PSA-Partner Dongfeng hat in der Region einige Produktionsstätten.

Nach rund 8000 Krankheitsfällen und mehr als 170 Todesfällen durch den neuen Corona-Virus beginnen die Unternehmen inzwischen mit der Evakuierung ihrer Mitarbeiter. Nissan hat bereits ein Flugzeug gechartert, um seine Mitarbeiter und deren Familienmitglieder aus der Region auszufliegen, und auch Honda hat 30 Mitarbeiter aus der Region nach Japan ausfliegen lassen. Der französische Konzern PSA plant ebenfalls die Evakuierung seiner Mitarbeiter, die zunächst in einer Quarantäne-Station bleiben müssen, bevor sie den Flug nach Frankreich antreten können. PSA produziert gemeinsam mit Dongfeng in drei Fabriken.

Aktuell sind die Auswirkungen durch die Produktionsunterbrechungen noch nicht absehbar. Schließlich bleiben die Fabriken wegen der Feiern zum chinesischen Neujahrsfest ohnehin traditionell geschlossen, doch niemand weiß zurzeit, wann die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Die Verantwortlichen in Peking haben bereits angekündigt, dass die Wuhan-Region noch für „einige Wochen“ unter Quarantäne bleiben wird.

Inzwischen wirkt sich die Epidemie auch auf andere Wirtschaftsregionen aus. In Shanghai, dem größten chinesischen Automobil-Produktionszentrum, wurden die Neujahrsferien bis zum 10. Februar verlängert, was sich nach Berechnungen von Beobachtern in einen Produktionsverlust von rund 100.000 Automobilen übersetzt. Volkswagen, seit mehr als vier Jahrzehnten in Shanghai, hat die Ferien ebenfalls verlängert und plant, wenn die Produktion wieder startet, seine Mitarbeiter mit Mundschutzmasken und Desinfektionsmitteln auszurüsten. In Peking sind die VW-Mitarbeiter bis zum 17. Februar freigestellt und sollen während dieser Zeit von zu Hause aus arbeiten. Toyota hat unterdessen die Produktion bis zum 9. Februar komplett eingestellt und wird erst dann entscheiden, ob und wann die Fabriken wieder geöffnet werden. Zusätzlich wurden alle Dienstreisen nach China gestrichen.

BMW und Mercedes-Benz erwägen aktuell noch keine Rückholaktionen. „Die BMW Group“, so eine Sprecherin, „folgt den Empfehlungen der WHO und Auswärtigem Amt und rät von Reisen in die Provinz Hubei ab. Angesichts der Reiseeinschränkungen in China sind bis auf weiteres nur zwingend notwendige Dienstreisen von und nach China anzutreten.“ Und: „Die BMW Group wird die Situation weiterhin genau beobachten und wenn nötig weitere Maßnahmen ergreifen.“ Mercedes verzichtet aktuell „auf eine pauschale Reisewarnung, allerdings werden nicht zwingend notwendige Geschäftsreisen nach China bis Mitte Februar ausgesetzt“.

Wie sich die Situation entwickeln wird, hängt auch davon ab, wie sich der Virus weiterverbreitet. Die Weltgesundheitsorganisation lobte die Pekinger Zentralregierung für die radikalen Maßnahmen, doch aktuell vermag niemand zu sagen, ob sich der Erreger tatsächlich davon beeindrucken lässt. Auf jeden Fall trifft die Epidemie die chinesische Automobilindustrie zu einem denkbar schlechten Moment. Im vergangenen Jahr gingen die Neuzulassungen im weltweit größten Automobilmarkt um 8,2 Prozent zurück, und in diesem Jahr sollte sich der Markt eigentlich wieder erholen. Das ist nun angesichts der Produktionsausfälle wieder ungewiss geworden. ampnet

Foto: Daimler