Mit dem Audi Q8 in der Atacama Wüste – Oder der Griff nach den Sternen
Als Kind vertraute ich fest auf die Kraft und die Magie der Sterne. Bei Wünschen, die außerhalb meines vermeintlichen Einflussbereiches lagen, glaubte ich an die lenkende Wirkung funkelnder Sternschnuppen. Ein ziemlich langwieriger Prozess ist dieses Warten auf das Erlöschen längst vergangener Planeten allerdings schon. Es erfordert viel Geduld und man darf keine Scheu vor der Natur und kalten Nächten haben.
Mein erstes ferngesteuertes Auto und – deutlich später – mein erstes „Erstes Mal“ verdanke ich dieser Taktik. Ob’s nicht auch ein kurzer Anruf bei Astro-TV oder der Blick ins Horoskop getan hätte? Wer weiß. Vielleicht wäre ich ja ohne diese naive Beharrlichkeit noch heute Jungfrau. Und damit meine ich nicht das Sternzeichen. Fest steht allerdings, dass ich nicht nur Stern-Stalker bin, sondern auch Auto-Voyeur. Eine gefährliche, mir offenbar innewohnende Eigenschaft, welche die Fahrpräsentation des neuen Audi Q8 in der Atacama Wüste für mich unvergesslich himmlisch macht.
Die chilenische Wüste ist einer der Orte auf unserer Erde mit besonders wenig Niederschlag. Manchmal regnet es hier jahrelang überhaupt nicht. Im Durchschnitt kommen hier nur 55 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr zusammen. Mit dieser Tatsache im Hinterkopf lässt sich auch ohne Fotos leicht nachvollziehen, wie diese sandige Stein-Wüste ausschaut. Trocken, staubtrocken, aber in ihrer mondlandschaftlich fremden Anmutung auch wunderschön. Skurril erscheinen hier die schneebedeckten Bergwipfel. Einer von ihnen ist der etwa 6.000 Meter hohe inaktive Vulkan Licancabur. Er lässt sich am besten vom nächstgelegenen Dorf San Pedro de Atacama bestaunen. Doch nicht nur die Abwesenheit von Feuchtigkeit macht die Atacama Wüste zu dem Ort auf der Welt, von dem aus man angeblich am besten Sterne gucken kann. Die Atacama Wüste liegt mehr als 3.000 Meter über dem Meeresspiegel und ist 105.000 Quadratkilometer groß. Um es zu verdeutlichen: Ihre Fläche ist doppelt so groß wie die Schweiz. Am vielleicht trockensten Ort der Welt gibt es kaum Population und damit sehr wenige Störlichter. Deshalb hat sich ein Großteil der weltweiten Astro-Forschung hier angesiedelt.
Mitten in dieser Wüste steht nun Audis neuer „Großer Wagen“. Der Q8. Ein Sternenbild oder doch eine Fata Morgana? Könnte auf den ersten Blick beides sein, denn Audis erstes SUV mit abfallender Dachlinie scheint zunächst überhaupt nicht hier her zu passen. Sieht aus, als wäre hier ein Spaceshuttle gelandet.
Dem neusten Ingolstädter Familienmitglied ist die ungeteilte Aufmerksamkeit der Menschen in San Pedro de Atacama sicher. Die der Audianer sowieso und meine natürlich auch. Hier, wo der Pfeffer wächst und gedeiht, wartet Audis aufgehender Stern mit dem bisweilen höchsten Q-Index darauf, von mir gefahren zu werden. Optisch weiß das erste SUV Coupé der Ingolstädter mit klassischem Charme und gleichzeitig aufregender Moderne zu überzeugen. Diese fließende Linienführung – um die stolz ausgestellten Radhäusern und die selbstbewussten Säulen – ist vom Ur-Quattro inspiriert. Und sie macht echt was her. Kein Zweifel!
Nachts stiehlt seine Lichtsignatur, welche die Fahrer mit einer Art Licht-Orgel begrüßt, selbst den Sternbildern am glasklaren Himmel ein wenig die Schau. Vorn lockt und überstrahlt der riesige Singleframe-Kühlergrill und die markanten LED-Leuchten. Das Heck des Q8 wird geprägt von den riesigen LED-Lichtern, die durch ein schmales Lichtband verbunden sind. Kurzum: ein Design, das nicht nur in der Hitze der Wüste zum Dahinschmelzen bringt. Doch gleichzeitig könnte die fließende Anmutung des Q8-Designs zur kannibalischen Gefahr für den Q7 werden. Interessant, dass der Q8 in der S-Line-Version mit dem „Singleframe“ in Kontrastlackierung progressiv und sportlich erscheint, während er in Wagenfarbe lackiert dezente Zurückhaltung ausstrahlt. Dieses gelungene Design dürfte selbst etablierte Sterne- und BMW-Kunden anziehen. Aber eben auch eingefleischte Q7 Fans sollen schon einen Wechselwunsch geäußert haben. Andererseits hat Audi die Liebhaber von Coupé-Linien bei großen SUVs bisher widerstandslos zur Konkurrenz ziehen lassen. Mit dem Q8 soll sich das ändern.
Aber jetzt wird gefahren. In der Wüste! Einsteigen. Tür zu. Sand, Wind und Hitze bleiben draußen. Hier drinnen dominiert die kühle Moderne in einer Verarbeitungsqualität und Materialanmutung, die ihresgleichen sucht. Schon das serienmäßige Gestühl schmeichelt unserer Kehrseite. Die optionalen Sport-Sitze machen den Q8 zum Luxus-Sportwagen. Und die Technik? Die intuitive Bedienbarkeit des Q8 begeistert mich. Ihr Konzept ist zu großen Teilen bereits aus A8, A7 und A6 bekannt. Das 12.3 Zoll „Audi Active Info Display“ hinterm Lenkrad hat schon im aktuellen Audi TT eine Benchmark gesetzt. Hier werden die wichtigsten Informationen wie etwa die Navi-Karte direkt ins Blickfeld des Fahrers geführt. Trotzdem gibt es gegen Mehrpreis auch ein Head-up Display. Highlight im Q8 ist jedoch das serienmäßige „MMI Touch Response“ Display. Es thront auf zwei Ebenen in der Mittelkonsole. Der obere 10,1 Zoll Screen bildet das Infotainment-System, während die untere 8,6 Zoll-Fläche für die Steuerung der Klima-Funktionen zuständig ist. Das System reagiert auf Berührungen „liebevoll“ mit einem haptischen Feedback. Bin beeindruckt.
Doch heute geht es nicht um das MMI Navigationssystem plus, welches zur Datenübertragung den neuen Standard „LTE Advanced“ nutzt. Auch nicht um die Konnektivitäts-Systeme Apple CarPlay oder Android Auto. Heute wird der Q8 in der atemberaubenden Wüste gefahren. Der Q8 50 TDI ist eine Rakete mit seinem Drei-Liter-Diesel, der satte 286 PS und 600 Newtonmetern Leistung in den Wüstensand zaubert. Dieser Motor schiebt uns im SUV-Coupé in 6,3 Sekunden auf der sandigen Straße, deren Ende man nicht sehen kann, aus dem Stand auf Tempo 100. Bei 232 Stundenkilometern ist selbst in der Wüste die Beschleunigungsgrenze erreicht. Wer vom Q8 träumt, ihn sich aber mit diesem Antrieb nicht leisten kann oder möchte, der wird sich auf den Q8 45 TDI freuen, der Anfang 2019 auf den Markt kommen soll und mit 231 PS ebenfalls eine satte Leistung bereit stellt. Beide Aggregate sind mit einem SCR-System zur Abgasreinigung versehen und erfüllen die Abgasnorm Euro-6d-temp. Zur größeren Varianz wird Anfang 2019 ein V6 Turbo-Benziner mit 340 PS kommen.
Doch Fahren ist bekanntlich viel mehr als nur die reine Aneinanderreihung von kühlen Daten. Fahren ist ein Himmelreich der Freiheit. Fahren ist Emotion. Offensichtlich wurde viel Liebe zum Detail in der Abstimmung des 2,1 Tonnen schweren SUVs gesteckt. Denn er fährt sich beeindruckend. Trotz der Stirnfläche von 2,84 Quadratmetern rollt die Schrankwand unheimlich leise vor sich hin. Das wird hier in der Wüste deutlich, wo es kaum externe Störgeräusche gibt. Hier in der Wüste segelt der Q8 zwischen 55 und 160 Stundenkilometern bei ausgeschaltetem Motor und rollt ab 22 Stundenkilometern bis zum Stillstand aus. Dieses Segeln soll bis zu 0,7 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer sparen. Eine beeindruckende Ingenieur-Leistung. Aber letztlich wahrscheinlich trotzdem nur ein Tropfen auf den heißen Stein des SUV-Trends.
Die hohe Sitzposition im Q8 strahlt in Verbindung mit der optionalen Luftfederung etwas Erhabenes aus. Geräuschlos gleitet man sich im Komfort-Modus dahin, man fühlt sich von der Straße und der Umwelt beinahe entfremdet. Doch schaltet man den Drive-Mode-Schalter auf „Dynamic“, dann wird’s wilder. Lenkung und Gasannahme regieren deutlich direkter und die Federung wird härter. Insbesondere in schnell gefahrenen Kurven zeigt sich die Stärke der Allradlenkung. Bei spontanen Spurwechseln lenken die Hinterräder bis zu 2,5 Grad gleichsinnig. Damit wird die Spurstabilität so sehr erhöht, dass den Audi selbst auf sandiger Straße nichts aus der Ruhe bringt. Dieses Auto hätte wohl selbst auf der Milchstraße Grip. Doch hier in Calamar gibt es – wie auf dem Mond – keine Straßen und somit nur echte Offroad-Strecken. Auf ihnen profitiert der Q8 neben dem Quattro-Allradantrieb davon, dass man ihn dank der Luftfederung um 55 Millimeter auf dann 245 Millimeter Boden-Freiheit hochbocken kann. Damit kommt er dem Himmel so nahe, dass kaum ein Love-Hill mehr unerreichbar scheint. DAS erste Mal kann somit also auch ganz bequem und gut gefedert in Papas Auto stattfinden. Ein Traum für (fast) alle Beteiligten.
Fazit:
In diesem Jahr bin ich 30 geworden. Inzwischen frage ich die Sterne nur noch selten um Rat. Und meine Wünsche erfülle ich mir selbst. Einer davon war bislang ein echter Sportwagen. Doch der Q8 mit seiner beeindruckenden Optik, seiner technischen Moderne, seiner Sportlichkeit und der gleichzeitigen Fähigkeit des entspannten Reisens mit der Abstinenz von Stress lässt mich Umdenken. Vielleicht bedeutet der Wunsch nach einem SUV auch, dass ich „erwachsen“ werde. Oder ist das schon der Beginn des Alters? In dem man Bequemlichkeit bekanntlich höher schätzt. Eines steht jedoch fest, während mir zunehmend Haare vom Kopf fallen und andere an Stellen wachsen, an denen sie nun wirklich keiner braucht, baut Audi ein Auto, das durch seine Einzigartigkeit auf lange Zeit ein heller Stern am manchmal dunklen Himmel der automobilen Gleichmacherei bleiben wird. Post scriptum: Meinen „Großen Wagen“ habe ich in der Wüste gefunden. Ist das nicht romantisch?
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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