Volvo XC40 Recharge – Stromer im Verbrenner Gewand
Der Volvo XC40 Recharge P8 AWD ist bekanntlich der erste rein-elektrisch angetriebene Volvo. Und gleich beim ersten Versuch hat der schwedische Autobauer mit den chinesischen Eigentümern mehr als eine Duftmarke hinterlassen. 408 PS Leistung, ein Drehmoment von 660 Newtonmetern und eine Ladeleistung von bis zu 150 Kilowattstunden sind im Wettbewerbsvergleich beeindruckend gute Werte. Insbesondere der letzte Wert ist für erfahrene E-Auto Fahrer von Bedeutung. Denn mit ihm entscheidet sich, wie lange man unterwegs warten muss, bis die Kiste wieder voll ist. Vorausgesetzt, es stehen auch entsprechende leistungsfähige Ladestationen zur Verfügung. Wir wollten genau wissen, wie gut man mit dem allrad-getriebenen XC40 Recharge P8 durch Deutschland kommt und sind von Südbaden bis nach Düsseldorf und zurück gefahren.
Die Tour sollte geplant werden
Mit dem im Volvo Navi integrierten Planungstool kann man die auf einer ausgewählten Strecke schon beim Start sehen, wo das System Tankstopps vorschlägt. Das ist eine richtig gute Sache, denn sie gibt relative Sicherheit. Vorausgesetzt, die anvisierte Anlage funktioniert und auch das Bezahl-System wird akzeptiert. Wir hatten die Ladekarte von NewMotion. Sie hat stets sofort und unkompliziert funktioniert. Karte kurz vor die Kontaktfläche der Säule halten und der Ladevorgang hat sofort begonnen. Die Preise für den schnellen Strom sind jedoch stark unterschiedlich, sie bewegen sich zwischen grob 35 und 70 Cent je kW. 60 bis 70 Cent sind üblich. Man stelle sich vor, für Benzin würde das heißen zwischen 1,50 Euro und 3,00 Euro. Das Strom-Tanken kann also ein teurer Spaß werden. Der XC40 verbrauchte auf unseren nicht dynamisch gehaltenen Testfahrten (max. Tempo 130) etwa 24 Kilowatt je 100 Kilometer. Man sollte berücksichtigen: Bei hohen Tempi steigt der Stromverbrauch überproportional.
Der Strompreis ist heiß
Die Reichweitenangaben der Hersteller nach WLTP sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn sie beziehen sich auf eine 100 Prozent-Ladung. Über 80 Prozent verlangsamt sich die Ladegeschwindigkeit jedoch signifikant. Bei unseren Test-Ladungen ist die pro Stunde tankbare Reichweite von etwa 280 auf Bereiche um 120 Kilometer gesunken, wenn die 80 Prozent überschritten waren.
Um also von 80 auf 100 Prozent zu kommen, braucht es überproportional viel Zeit. Die hat man selten, wenn man unterwegs ist. Also lädt man nur bis 80 Prozent. Das ist beim Volvo XC40 und optimaler Ladeleistung in etwa 45 Minuten möglich. Aber auch 45 Minuten sind länger, als eine Kaffeepause. Und wenn man ans Ziel möchte, nerven die Wartezeiten doch ziemlich. Wer zuhause über Nacht an einer Wallbox laden kann, hat diesen Zeitdruck nicht und kann 100 Prozent laden. Auch wenn Volvo im Display empfiehlt, die Batterie nicht über 90 Prozent zu laden, um sie zu schonen.
Unser Tipp: Wer ein E-Auto möchte, sollte es leasen. Denn erstens kann die Förderprämie von der Anzahlung abgezogen werden, und zweitens trägt der Leasing-Nehmer ja nicht das Risiko der Wertentwicklung des Gebrauchtwagens nach der Nutzungszeit.
Relaistisch nutzbare Reichweite bei etwa 200 Kilometern
Volvo gibt als WLTP-Reichweite 420 Kilometer an. Auf unseren Testfahrten, die wir mit maximal 130 Stundenkilometern absolviert haben (was eine Einschränkung bedeutet) hat sich eine rechnerische Reichweite von etwa 320 Kilometern ergeben. Vorausgesetzt, man hatte den Batterie-Satz zu 100 Prozent geladen, was (wie bereits beschrieben) unterwegs selten vorkommt. Bei 80 Prozent ergibt sich folglich eine Reichweite von etwa 250 Kilometern. Und weil man ja nicht bis auf Null herunterfahren kann, sondern zur Sicherheit am besten noch 20 Prozent Restreichweite kalkulieren sollte, ergibt sich eine effektiv nutzbare Reichweite bis zum nächsten Laden von etwa 200 Kilometern. Alles andere würde in meinen Augen Stress verursachen. Es mag jedoch riskofreudigere Zeitgenossen geben.
Nun ist es an Ihnen, diese Reichweitenwerte einzuordnen. Wohl gemerkt, das ist nicht allein der Umstand beim XC40 Recharge P8. Damit haben alle zu kämpfen. Der XC40 sieht mit seiner vergleichsweise hohen Ladeleistung von 150 kWh sogar gut aus.
Zum Vergleich: Der neue Audi Q4 bietet hier bis zu 125 kWh an, was im Vergleich mit vielen anderen noch immer ein richtig guter Wert ist. Allein die Top-Modelle bieten Ladeleistungen jenseits der 150 kWh. Aber dann sind Kaufpreise im Bereich und jenseits von 100.000 Euro fällig.
Das kompakte Volvo-SUV XC40 Recharge P8 AWD kostet in seiner Basis 61.900 Euro. Unser Testwagen kam auf etwa 70.000 Euro. Selbst wenn man davon die Förderprämie abzieht, bleibt im Vergleich mit einem XC40 Verbrenner noch viel Mehrpreis, und das bei deutlich geringerer Reichweite. Das elektrische Fahren im XC40 macht Freude. Insbesondere die Beschleunigung von 4,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 ist der Hammer, fühlt sich sogar noch schneller an. Das geht deutlich besser ab, als die weithin bekannte Schmitz´ Katze.
Schwedisch kühler Innenraum
Außen unterscheidet sich der E-XC40 quasi nur am geschlossenen Kühlergrill von seinen Verbrenner Kollegen. Er ist und bleibt auch als reines E-Auto ein schönes Kompakt-SUV. Die Innenausstattung des kompakten Volvo SUVs ist klar gezeichnet und mutet mit seinem schwarzen Leder und den Metall-Applikationen schwedisch kühl an. Ganz mein Ding. An Premium-Feeling reicht es aber weder beim Verarbeitungseindruck noch bei den verwendeten Materialien wirklich heran. Das Navi mit den verwendeten Online-Daten arbeitet präzise und schnell. Und das Spracheingabe-System funktioniert mit Hilfe von Google in meinen Augen nahezu perfekt. Kompliment.
Das 4,42 Meter lange SUV wiegt übrigens etwa 2,2 Tonnen, und kann, im Unterschied zu manchem Wettbewerber mit E-Antrieb, sogar Anhänger ziehen mit bis zu 1.500 Kilo Gewicht.
Technische Daten
Volvo XC40 P8 AWD Recharge Pure Electric
Länge x Breite x Höhe (m): 4,43 x 1,86 x 1,65
Radstand (m): 2,70
Antrieb: zwei Elektromotoren, Allrad
Leistung: 300 kW / 408 PS
Drehmoment: 660 Nm
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 78,0 kWh
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,9 Sek.
Elektr. Reichweite: 411 km (WLTP)
Stromverbrauch: 243 Wh/km
Effizienzklasse: A+
CO2-Emissionen: 0 g/km
Leergewicht / Zuladung: min. 2188 kg / max. 462 kg
Kofferraumvolumen: 414 + 31 Liter
Max. Anhängelast: 1500 kg
Wendekreis: 11,8 m
Bodenfreiheit: 176 mm
Böschungswinkel: 20,0 Grad (v.) / 26,6 Grad (h.)
Rampenwinkel: 16,2 Grad
Wattiefe: 450 mm
Bereifung: 235/50 R 19 vorn, 255/45 R 19 hinten
Basispreis: 62.900 Euro
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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