Was sich bei Wohnmobil- und Wohnwagenhersteller Bürstner tut

Kehl-Neumühl (cwe). Die Campingbranche boomt wie selten zuvor. Unweit der französischen Grenze hat sich das ehemalige Familienunternehmen Bürstner unter der Führung der Erwin Hymer Gruppe zu einem großen Wohnmobil- und Wohnwagenhersteller der Branche entwickelt. Woher der Boom in dieser Branche kommt und wo trotzdem auch Probleme liegen, hat Cornelia Weizenecker beim Bürstner Geschäftsführer, Jens Kromer nachgefragt.

Herr Kromer, im Rahmen der diesjährigen Jahrespressekonferenz hat Bürstner keine Zahlen bekanntgegeben. Warum eigentlich?

Kromer: Die Erwin Hymer Group, zu der wir als Bürstner gehören, befindet sich gerade in einem Dual-Track Verfahren, d.h. die Gruppe bereitet sich gleichzeitig sowohl für einen möglichen Börsengang als auch für einen Anteilsverkauf vor. Mit dieser Maßnahme will man dem zunehmenden Wachstum Rechnung tragen. Um die Einhaltung der IPO konformen Richtlinien zu gewährleisten, dürfen aktuell keine wirtschaftlichen Zahlen genannt werden.

Verraten Sie uns, wie hoch die Zuwächse bei Bürstner bei den Reisemobilen und Wohnwägen bei uns in Deutschland, europaweit und im Vergleich der Branche sind?

Kromer: Wenn wir die Geschäftsjahre 2015/2016 und 2016/2017 vergleichen, liegen wir in Deutschland bei einem Plus von ca. 20% bei den Wohnmobilen und ca. 39% bei den Wohnwagen. Europaweit liegen wir bei einer Steigerung von rund 30% beziehungsweise 27%. Damit haben wir uns besser entwickelt als die Branche insgesamt. Das bedeutet, dass unser Marktanteil gestiegen ist.

Die Menschen in der Region interessiert natürlich, wie es wirtschaftlich im einstigen Familienunternehmen steht. Werden neue Arbeitsplätze geschaffen, wird investiert?

Kromer: Bürstner geht es wirtschaftlich sehr gut und wir sind zufrieden mit der Entwicklung. Dennoch müssen wir konsequent daran arbeiten, uns weiter zu entwickeln, denn nur so können wir der anhaltend hohen Nachfrage und den sich verändernden Kundenbedürfnissen begegnen. Deshalb haben wir gerade in ein neues Montagekonzept an unserer Fertigungslinie 3 investiert.

Was unsere Mitarbeiterzahlen betrifft, sind wir mit unserer durchschnittlichen Mitarbeiterzahl von 694 Mitarbeitern Im Geschäftsjahr 2016/2017 aktuell gut aufgestellt. Eine größere Anzahl an Neueinstellungen ist deshalb zurzeit nicht geplant. Sollten es die Marktgegebenheiten jedoch notwendig machen, werden wir reagieren.

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Warum boomt der Caravaning-Markt in den letzten Jahren eigentlich so stark? Ein Reisemobil ist ja nicht gerade ein Schnäppchen.

Kromer: Dafür gibt es vielfältige Gründe, die alle zusammenwirken und den Boom des Caravaning-Marktes begünstigen. Dazu gehört der Trend zur Individualisierung und zur Freiheit. Auch der Demographiewandel in unserer Gesellschaft spielt eine große Rolle. Die ältere Bevölkerung nimmt zu und zusätzlich sind ältere Menschen heute fitter und aktiver als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wir verzeichnen auch Veränderung im Tourismusverhalten, denn die Tendenz geht weg von Pauschalreisen hin zu individuelleren Reiseangeboten wie zum Beispiel beim Caravaning. Die Menschen heutzutage machen auch mehr Kurzurlaube im Jahr, wofür sich ein Wohnmobil oder Wohnwagen natürlich anbietet. Dies sind alles Gründe, die unsere Branche positiv in die Zukunft blicken lassen.

Wo man vor 20 Jahren noch mitten in der Natur die große Freiheit genießen konnte, versperren heute oft Durchfahrtsbarrieren den Weg für Wohnmobile. Campingmobile sind nicht überall gern gesehen. Wie gehen die Camper damit um?

Kromer: Sicherlich ist die Freiheit, überall da stehen zu bleiben, wo man möchte, heute deutlich eingeschränkter als früher. Zum einen sind heutzutage natürlich viel mehr Fahrzeuge unterwegs und zum anderen geht es an einigen Stellen sicher auch darum, die Natur zu schützen. Hier sind wir übrigens alle gefragt, uns an die vorgegebenen Regeln zu halten und bewusst mit unserer Umwelt umzugehen.

Aktuell tut sich sehr viel im Bereich Camping- und Stellplätze. Der große Bedarf nach weiteren Möglichkeiten ist bekannt und wird von vielen Gemeinden bereits in ihre Planungen mit einbezogen. Deshalb ist uns das Thema Durchfahrtsbarrieren auch nicht als allzu großes Problem bekannt.

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Auch immer mehr junge Menschen entdecken die Vorzüge von Wohnmobilen. Doch der Gesetzgeber hat vor einigen Jahren mit der Begrenzung der normalen Fahrerlaubnis auf Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen festgelegt. Wie geht die Branche damit um und wie löst Bürstner diese Aufgabe?

Kromer: Das Thema Gewicht ist für die gesamte Branche eine große Herausforderung. Es wird in Zukunft immer mehr Menschen betreffen. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck an Themen wie beispielsweise Leichtbau, mit dem wir bereits gute Erfolge erzielt haben. So bieten wir beispielsweise im Wohnwagen-Bereich die Premio Life Baureihe an, die mit einem Gewicht von 1.100 kg bis 1.200 kg bereits auch für kleinere Zugfahrzeuge geeignet ist Es gibt selbstverständlich aber auch noch viel Potential für weitere Verbesserungen.

Was müssen junge Camper für ein Einsteigermodell bei Bürstner auf den Tisch legen?

Kromer: Wir haben unsere Wohnwagen und Wohnmobile jeweils in zwei Familien untergliedert. Im Wohnwagen-Bereich steht die Premio Familie für die Einstiegsmodelle. Hier ist die Baureihe Premio Life mit einem Preis ab 11.890 Euro besonders attraktiv für Einsteiger.

Die Lyseo-Familie kennzeichnet den Einstieg in die Welt der Bürstner Wohnmobile. Insbesondere die Alkoven-Baureihe Lyseo A ist mit einem Preis ab 49.290 Euro interessant für Camping-Neulinge. Auch die Lyseo TD Reihe bietet mit einem Einstiegspreis von 53.390 Euro ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Frühjahr 2019 werden wir unsere Produktsparte im Einstiegssegment mit dem neuen Lyseo Time T ergänzen, der preislich noch unterhalb des Lyseo TD angesiedelt sein wird.

Apropos, Kundenwünsche: Naturverbundene Menschen stehen auf alternative Antriebe. Wird Bürstner in den nächsten Jahren ein Elektro-Reisemobil bringen?

Kromer: Selbstverständlich ist die Branche dazu aufgefordert, Alternativen zum Verbrennungsmotor zu schaffen, die eine nachhaltige Mobilität gewährleisten. Hier profitieren wir ganz klar von der Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe. Die Erwin Hymer Group erforscht seit Jahren die Möglichkeiten alternativer Antriebstechnologien. Hier gibt es bereits Erfolge, die wir auch für Bürstner nutzen und weiter ausbauen wollen. Allerdings ist dies eine Entwicklung, die noch etwas Zeit brauchen wird bis wir sie serienmäßig einsetzen können, da es noch Themen gibt, die eine große Herausforderung darstellen – wie zum Beispiel das Gewicht der Batterien, mit dem die Fahrzeuge zum jetzigen Zeitpunkt wieder schwerer werden würden.

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Bürstner ist nun auf dem deutschen und französischen Markt stark unterwegs. Herr Kromer, Sie mit französischer Mutter und deutschem Vater aufgewachsen, können daher den Unterschied bestimmt bestens beurteilen. Worauf achten die Franzosen und die Deutschen? Wer sind die angenehmeren Kunden?

Kromer: Unsere beiden Heimatmärkte sind Deutschland und Frankreich. Das ist richtig. Trotz der räumlichen Nähe kann man deutliche Unterschiede zwischen den beiden Nationalitäten erkennen – unter anderem auch bei den Vorlieben hinsichtlich der Innenraumraumgestaltung. Ein großes Thema sind hier die Betten: Franzosen interessieren sich vermehrt für Wagen mit Queensbetten, während die Deutschen Einzelbetten bevorzugen. Auch bei den Polsterwelten unterscheiden sich die Geschmäcker, aber das ist auch in Ordnung so, da wir mit unserem vielseitigen Angebot gut aufgestellt sind. Die Franzosen sind darüber hinaus spürbar sensibler hinsichtlich Gewicht und Preis. Andererseits sind sie aber in vielen Dingen deutlich lockerer – das hat Vor- und auch Nachteile. Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden mit diesen beiden für uns wichtigsten Märkten. Ich kann nicht sagen, dass uns eine Kundengruppe angenehmer ist als die andere. Am Ende ist der Kunde König und wir versuchen daran zu arbeiten, die Bedürfnisse und Anforderungen so gut wie möglich zu erfüllen.


Bürstner Geschäftsführer Jens Kromer

Zur Person: Jens Kromer (50)

In Frankreich aufgewachsen, studierte Jens Kromer Psychologie. 23 Jahre war der gebürtige Schwabe in einem Unternehmen in der Sanitärbranche tätig, zunächst als Vertriebsleiter, später als Geschäftsführer Marketing & Vertrieb von Burgbad France tätig, bevor er dann Gesamtvertriebsleiter Europa für die deutsche Burgbad-Holding wurde. Seit 2015 ist Jens Kromer Geschäftsführer bei der Bürstner GmbH & Co. KG.


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