Range Rover Evoque – Der kleine macht manch Großen was vor.
Auch Erfolgsmodelle müssen dem Zeitgeist angepasst werden. Gefaceliftet nennt man das heutzutage. Gesellschaftlich wie im Produktlebenszykluses eines Automobils ist das inzwischen Usus. Bestes Beispiel und Argument für diese Theorie ist, dass sich selbst Arnold Schwarzenegger, ehemaliger Mr. Olympia, die Falten aus dem Gesicht bügeln lies. Und genauso erfolgreich wie Schwarzeneggers Umschulungen vom Bodybuilder zum Schauspieler bis hin zum Gouvernator könnte auch die weitere Geschichte des Evoques sein. Nach dem Facelift des kleinen Lifestyle SUVs soll ja bekanntlich eine Cabrio-Variante folgen.
Dass der 2011 gelaunshte Brite ein Erfolgsmodell geworden ist, steht außer Frage. Subjektiv prägte er sehr schnell das Straßenbild und objektiv ist inzwischen einer von 3 verkauften Land Rovern ein Evoque. Unterm Strich haben die Engländer seit der Markteinführung etwa 450.000 Evoques weltweit an den Mann gebracht. Was den indischen Geldgeber und Eigentümer Tata glücklich gemacht haben dürfte. So glücklich, dass er den Geldbeutel für die Entwicklung neuer Range Rover Modelle sehr locker sitzen hat.
Die Neuerungen am Evoque sind gleichsam umfangreich wie kostspielig. Auffälligste optische Änderung ist die Front, die auf den ersten Blick stark an die des Range Rover Sport erinnert. Der neue Kühlergrill macht den Evoque muskulöser. Die Voll-LED-Leuchten verpassen dem bulligen Auftritt die nötige Eleganz. Irgendwie kann man sich in dieses Boxer-Gesicht ziemlich schnell verlieben. Erinnern sie sich an Rocky. Ich weiß, das war Sylvester Stallone – okay okay. Vielleicht mögen wir das Gesicht eben genau wegen der groben Zeichnung. Dem Trend wirkt das etwas schlanker gezeichnete Heck entgegen. Es beginnt an der stark abfallenden Heck-Sichel und wird jetzt von neu-gezeichneten Stossfängern bewohnt. Etwas gewöhnungsbedürftig erscheint mir die doppelte Rückenflosse auf dem Dach. Sie will so gar nicht Understatement sein. Trotzdem sollten die Briten ihrem Chef-Designer und Blech-Chirurgen Garry McGovern jeden Morgen ein Dank-Gebet widmen und ein langes Leben wünschen. Wie dankbar Arnold seinem Chirurgen sein kann, weiß man indes nicht so richtig.
Im Innenraum des neuen Evoque kann man sich auch weiterhin richtig wohl fühlen. Very British dieses fahrende Sakrileg. Dabei sind die Neuerungen Im Innenraum stark auf das neue infotainment-System bezogen. Es ist etwas übersichtlicher und besitzt eine In-Control-Remote-Application. Der Clou daran? Fahrer können während der Fahrt interessante Daten abrufen. Benzinverbrauch, Reichweite, Standort des Autos (Parkplatzsuche), Klimaanlage, letzte Reise und diverse andere Statistiken sehen. Gelungen ist auch das Head-up-Display. Zum Glück gibt es weiterhin das ultra große Panorama-Glasdach. Es lässt sich jedoch leider immer noch nicht öffnen. Aber wo soll das ganze Glas auch hin. Für Frischluftfans soll es ja bald das Cabrio geben. Weitere Neuheit im Evoque: Die 2-sensorige, via Kick-Geste öffenbare, Heckklappe. Und Genauso wie der Spurhalteassistent und die City-Notbremsfunktion.
Aber wie Rambo will der Evoque nicht nur mit seinem muskulöseren Äußeren beeindrucken. Auch die inneren Werte wurden runderneuert. So überzeugt die neue 9-Gang Automatik von ZF genauso, wie das aktive Fahrwerk. Und zum ersten Mal wird der nun auch aus dem Discovery Sport bekannte 180 PS Diesel verbaut. Automatik-Getriebe, Allradantrieb und Dieselmotor bilden hier eine harmonische Einheit. Die zudem mit einen geringen Durchschnittsverbrauch von nur 5,1 Liter (Normwert) auf 100 Kilometer zu glänzen weiss. Schneller als Usain Bolt – nämlich in 9 Sekunden – spurtet der 1,7 Tonnen schwere Evoque so auf Tempo 100.
Gespannt sind wir nun auf die 150 PS des kleineren Diesel. Er treibt ausschließlich die Vorderräder an und wird mit der Hand geschaltet.Interessant ist, dass man hier gegenüber der 180-PS-Variante keinen großen Leistungsunterschied spürt. Auch wenn die 11,2 Sekunden Beschleunigungswert eine andere Sprache sprechen. 4,3 Liter Normverbrauch können sich ökonomisch und ökologisch sehen lassen. Sie sind auch unter Wettbewerbern eine Benchmark, die wohl nur vom BMW X1 unterboten wird. Wenn man Fan von manuellen Schaltgetriebe ist, wird man diese direkte Schaltung mögen. Beide sogenannte Ingenium Motoren sind 2.0 Liter-Dieselmotoren, quer verbaut und von 4 Zylindern befeuert. Sie sind leichter, reibungsärmer und sparsamer als ihre Vorgänger.
Was dem Evoque bitte keiner vorwerfen darf: Dass er lediglich ein kleines SUV mit blosem Geländeimage ist. Das stimmt nämlich nicht. Er bewegt sich ähnlich geschmeidig durchs Gelände wie Rambo einst durch den Jungle robbte. Der kleine macht dabei wirklich manchem Großen was vor. Und dabei ist selbst die vorderradgetriebene Handschalterversion eine echte Bergziege. Sie steht der Allradversion nur in Extremsituationen nach. Wobei der Automat mit seinen vielen technischen Helferlein wirklich im Gelände Zuhause ist.
Fazit:
Wer sich jetzt für den gelifteten Evoque entscheidet, der hat weiterhin die Wahl zwischen den Ausstattungslinien Pure, SE, HSE, HSE Dynamic und Autobiografie. Hieran hat sich genauso wenig geändert, wie an dem sehr komplizierten Range Rover Preis-Paket-System. Wer den neuen Evoque sein eigen nennen will, der muss mindestens 34.500 Euro auf den Tisch legen. Also etwa 1.000 Euro mehr als bisher. Was die Kunden kaum stören wird, da sie den Vorgänger im Schnitt sowieso für beachtliche 55.000 Euro bestellten. Im Trend liegen: Diesel, Allrad, 5-Türen und Glasdach. Für Arni selbst wird der Evoque jedenfalls nicht zu teuer sein, eher etwas unterdimensioniert. Fährt er selbst doch lieber Hummer. Für all die anderen Großstadt-Rambos unter euch wird auch das Facelift wieder eine echte Waffe werden.
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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