Nissan Primastar L1H1 Seaside by Dethleffs – Praktischer Campervan mit umfangreicher Ausstattung
Als Basis für den Nissan Primastar Seaside dient der bekannte Primastar Kastenwagen in der Ausstattungsvariante Tekna. Die Innenausstattung des Seaside wird indes beim Reisemobil-Profi Dethleffs gebaut. Mit seinen Außenmaßen von 5,08 Meter Länge, 1,96 Meter Breite und 2,02 Meter Höhe (mit Markise ca. 2,10 Meter). Damit ist seine Grundfläche kaum größer wie die einer Mittelklasse-Limousine. Mit diesen Maßen und der senkrecht abfallenden Heckabgrenzung bleibt der Camper auch in der Stadt leicht zu bewegen und wendig, sodass er auch im Alltag im Einsatz als vollwertiges Familienauto mühelos benutzt werden kann.
Für den Camper-Einsatz und auch zur Fahrt in üblich hohe Tiefgaragen kann es von großem Vorteil sein, wenn die Höhe des Wagens unter 2 Metern bleibt. Um das zu gewährleisten kann die serienmäßige Fahrzeughöhe mit einem (optional) Tieferlegungssatz der Firma „Irmscher“ in der Höhe auf 1,99 Meter reduziert werden. In den Augen des Autotesters ein unverzichtbares Merkmal. Allerdings muss dann – falls vorhanden – die Markise (mittels 4 Schrauben) demontiert werden. Vielleicht wäre hier ein einfaches Sonnensegel die bessere Lösung. Grundsätzlich denke ich aber, dass bei der nächsten Produktüberarbeitung eine Außenhöhe von 1,99 Meter ins Pflichtenheft aufgenommen werden sollte. Andere Hersteller schaffen das ja auch. Die nahezu 2.000 Euro für die Irmscher Tieferlegung kann man sich dann sparen.
Über 2 Meter Höhe
Die Ausbauspezialisten von Dethleffs haben für den Nissan Primastar ein geräumiges Camper-Set entwickelt, das über eine Küchenzeile, bis zu sechs Einzelsitzplätzen sowie über vier Schlafplätze verfügt. Zwei davon befinden sich unter dem großen Aufstell-Dach, das durch den Einsatz von Gasdruck-Dämpfern relativ leicht angehoben werden kann. Kein Vergnügen ist dagegen das Öffnen und Schließen der Dachverriegelung. Im Gegenteil, das ist ein böses, rückenbelastendes und Fingernägel killendes Gefummel, das keinesfalls auf Anhieb gelingt, schon garnicht, wenn der Wagen auf unebenem Gelände steht.
Auch wenn dieses Aufstelldach von einem Zulieferer kommt und auch in anderen Wohn-Vans verwendet wird, wäre es für mich ein klarer Grund, den Nissan nicht zu kaufen. Eine elektrisch angetriebene Variante könnte eine Lösung sein.
Fummelige Dach-Ver- und Entriegelung
Die Seitenwand des Dachs kann in Richtung Fahrzeugfront sogar komplett geöffnet werden und gibt damit den Blick auf den Himmel frei. Schöner kann man vor traumhafter Natur-Kulisse kaum aufwachen. Die 1,89 x 1,25 Meter große Liegefläche unter dem Dach ist mit einer dünnen Kaltschaum-Matratze und vollflächiger Unterfederung (Kunststoffteller auf flexiblen Querstreben) mit bis 200 Kilogramm belastbar. Über die Vordersitze als Steighilfe kommen bewegliche Nutzer ganz gut nach oben.
Im Fahrgastraum ist ein 4-spuriges Schienen-System über die gesamte Ladefläche im Boden eingelassen. Es erlaubt eine modulare Bestuhlung mit bis zu 4 Einzelsitzen, die durch ihr vergleichsweise geringes Gewicht von etwa 25 Kilo relativ leicht ein- und auszubauen sind. Ganz ohne Werkzeug können diese Sitze in oder gegen die Fahrtrichtung positioniert werden oder auch komplett heraus genommen werden. So entsteht je nach Bedarf Stauraum, um beispielsweise Fahrräder, Kinderwagen, Surfbretter oder Skier zu transportieren. Im Testwagen waren nur 2 Einzelsitze verbaut, so bleibt natürlich mehr Stauraum, der wahlweise vor und/oder hinter den Einzelsitzen genutzt werden kann.
150 PS sollten reichen
Das ebenfalls herausnehmbare Bettmodul für die beiden Schlafplätze im Fahrgastraum besteht aus einer klappbaren Kaltschaum-Matratze, so entsteht eine Bettfläche in den Abmessungen 2,00 x 1,25 Meter, auch dieses Doppelbett ist mit bis 200 Kilogramm belastbar.
Fahrer- und auch der Beifahrersitz sind drehbar, sodass zum gemeinsamen Essen am verstellbaren Tisch eine Viererkonfiguration entsteht. Der Esstisch kann zusätzlich mit klappbaren Halterungen in der Küchenkonsole oder auch außen am Camper eingehängt werden. Der Tisch kann auch frei stehen. Während der Reise wird er entlang des Einzelsitzes auf der Beifahrerseite mit Gurten unter gebracht. So kommt man auch während der Reise gut an den Tisch. Fummelig finden wir jedoch die Befestigung mit den Gurten. Das könnte man besser lösen.
Unser Tipp: Gönnen Sie sich ein Doppelkupplungsgetriebe
Verderbliche Lebensmittel und Getränke finden im 36-Liter-Kühlschrank Platz. Warme Mahlzeiten können auf dem zweiflammigen Gaskocher zubereitet werden. Zusätzlichen Stauraum für Kochutensilien und Campinggeschirr bieten vier Schubladen sowie ein großes Rollo-Fach. Bei Nichtbenutzung können der Kocher und die Edelstahlspüle von einer Echtglasplatte abgedeckt werden. Im Kleiderschrank mit Rollo-System, in dem auch das Fach für die Gasflasche integriert ist, findet sich im Segment-Vergleich viel Stauraum.
Unter dem Kleiderschrank ist der Frischwassertank mit einem Volumen von insgesamt 29 Litern verbaut. Der Abwassertank fasst 24 Liter. Die 1,8 Kilogramm Gasflasche (für den Gaskocher) wurde im unteren Teil des Kleiderschranks untergebracht. Der Wohnraum kann mittels der serienmäßigen 2 kW-Eberspächer E-Heizung gewärmt werden.
Für angenehmes Ambiente sorgen dimmbare LED-Lichtbänder im oberen Lattenrost sowie im Dachstaukasten. Durch LED-Schwanenhals-Strahler mit integrierter USB-Steckdose im Aufstelldach finden sich Reisende auch im Dunkeln gut zurecht. Gegen Mehrpreis ist für den Primastar Seaside umfangreiches Zubehör erhältlich, wodurch sich der Campingurlaub noch angenehmer gestalten lässt. Von Außendusch-Set (50 Euro oder Teil eines Pakets) über einen seitlich abklappbaren Fahrradträger für die Anhängerkupplung oder die oben erwähnte Markise (knappe 1.000 Euro) bis hin zu passenden Adapter-Kabeln und Gasflaschen erhalten Kunden beim Nissan Händler alles, was sie für ihren nächsten Ausflug mit dem Primastar Seaside benötigen.
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Motor: Diesel in 2 Leistungsstufen
Für den Vortrieb sorgt ein verbrauchsgünstiger 2,0-Liter-Twin-Turbo-Dieselmotor mit 110 kW (150 PS) oder 125 kW (170 PS). Im Testwagen ist die 170 PS Variante verbaut. Beide Varianten bietet Nissan kombiniert mit einem 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DCT (Option) oder einem manuellem Sechsganggetriebe (Serie) an. Grundsätzlich würde der-Autotester das Automatikgetriebe empfehlen, weil es dem Fahrer das Kuppeln und Schalten abnimmt und trotzdem nicht zu einem höheren Verbrauch führt. Wer jedoch einen Anhänger ziehen möchte, der bekommt beim Schalter eine deutlich höhere maximale Zuglast zur Verfügung.
Um den Mehrpreis des DCT auszugleichen, empfehle ich den völlig ausreichenden 150 PS Motor. Der 170 PS Diesel Motor bleibt auch in warmem Zustand stets als Diesel hörbar. Auf unseren Testfahrten hat er je 100 Kilometer runde 9 Liter konsumiert. Eine Benzin- oder Plug-in-Variante bietet Nissan derzeit nicht an.
Umfangreiche Serien-Ausstattung
Zum Komfort unterwegs tragen eine Klimaanlage, Licht- und Regensensor, Fernlichtassistent, ein Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer, Rückfahrkamera, Totwinkel-Assistent, Notbrems-Assistent, Verkehrszeichen- und Geschwindigkeitserkennung, ein Navigations-System mit Acht-Zoll-Touchscreen und DAB-Radio sowie ein Multifunktions-Lederlenkrad bei. Genauso wie die 2-kW-Standheizung, gehören auch 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, lackierte Stoßfänger und Außenspiegel sowie dunkel getönte Scheiben ab der B-Säule zur Serien-Ausstattung.
Ein großes Plus für diesen Nissan ist seine lange Garantiedauer. Denn für seine leichten Nutzfahrzeuge gewährt Nissan fünf Jahre Herstellergarantie (bis maximal 160.000 Kilometer) auf das Basisfahrzeug und auch für den Camping-Umbau. Das kann im Zweifel sehr viel Geld sparen. Denn je älter das Fahrzeug ist, umso wahrscheinlicher werden auch aufwändig zu behebende Mängel.
Fazit
Wer einen Bus mit Camping-Ausbau sucht, der könnte diesen Nissan mit durchdachten und qualitativ überzeugenden Dethleffs Ausbau auf seine Liste nehmen. Der nervende Dachverriegelungsmechanismus könnte mich allerdings abhalten. Kritisch für den Einsatz im Alltag (Tiefgaragen und auf 2 Meter beschränkte Durchfahrtshöhen) sehe ich auch die Außenhöhe von leicht über 2 Metern. Die durch eine Markise noch mal einige Zentimeter höher wird. Sie führt zudem dazu, dass die erlaubte Höchstgeschwinigkeit schon bei 130 Stundenkilometern endet. Ohne Markise liegt Vmax bei 185 Stundenkilometern. Die maximale Anhängelast liegt gebremst bei 2.440 bzw. 1.630 Kilogramm (je nach Antrieb bzw. Schaltung).
Der Seaside bietet im Segment-Vergleich besonders viel Flexibilität und besonders viel Stauraum, relativ breite Liegeflächen und vieles schon in Serie, was beim Segment-Führer Aufpreis kostet. Dazu kommt die lange Garantiedauer. Die Preise beginnen bei etwa 71.000 Euro. Mit dem 170 PS Motor und Doppelkupplungsgetriebe kommt man bei umfangreicher Serien-Ausstattung auf etwa 71.000 Euro. In unserem Testwagen waren noch weitere Optionen und Pakete verbaut, die seinen Preis auf 73.000 Euro treiben. Da sind wir preislich nicht mehr weit vom Wolfsburger Marktführer weg. Wer den Dethleffs Ausbau mag, der könnte sich auch dort umschauen, denn der 2,10 Meter hohe (also auch nicht unter 2,00 Metern Höhe) Dethleffs Globevan Camp Two wird auf Ford Basis schon ab 57.499 Euro angeboten.
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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