Lausitzring: Rennstrecke wird zum Hightech-Testfeld
Die Rennstrecke Lausitzring nahe Klettwitz in Brandenburg wird zum 1. November des Jahres von der Sachverständigenorganisation Dekra übernommen. Ziel ist es, hier ein Innovationszentrum für die Prüfung der Mobilität der Zukunft entstehen zu lassen. Damit ist der EuroSpeedway Geschichte. Motorsport tritt hier zukünftig in den Hintergrund. Zunächst wird aber der laufende Veranstaltungskalender bis Ende Oktober planmäßig abgearbeitet.
„Die Mobilität wird sich verändern, und als Mobilitätsdienstleister wollen wir ein Prüfnetzwerk aufbauen. Wir wollen in Deutschland investieren. So kamen wir mit den Betreibern des Lausitzrings ins Gespräch und werden hier Gebäude aufstellen, um automatisierte und teilautomatisierte Fahrzeuge zu testen. Wir werden Geisterstädte aufbauen, um Car-to-X-Kommunikation zu testen.“ erklärt Clemens Klinke, verantwortlich für die Business Unit Automotive bei Dekra, die Motivation des Investments.
Auf über 500 Hektar Gesamtfläche wird das größte herstellerunabhängige Testzentrum Europas für automatisiertes und vernetztes Fahren entstehen. Die Nähe zu dem seit fast 15 Jahren betriebenen Dekra Technology Center (DTC) spielte eine wichtige Rolle bei der Entscheidung. Dekra selbst wird keine Motorsport-Veranstaltungen durchführen. Doch den Motorsportfans bleibt die Hoffnung auf weitere packende Szenen, denn wenn es ins Konzept passt, dürfen externe Veranstalter durchaus weiterhin Rennveranstaltungen durchführen. Die Tribünen bleiben jedenfalls stehen, auch weil es ein schöner Sichtschutz für Prototypen ist, wenn die Industrie mit Versuchsträgern anrückt.
Von aktuell 43 Mitarbeitern soll ein Großteil weiter beschäftigt und später soll der Mitarbeiterstamm sogar ausgebaut werden. Der Kaufvertrag wurde am 13. Juli unterschrieben. „In den Aufbau des Testverbundes werden wir im ersten Schritt mehr als 30 Millionen Euro investieren“, so Stefan Kölbl, Vorsitzender des Vorstands Dekra e.V. und Dekra SE. Auf dem Gelände will das Unternehmen der Automobilbranche neben der Infrastruktur auch seine Prüf- und Entwicklungskompetenz für die autonome und vernetzte Mobilität der Zukunft zur Verfügung stellen.
Im Mittelpunkt der Aktivitäten nach der Übernahme wird im Jahr 2018 der Aufbau von Testanlagen für alle Aspekte des automatisierten Fahrens stehen. Dazu gehört auch das Thema Konnektivität, das die Organisation bereits am Standort Malaga vorantreiben will. „Hier können wir in Zukunft sehr komplexe Szenarien höchst flexibel darstellen, sei es innerstädtische, außerstädtische oder Autobahnfahrten“, so Clemens Klinke.
Mit fast drei Milliarden Euro Jahresumsatz und über 39.000 Mitarbeitern in mehr als 50 Ländern ist Dekra auf fünf Kontinenten im Einsatz. Vor 92 Jahren wurde das Unternehmen in Berlin gegründet und startete bereits kurz nach der Wende in den neuen Bundesländern. Vieles spricht jetzt für eine Konzentration am Standort Klettwitz. Die Fahrzeugindustrie kann Testmöglichkeiten gut gebrauchen. Vor Ort waren zum Zeitpunkt der Pressekonferenz AMG und Pirelli bei der Arbeit.
Die Eurospeedway Verwaltungs GmbH nutzte den Ring seit 2009, um internationalen Rennsport zu betreiben. „Neun Jahre lang haben wir gute Arbeit geleistet“, so Josef Meier, geschäftsführender Gesellschafter der EuroSpeedway Verwaltungs GmbH. Der Lausitzring habe rund 600 Arbeitsplätze geschaffen, aber das Wirtschaften sei nicht einfach. Inzwischen stehen auch einige größere Reparaturen bei der Anlage an, die einen zweistelligen Millionenbetrag verzehren würden. Seit Dezember 2016 verhandelte die Gesellschaft daher über eine Übernahme durch Dekra. Jetzt ist es geschafft. mid
Foto: DEKRA
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