Living in a Box: Vier auf Tour mit dem Hymercar Ayers Rock
Mit zwei kleinen Kindern macht man anders Urlaub, als zu zweit. So weit so gut. Wir haben in den letzten Jahren Vieles ausprobiert. Vom Kinderhotel über Pauschalurlaub auf den Kanaren bis hin zu einem Mobile Home auf einem Campingplatz am Mittelmeer. Dort hat uns der Camping Virus erwischt. Warum nicht mal mit einem Reisemobil auf Tour gehen?
In einem Reisemobil soll man bekanntlich Freiheit und einen Hauch Abenteuer spüren. Und weil der Urlaub mit dem Reisemobil offensichtlich immer wieder Thema bei uns war, hat sich unser Sohn zu Weihnachten ein Reisemobil von Playmobil gewünscht. Also soll es in den Sommerferien auf Tour mit einem solchen Camper gehen. Und wir sind mit einem Reisemobil an die französische Atlantikküste gereist. Es sei vorweggenommen, für unsere Kinder ist es sichtlich der schönste Urlaub ever.
Die Entscheidung im Reisemobil auf Tour zu gehen steht
Aber welches Reisemobil soll es sein? Vielleicht sollten wir vorab ein paar Sätze zu unserem Ziel sagen. Von unserer Heimat in Süddeutschland ist die Vendée rund 1.000 Kilometer und grob 10 Stunden Fahrzeit entfernt. Unser Reisemobil sollte sich daher möglichst wie ein PKW fahren lassen. Also musste ein kompaktes Mobil her. Keines von diesen Schiffen, die sich bei einem Ausflug am Reiseziel kaum durch schmale Gassen lenken lassen. Der Komfort sollte dabei jedoch nicht zu kurz kommen.
Auf der Suche nach Komfort in Verbindung mit kompakten Außenmaßen sind wir beim Hymercar Ayers Rock gelandet. Mit einer Länge von 5,41 Meter ist er kompakt und bietet – laut Hersteller – Platz für vier Personen. Und zwar beim Fahren und beim Wohnen. Informationen zum Einbau von Kindersitzen mit „Isofix“ sind auf der Website zwar nicht zu finden, aber wird schon passen.
Anfang August ist es endlich soweit. Der Ayers Rock steht bereit, beladen zu werden. Aber zunächst lassen es sich die Nachbarn nicht nehmen, einen Blick in das edle Mobil zu werfen. Kostet Zeit, muss aber sein. Schließlich wollen während unserer zwei Wochen Urlaub Blumen gegossen und Post ins Haus geholt werden.
Das Schöne am Urlaub in einem gemieteten Camper ist zwar, dass man das Zuhause ständig dabei hat, aber bedeutet auch, man muss die ganzen Utensilien zusammensuchen und im Reisemobil verstauen. So haben wir schon Tage zuvor alles was mit musste, in Kisten gepackt. Klamotten, Schuhe, Koch-Geschirr, Teller, Tassen, Gläser, Besteck. Und natürlich jede Menge Spielzeug. In den Playmobil Caravan unseres Sohns passt das schließlich auch alles rein.
Dieses ambitionierte Ansinnen führt schon vor der Abfahrt zu einer gewissen Ernüchterung. Dabei kommt mir zum ersten Mal der Gedanke, dass der Name „Ayers Rock“ kaum aufgrund der Größe gewählt worden sein kann. Sein Laderaum erweist sich schnell als relativ knapp bemessen. Kommen noch Fahrräder ins Spiel, wird es hart und man sortiert aus, was nicht unbedingt mit muss. Die Kinder jedenfalls müssen mit, darüber gibt es fast keine Diskussion.
Auch wenn Nachbar Daniel die beiden Süßen gern für 2 Wochen adoptiert hätte. Am Ende finden die Kids und sehr viel mehr, Platz im Ayers Rock und in den hochwertigen Staufächern.
Und wie funktioniert das mit den Fahrrädern? Leider ist unser Mobil nicht mit einer Anhängerkupplung versehen. Auf ihr hätten wir unseren Fahrradträger befestigen können. Das Verstauen der Fahrräder im Heck des „Ayers Rock“ ist dank des leicht hochzuklappenden Betts zwar möglich, jedoch nimmt der Transport der Räder ein erhebliches Maß an Stauraum in Anspruch. Das Einladen der Räder gestaltet sich wie „Tetris für Fortgeschrittene“.
Ein Problem ist auch die Befestigung der beiden Kindersitze. Denn leider ist keine Isofix-Arretierung vorhanden. Schlimmer ist jedoch, dass keine zwei Kindersitze nebeneinander auf die Sitzbank passen. Kaum vorstellbar, aber wahr. Wenn man zu viert als Familie mit kleinen Kindern reisen will, ist unverzichtbar. Auch hätten zwei Erwachsene auf der Bank ihre liebe Not. Auf langer Fahrt nebeneinander zu sitzen ist kaum möglich. Für unseren Sechsjährigen kaufen wir noch schnell eine Sitzerhöhung. Nur mit diesem Kniff lassen sich die Kindersitze nebeneinander befestigen. Ein bequemes Reisen für Kinder ist das nicht, weil die Rücklehne der Sitzbank keine Neigung nach hinten hat. Sobald eines der Kinder einschläft, fällt dessen Kopf nach vorne.
Wir lösen das Problem schließlich, in dem wir ein Kind auf den Beifahrersitz setzen und ein Erwachsener hinten Platz nimmt. Der „Hintensitzende“ ist dann nicht selten damit beschäftigt, den nach vorne strebenden Kopf des schlafenden Kinds zu stützen. Sitzen – zu zweit – egal in welcher Konstellation – ist auf dieser Rückbank nur schwer möglich und nur für kürzere Strecken zu empfehlen.
Ich nehme endlich Platz auf dem Fahrersitz und genieße das Trucker-Feeling, das sich durch die höhere Sitzposition auf Anhieb einstellt. Das Navi habe ich längst programmiert und die Spotify-Playlist geht an den Start. Leider macht sich beim Entertainment schnell Ernüchterung breit. Das verbaute System von Zenec ist zwar mit einen Touch-Display, Bluetooth und Navi ausgestattet, aber dessen Handhabung und Funktionalität lassen viele Wünsche unerfüllt. Die Bluetooth-Kopplung klappt zwar mühelos, jedoch schafft es das Gerät nicht – aus welchen Gründen auch immer – meine Spotify-Play-List zuverlässig abzuspielen. Mal funktioniert es, mal nicht. Hier kann ich Hymer nur empfehlen, ein hochwertigeres System einzubauen, denn das Frust-Potenzial ist hier enorm. Wenn ich schon beim Empfehlen bin: Eine Rückfahrkamera sollte Hymer dem „Ayers Rock“ unbedingt spendieren. Mit ihr würde das Rangieren leichter und sicherer.
Das Fahren
Das Fahrerhaus selbst ist fiat-typisch funktional. Will sagen, alles funktioniert, so wie es soll. Die großen Rückspiegel geben gute Rundumsicht. Unser Testwagen ist mit dem 150 PS Diesel versehen, der seine Kraft aus 2,3 Litern Hubraum fördert. Mehr Leistung ist in meinen Augen nicht notwendig, zumal sich der Ducato als drehmomentstark erweist. Neben dem Tempomat wurden im Testwagen keine weiteren Assistenzsysteme verbaut. Auf langen Strecken wäre etwa ein Abstandsregeltempomat von Vorteil. Unser Testverbrauch ist mit 9,8 Litern je 100 Kilometer für die Fahrzeuggröße völlig ok. Die Geräuschkulisse zeigt sich während der Fahrt als noch angenehmen und man hat das Gefühl zügig voranzukommen. Das gilt sowohl auf Landstraßen, als auch auf Autobahnen.
Das Wohnen
Die Sitze des Fahrerhauses lassen sich drehen, so dass – in Kombination mit der dahinter liegenden Sitzecke – hier vier Personen am Tisch sitzen können. Wenn man am Atlantik Urlaub macht, muss auch immer mit einem Regentag rechnen und so haben wir tatsächlich Gelegenheit an der Sitzecke zu viert zu frühstücken, was problemlos machbar und sogar gemütlich ist.
Das Baden
Schon für Normalgewichtige ist im „Badezimmer wenig Raum. Insgesamt geht es in diesem kompakten Reisemobil naturgemäß eng zu. An manchen Stellen ist es einfach zu eng. So konnte ich die Toilettentüren mit meinen 1,87 Meter Körperlänge – sitzend – nicht schließen. So muss der ein oder andere Kompromiss eingegangen werden, weil man die kompakte Bauweise mit all den Vorteilen möchte. Die Kinder finden es toll, dass man die Toilette im Handumdrehen in eine Dusche verwandeln kann. Für Erwachsene ist das Duschen hier jedoch nur im Notfall empfehlenswert. Als praktischer erweist sich ist die Lösung, den Wasserschlauch durch das Fenster nach draußen zu legen. Dort kann der Duschkopf mit einem Saugnapf an der Außenhaut des Mobils befestigt werden. Im Freien zu duschen ist ohnehin schöner. Zudem hat man Zuschauer. Übrigens: Die Nass-Zelle (Badezimmer) kann im Handumdrehen in einen Kleiderschrank verwandelt werden und während der Fahrt als Stauraum dienen.
Das Kochen
Gegenüber dem Bad befindet sich die Kochzeile mit einem zwei-flammigen Kochfeld. Um Spaghetti oder andere kleinere Gerichte zuzubereiten, ist das okay. Die daneben untergebrachte Edelstahlspüle reicht aus, um mal eine Tasse oder einen Teller abzuspülen. Versucht man das mit einer Pfanne oder einem Topf wird schon deutlich mehr Geschick erforderlich. Wir nächtigen überwiegend auf Campingplätzen und nutzen die dort vorhandene Infrastruktur. Der Gasvorrat besteht im Übrigen aus einer 11 kg und einer 5 kg Flasche. Für uns ist der Gas-Vorrat für 2 Wochen mehr als ausreichend. Wir haben das Kochfeld genutzt und in drei Nächten auch die 4.000 Watt starke Heizung, die die eingestellte Temperatur schnell erreicht. Zufrieden sind wir auch mit dem kompressionsbetriebenen Kühlschrank, der ein Gefrierfach beinhaltet. Das Fassungsvolumen von 45 Litern reicht für uns völlig aus. Die Kühlleistung des Schranks ist sowohl im Netzbetrieb als auch während der Fahrt gut ausreichend.
Die Arbeitsfläche der Küche kann durch ein zusätzliches Brett zum Einhängen verlängert werden. Aber auch hier geht es eng zu. Was aber nicht störend ist.
Wir nutzen zum Schneiden und Vorbereiten der Speisen wann immer möglich den Außenbereich. Mit der optional erhältlichen Markise ist dieser auch bestens beschattet. Auf die Markise wollten wir auf keinen Fall verzichten. Sie schützt zum einen vor Sonne, was für uns aber auch wichtig ist, dass sie bei Regentagen verhindert, dass man direkt vor dem Fahrzeug im Matsch steht. Die Markise von Thule lässt sich dabei leicht bedienen und auch der Stoff trocknet schnell wieder, so dass man sie sowohl an Sonnen- und Regentagen einsetzen kann.
Das Schlafen
Kommen wir schließlich zu den Betten. Der Ayers Rock verfügt über vier Schlafplätze. Zwei im Heck des Fahrzeugs und zwei im optional erhältlichen Aufstelldach. Wir haben in den Betten sehr gut geschlafen. Vor allem überzeugt uns das Bett im Heck. Hier liegt man fast wie zu Hause, was an den hochwertigen Tellerrosten liegen mag. Allerdings geht es auch hier beengt zu. Die Liegefläche von 196 x 123 cm ist für zwei Erwachsene etwas zu schmal. Wir teilen uns meistens auf. Jeweils ein Erwachsener mit einem Kind je einem Schlafplatz. Das Bett im Aufstelldach ist deutlich länger, aber nicht breiter. Den besseren Liegekomfort bietet aber eindeutig das untere Bett. Der höhlenartige Raum unter dem Aufstelldach wird von unseren Kindern gern auch als Rückzugsort zu Spielen genutzt. Auf Grund unserer Erfahrungen kann ich sagen, dass vier Erwachsene im Ayers Rock nicht wirklich gut schlafen können. Bequem ist das sicherlich nicht. Gleiches gilt für das Reisen an sich. Zu viert ist es nicht wirklich bequem auf langen Strecken. Daher empfehlen wir eine maximale Personenzahl von drei. Damit lässt es sich dann bequem reisen und schlafen. Am besten passt der „Ayers Rock“ wohl zu urlaubenden Paaren.
Das Fazit
Der Urlaub mit dem Wohnmobil ist absolut unser Sache. Am liebsten würden wir gleich morgen wieder auf Tour gehen. Und der Ayers Rock von Hymer? Aufgrund der hohen Qualität der Möbel und der Bordtechnik (sieht man einmal vom Entertainment-System ab) ist der Gesamteindruck überzeugend. Das Fahrverhalten ist sehr gut, sein Verbrauch im Rahmen. Jedoch würden wir ihn nicht mehr zu viert nutzen, da er dafür einfach zu klein. Man sollte ihn nicht für 4 Personen empfehlen. Auf kurze Reise übers Wochenende in die nähere Umgebung mag das noch möglich sein. Wir werden uns für den nächsten Urlaub einen der großen Brüder des „Ayers Rock“ anschauen. Mit Grand Canyon, Yosemite und Yellowstone bietet Hymer hier jede Menge Vielfalt und Variabilität bis zu 6,36 Länge.
Technische Daten
Hymer Ayers Rock 2019
Chassis | Ayers Rock |
---|---|
Preis € | 48.490,- |
Serien-Fahrgestell | Fiat Ducato |
Basis-Motorisierung | 2,3 Multijet |
Abgasnorm | Euro 6 d temp |
kw (PS) | 88 (120) |
Reifengröße | 215/70 R15 C |
Gesamtlänge ca. cm | 541 |
Gesamtbreite ca. cm | 208 |
Innenbreite ca. cm | 198 |
Gesamthöhe ca. cm | 260 |
Gesamthöhe bei geschlossenem Schlafdach | 270 |
Stehhöhe im Wohnbereich ca. cm | 190 |
Masse in fahrbereitem Zustand ca. kg | 2.725 |
Höchstzuladung ca. kg | 575 |
Technisch zulässige Gesamtmasse kg | 3.300 |
Zulässige Personenzahl | 4 |
Bettenmaß Schlafdach L x B ca. cm | 200 x 135 |
Schlafplätze | 2 |
Flammenkocher | 2 |
Kühlschrankvolumen inkl. Gefrierfach ca. l | 70 |
Frischwasserversorgung ca. l | 100 |
Wasserversorgung ca. l (während der Fahrt) | 20 |
Warmwassertank ca. l | 11 |
Abwassertank ca. l | 100 |
Starterbatterie Ah | 95 |
Aufbaubatterie Ah | 95 / 190 (#O#) / 230 (#O#) |
Steckdosen 12 V | 3 |
Steckdosen 230 V | 5 |
Steckdosen USB | 3 |
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