Honda Civic Limousine im Alltagstest
Seit 1973 gibt es den Civic von Honda bereits. Heute ist er ein wahres Weltauto, denn in mehr als 170 Ländern wird der Japanische Kompaktwagen verkauft. In neun Werken wird dieses Auto gebaut. Seine Bedeutung in Deutschland ist aufgrund relativ geringer Verkaufszahlen dagegen nicht groß.Wir haben die seit 2017 auf dem Markt befindliche Limousine über 14 Tage hinweg im Alltag unter die Lupe genommen. Laut Honda-Pressechef Peter Hofmann macht die Limousine in Deutschland etwa 20 Prozent der Civic Verkäufe aus. Dabei erscheint sie eher als Coupé, denn als klassische Stufenheck-Limousine. Trotz der sportlich nach hinten abfallenden Dachline haben auch die Passagiere in der zweiten Reihe ausreichend Kopffreiheit. Das haben die Honda Ingenieure durch eine besonders niedrige Platzierung der Sitzbank erreicht. Auch der Fußraum vor den Rücksitzen erscheint im Klassenvergleich angenehm. Der Gepäckraum der 4,63 Meter langen Limousine ist zwar groß ( 519 Liter) aber die Ladeöffnung fällt eher schmal aus. Zur Vergrößerung des Gepäckraums können die Sitze der Rückbank getrennt umgeklappt werden, jedoch stört der zur Stabilisierung eingebaute Rahmen im Bereich der Durchreiche das Einschieben von Gegenständen.Die äußere Erscheinung des Civic ist definitiv kein automobiler Mainstream. Ja, sie polarisiert sogar. Unsere Nachbarn hat die Optik der Civic Limousine immer wieder zu abfälligen Bemerkungen veranlasst, die ich hier nicht zitieren möchte. Aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.
Das ungewöhnliche Design des Civic setzt sich auch im Innenraum fort. Vorn fängt das zerklüftet erscheinende Armaturenbrett den Blick. Der schwarz-glänzende Rahmen des 7-Zoll-Mulitmedia-Displays fällt auffallend dünn aus. An die Bedien-Struktur des Navis habe ich mich auch nach 14 Tagen nicht gewöhnen können. Wie in modernen Autos heute üblich, kann das Smartphone (Honda Connect) per AppleCarPlay oder Android Auto ins System integriert werden. Die Höhenverstellung des Lenkrads ist extrem tief angebracht. Die Sitze sind bequem, geben jedoch etwas wenig Seitenhalt. Von der Fahrwerksabstimmung der Civic-Limousine bin ich überrascht, denn sie fällt für ein sportlich positioniertes Kompaktauto eher „amerikanisch“ aus. Mag sein, dass Honda die deutlich größere Zielgruppe dort im Blick und daher auf eine europäische Abstimmung verzichtet hat. Das Raumangebot vor und auf den Rücksitzen ist im Klassenvergleich richtig gut.Unser blauer Testwagen ist mit dem 182 PS (134 kW) leistenden 1,5-Liter-Benziner mit Turbolader-Unterstützung versehen. Dieser Vier-Zylinder bringt im Civic über die 6-Gang-Handschaltung 240 Newtonmeter auf die Straße. Das Schaltgetriebe lässt sich leicht schalten und die Gänge finden wie von selbst ihren Weg. Im Vergleich mit ähnlich motorisierten Kompaktwagen erscheint mir die Dynamik des Vortriebs für einen Motor mit 182 PS etwas verhalten. Es dauert gefühlt einige Sekunden zu lang, bis der Befehl meines Gasfußes in Vortrieb umgewandelt wird. Aber auch das passt wieder zur allgemeinen Abstimmung der Civic Limousine. In 8,2 Sekunden erreicht die Limousine aus dem Stand Tempo 100. Als Höchstgeschwindigkeit haben wir 223 Stundenkilometer (Werksanagabe 220 km/h) notiert. Honda gibt für den kombinierten Normverbrauch der Civic Limousine in dieser Motorisierung mit 5,8 Liter je 100 Kilometer an. Auf unseren Testfahrten, die nicht auf Verbrauchsoptimierung ausgelegt waren, hat sich ein um runde 2 Liter höherer Verbrauch ergeben.Assistenzsysteme sind im Rahmen der Executive-Linie in gutem Umfang mit an Bord. So das „Honda Sensing“, das den Raum vor dem Fahrzeug abtastet und so hilfreiche Informationen, etwa für den Abstandsregeltempomaten (ACC), zur Verfügung stellt. Leider funktioniert das ACC nur bis 30 Stundenkilometer, darunter schaltet sich das System automatisch ab. Im Stauverkehr auf der Autobahn ist das nicht ohne Risiko, denn der Fahrer muss immer darauf gefasst sein, wieder selbst bremsen zu müssen. Der optische und akustische Hinweis darauf fällt in meinen Augen zu schwach aus. Auch die Einhaltung der Spurmitte fällt dem Civic-ACC schwer. In dieser Form ist der Nutzen eines Abstandsregelautomats (ACC), den ich ansonsten wirklich häufig nutze, reduziert. Neben dem ACC sind unter anderem ein Kollisionswarner mit Brems-Assistent, ein Auspark-Assistent und ein Spurhalte-Assistent mit an Bord.Die Preise für die 1.300 Kilogramm wiegende (ohne Fahrer) Civic Limousine beginnen bei 25.520 Euro (Comfort). In der getesteten, umfangreich ausgestatteten, Executive-Variante sind allerdings mindestens 30.620 Euro fällig.
Fazit
Im Unterschied zum 5-Türer erscheint diese Limousine weniger sportlich, wohl, um die Ansprüche dieser speziellen Zielgruppe besser zu treffen. Mit seinem polarisierenden Design ist es ein Auto für Individualisten, die sich aus der Masse der Kompaktwagenbesitzer abheben möchten. Mit der Bedienung des Civic bin ich nicht glücklich geworden. Aber auch hier gilt wohl, wer das Außergewöhnliche liebt, kann bei diesem Japaner gut aufgehoben sein.
Technische Daten
Honda Civic 1.5 VTEC Turbo Sport Plus
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,52 x 1,80 (mit Rückspiegel 2,08) x 1,43
Radstand (m): 2,70
Motor: R4-Benziner, 1498 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 134 / 182 PS bei 5500–6000 U/min
Max. Drehmoment: 220 Nm von 1700–5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,2 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 5,8 Liter
CO2-Emissionen: 133 g/km
Effizienzklasse: C (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: 1307 kg / 453 kg
Max. Anhängelast: k.A.
Gepäckraumvolumen: 420–1187 Liter
Bereifung: 235/45 R17
Wendekreis: 11,0 m
Preis: 30.620 Euro
Fotos: Honda (7) und Der-Autotester.de (18)
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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