DTM: Ist der Überlebenskünstler am Ende?
Hans-Joachim Stuck hat im Motorsport schon eine Menge erlebt. Der 69-Jährige war Formel-1-Star, DTM-Champion und lange Jahre Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes. Der Mann weiß, was Krisen sind, auch in der DTM. Die Tourenwagenserie ist dem Tod schon mehrfach von der Schippe gesprungen. Ein Überlebenskünstler, der jetzt allerdings offenbar am Ende ist.
Der für 2021 angekündigte Ausstieg von Audi hat Stuck geschockt. „Jetzt müssen wir schauen, was 2020 noch geht. Und dann muss man in Ruhe überlegen, was man mit der Zukunft macht. Man kann jetzt noch keine Richtung festlegen“, sagte Stuck dem Motor-Informations-Dienst. Er appelliert, trotz des Schocks Ruhe zu bewahren. „Wir haben durch Corona ganz neue Probleme, die auf uns zukommen, in der Automobilindustrie, aber auch im Sport. Das sind Dinge, die man nicht innerhalb von zwei Tagen lösen kann, Hauruck-Aktionen bringen nichts.“
DTM-Chef Gerhard Berger hat denn auch angekündigt, dass es eine Weile dauern werde, ehe Lösungen präsentiert werden können. An einen Rücktritt denkt der Österreicher, der seit 2017 im Amt ist und in der Zeit drei Ausstiege (Mercedes, Aston Martin, Audi) hinnehmen musste, noch nicht. „Momentan stellt sich diese Frage für mich nicht“, sagte er der dpa: „Es gibt immer Hürden, das ist das Leben. Und wie groß die momentane Hürde sein wird, werden wir jetzt gemeinsam mit den Partnern klären.“ Ein Partner, der aktuell letzte und wichtigste, ist BMW.
Was machen die Münchner jetzt? Gegen sich selbst fahren ist natürlich keine Option.
BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich ist sauer, und daraus macht er im Interview in der Süddeutschen Zeitung auch gar keinen Hehl. Im Gegenteil. Ihn habe das Aus überrascht und enttäuscht, sagte er. Wie Berger ärgert ihn vor allem der Stil, denn eine Unterredung fand vorher offenbar nicht statt. „Und ich finde es nicht nur erstaunlich, sondern auch unsportlich, auszusteigen und mit uns als zweitem Partner davor nicht zu sprechen. Das hat mich wirklich umgehauen, das gibt’s einfach nicht!“, schimpfte Fröhlich: „Egal wie man sich entschieden hat – das kann ein Unternehmen machen, wie es will -, bei der Lage der DTM kommuniziert man im Sinne von Fairness und Sportlichkeit anders und macht das nicht so“, sagte Fröhlich.
Gemeinsam mit Berger wird nun analysiert, wie es weitergehen kann. „Wir haben sprichwörtlich keine Chance, jetzt schauen wir mal, ob wir sie nutzen können», sagte Fröhlich. Klar ist immerhin: BMW steht zur DTM, steht generell zu dem Konzept. „Ich glaube, dass die Serie nach wie vor einen hohen Reiz und eine Zukunftsperspektive hat.“
Das Problem ist der Zeitpunkt, denn wo für Audi die Coronakrise die Triebfeder für den Ausstieg war, ist sie für andere der Grund, gar nicht erst einzusteigen. Die Investitionsbereitschaft ist generell geringer, nun kommt auch noch die Pandemie hinzu. Unternehmen gehen deshalb an variable Kosten ran, und die finden sie im Motorsport.
Denn klar: Budgets in zweistelliger Millionenhöhe sind so mit einem Handgriff eingespart, Audi steckte zum Beispiel rund 50 Millionen Euro pro Jahr in das DTM-Engagement. Heißt: „Kurzfristig hat der bisherige Ansatz der DTM ein Problem, und wir müssen vielleicht querdenken. Es wird sicher erst mal eine Nachdenkpause und vielleicht eine Unterbrechung geben – aber die DTM hat in ihrer Geschichte ja schon einmal ausgesetzt und ist zurückgekommen.“ mid
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