Diesel-Nachfrage in Deutschland ungebrochen
Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, hat im Rahmen der Halbjahres-Pressekonferenz für Vertrauen in den Dieselmotor geworben. Dieser habe dank der serienmäßigen Ausstattung mit modernem Filter schon seit etlichen Jahren kein Partikelproblem mehr. Zudem reduziere ein moderner Euro-6-Diesel den Stickoxid-Ausstoß gegenüber seinen Vorgängern sowohl im Grenzwert als auch auf der Straße um etwa zwei Drittel und erfüllt damit die anspruchsvollsten Schadstoffgrenzwerte, sagte er. So sehen es offensichtlich auch die Autofahrer: Im ersten Halbjahr 2016 wurden in Deutschland 812 000 Diesel-Pkw neu zugelassen. Nie zuvor wurden in den ersten sechs Monaten eines Jahres in Deutschland mehr Selbstzünder verkauft.
Die vergangenen Monate seien für die deutsche Automobilindustrie dennoch alles andere als einfach gewesen, so der VDA-Präsident. „Damit in Zukunft Klarheit herrscht, werden die gesetzlich vorgeschriebenen Typprüfbedingungen nun genauer definiert. Im Labor und auf der Straße. Das ist richtig und notwendig. Zu große Spielräume müssen geschlossen werden“, betonte Wissmann.
Die Automobilindustrie will mit Hilfe von neuen Labortests nach WLTP statt NEFZ die Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Zudem unterstützt der VDA den geplanten Straßentest RDE (Real Driving Emissions) unterstützt. Auch eine Reform des Typgenehmigungsverfahrens wird von den Herstellern befürwortet. Sie bieten an, ihre Softwarekonzepte für die Abgasnachbehandlung den Genehmigungsbehörden zugänglich zu machen.
Mittel- bis langfristig liege die Zukunft in alternativen Antrieben und Kraftstoffen. Dazu gehört der Plug-in-Hybrid, dazu gehörten nach wie vor aber auch Benziner und Diesel. Und natürlich müssten realistische Zeiträume ins Auge zu gefasst werden. Wenn heute – politisch motiviert – das „Ende des Verbrennungsmotors“ im Jahr 2030 gefordert werde, dann sei das weder klimapolitisch, industriepolitisch noch sozialpolitisch sinnvoll, erklärte Wissmann. „Das geht auf keinen Fall, und das geht in keinem Industrieland der Welt. Selbst Unternehmen, die sich sehr ambitionierte Ziele zur Elektromobilität setzen, gehen davon aus, dass im Jahr 2030 noch zwei Drittel der Neuwagen mit Verbrennungs- oder Hybridmotoren fahren werden.“
Der Pkw-Weltmarkt hat sich nach Verbandsangaben im bisherigen Jahresverlauf gut entwickelt. Der Pkw-Absatz in China hat in den ersten fünf Monaten um zehn Prozent auf 8,9 Millionen Einheiten zugelegt. Der Light-Vehicle-Absatz (Pkw, Vans und Pick-ups) in den USA ist bis Juni um gut ein Prozent auf 8,6 Millionen Einheiten gestiegen. In Westeuropa stieg der Neuwagenabsatz in den ersten fünf Monaten um neun Prozent auf 6,1 Millionen Fahrzeuge. Alle großen Märkte sind im Plus; Frankreich, Italien und Spanien sogar jeweils mit zweistelligen Wachstumsraten. In den neuen EU-Ländern war die Nachfrage bis Mai ebenfalls sehr lebhaft (+17 %).
Für Westeuropa erwartet der VDA auf das Gesamtjahr gerechnet ein Absatzplus von fünf Prozent auf 13,8 Millionen Pkw. Auf dem US-Markt geht der Verband von einem Wachstum auf 17,5 Millionen Light Vehicles aus. Für den chinesischen Pkw-Markt wird von einem Zuwachs von acht Prozent auf knapp 21,7 Millionen Einheiten ausgegangen. Weiterhin schwach entwickelten sich in den ersten Monaten hingegen Russland (-5 %) und Brasilien (-15 %) sowie Japan (-2 %). Insgesamt dürfte der Pkw-Weltmarkt damit im Jahr 2016 um drei Prozent wachsen und erstmals die 80-Millionen-Marke (80,6 Mio.) überschreiten.
Da der Marktanteil der deutschen Konzernmarken in Westeuropa und in den neuen EU-Ländern jeweils bei etwa 50 Prozent liegt, wirkt sich die Erholung positiv auf die deutschen Hersteller und Zulieferer aus. Bereits Anfang Mai wurde die Jahresprognose auf 3,3 Millionen Neuzulassungen (+3 %) in Deutschland angehoben. Im ersten Halbjahr stiegen die Pkw-Neuzulassungen hier um sieben Prozent auf gut 1,73 Millionen Einheiten.
Die Pkw-Inlandsproduktion stieg im 1. Halbjahr um vier Prozent auf gut drei Millionen Einheiten. Für das Gesamtjahr wird ein Produktionsvolumen von 5,8 Millionen Einheiten (+1 %) erwartet. Während die Ausfuhr in die EU wächst, sind die Exporte nach China auf Vorjahresniveau. Die Ausfuhren in die USA waren in den ersten fünf Monaten rückläufig. Der Export erhöhte sich im 1. Halbjahr leicht um zwei Prozent auf 2,3 Millionen Einheiten. Für das Gesamtjahr 2016 wird erwartet, dass die Ausfuhr mit 4,4 Millionen Einheiten stabil bleiben wird.
Die Auslandsproduktion war in den ersten fünf Monaten mit gut 4,1 Millionen Pkw stabil. Für das
Gesamtjahr wird ein leichter Anstieg um drei Prozent auf 9,7 Millionen Pkw erwartet.
Die Zahl der in der deutschen Automobilindustrie Beschäftigten (Stammbelegschaften) stieg auf 801 100 direkte Mitarbeiter in den Stammbelegschaften. Dies sind 15 600 mehr Beschäftigte als vor einem Jahr.
Der Absatz der schweren Nutzfahrzeuge (über 6 Tonnen) ist in den ersten fünf Monaten in Westeuropa um 16 Prozent gestiegen. Alle Märkte in Westeuropa sind im Plus. Der deutsche Markt lag im ersten Halbjahr bei 44 350 Einheiten (+8%). In Deutschland konnten zudem in den ersten sechs Monaten 129 500 Transporter (+11 %) abgesetzt werden.
Einen besonderen Blick warf matthias Wissmann nach dem Brexit-Referendum auf Großbritannien. zur derzeitigen Lage auf dem Automobilmarkt Stellung informiert. Nach dem Votum der Briten gegen die EU müsse gleichzeitig vermieden werden, dass sich weitere EU-Mitgliedsstaaten zu ähnlichen Initiativen ermutigt fühlen könnten. Die Frage der EU-Mitgliedschaft eigne sich nicht für innenpolitische Konflikte, so Wissmann.
Andererseits sollte sich die EU auf die Themen konzentrieren, die einzelne Mitgliedsstaaten nicht allein bewältigen können. Damit würde auch Brüssel aus dem Votum die richtigen Schlüsse ziehen. Das gemeinsame Europa muss für seine Mitglieder attraktiver werden. Wir brauchen „better regulation“. Und wir brauchen eine angemessene Aufgaben- und Lastenverteilung in der EU, keine weitere „Vertiefung“.
Die deutschen Konzernmarken haben dort im vergangenen Jahr 1,3 Millionen (+50 %) Neuwagen verkauft. Zudem stehtdas Vereinigte Königreich UK auf Platz 1 beim Export-Ranking mit 810 000 ausgeführten Neuwagen aus deutscher Fertigung im Jahr 2015. Andersherum gingen von den knapp 1,6 Millionen Pkw, die 2015 in Großbritannien gefertigt wurden, gut 1,2 Millionen Einheiten in den Export. Die anderen EU-Länder sind dabei Hauptabnehmer.
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