BMW M2 Coupé – Männertraum und Schwiegermutter-Schreck
Vier lange Jahre mussten die Fans bayrischer Motorsportkunst in der Kompaktklasse auf den Nachfolger des 2011 erschienen 1er M Coupés warten. Der durfte damals aus Achtung vor dem legendären Renn-Tourenwagen BMW M1 noch nicht „M1“ genannt werden. Nun kommt das M2 Coupé im April 2016 auf den Markt, ist in der Nomenklatur klar eingeordnet und soll die Konkurrenz um Audi RS3, Mercedes A45 oder Ford Focus RS vom Thron stoßen. Der Auftritt des kleinen PS-Monsters an Aggressivität, Energie, Fahrspass und Testosteronförderung kaum zu überbieten. Das feiern die Fans der in Garching angesiedelten M-GmbH genauso, wie den 370 PS starken 6-Zylinder Turbo Motor und das traditionelle Heckantriebskonzept.
So sieht er also aus, der in Blech gepresste Männer-Traum. Breite Lufteinlässe in der mächtigen Frontschürze, tiefer und breiter Stand, markante LED-Leuchten mit aggressivem Blick, zweifacher Doppelrohrauspuff, ausatmende Luftschlitze hinten, zurückaltender Heckspoiler und eine Coupe-Linie zum Dahinschmelzen. Seinen breiten Stand hat der M2 übrigens den wesentlich breiteren Aluminium Achsen aus M3/M4 und den 19-Zoll großen Aluminium Schlappen mit Michelin Sportbereifung zu verdanken.
M-Fans werden dieses fast schon überspitzte Design lieben. Otto-Normalos werden könnten sich an dem machohaften und Testosteron-geladenen Auftritt stören. Aber wen interessieren schon Normalos. Normalos haben dafür keinen Sinn. Das „M“ im neuen M2 steht wohl für die verwegene Kombination von Macho, Männertraum, Mann, Maschine und Motorsport zusammen. Kompromisse haben hier wenig verloren. Und genau deshalb
habe ich mich in den M2 verliebt.
Im Inneren des Rennzwergs begrüßen uns Leder-Sportsitze mit kontrastfarbenen Ziernähten, offenporige Carbon-Elemente, ein M-Lederlenkrad, Einstiegsleisten mit M Schriftzug, und zahlreiche weitere M-Logos. Im auf dem Fahrer zugeschnittenen Innenraumkonzept wurde Gewicht eingespart und die Funktionalität erhöht. Mit Innovativen Apps, wie der „Go-Pro“ App, kann der Fahrer sein Können filmen. Mit der „M-Laptimer“ App spielend leicht eigene Rundenzeiten messen.
Doch genug der warmen Worte über optische Feinheiten. Am Ende zählt, was unter der Haube steckt. Und das braucht sich wahrlich nicht zu verstecken. Der 370 PS leistende Reihen 6-Zylinder TwinPower Turbo Motor ist nicht von schlechten Eltern. Denn seine Basis entstammt dem 3.0 Liter Turbo Motor, der aus dem M235i bekannt ist. Gepimpt wurde dieser Motor mit Kurbellwellenhauptlagerschahlen, Kolben, und Zündkerzen aus dem größeren Bi-Turbo Motor des M3/M4.
Eine modifizierter Ölwanne, ein extra Ölkühler fürs optionale Doppelkupplungsgetriebe, ein extra Wasserkühler, und eine elektronische Klappenauspuffanlage verleihen dem Motor die zusätzliche Portion Super-Power. 456 Newtonmeter liegen an, sogar bis zu 500 Newtonmeter im Overboost. Er katapultiert das neue M2 Coupé in 4,3 Sekunden auf Tempo 100. Bei 250 kmh wird der Kompaktsportler, wie bereits erwähnt, elektronisch abgeriegelt. Nach einem aufpreispflichtigen Tuning aus Garching erreicht der kleine Teufel stolze 270 Stundenkilometer Endgeschwindigkeit.
Den Norm-Verbrauch mit Doppelkupplung gibt BMW mit 7,9 Litern an. Damit wäre der M2 fast schon ein alltagstaugliches Auto, würde man diesen Wert wirklich erreichen können. In der Realität spuckt der Boardcomputer bei unvermeidbar sportlicher Fahrweise einen durchschnittlichen Verbrauch von 9,6 Liter aus. Noch immer ok für solchen Fahrspaß, wie ich finde. Untermalt wird das Beschleunigungs-Spektakel von einem kernig röhrendem Sound-Orchester. Gashiebe gestützt von leicht blechern klingendem Sound und den wundervollen Lauten des Zwischengases.
Manchmal blitzt jedoch die elektronische Abgasanlage hervor. Sie unterstützt mit knallenden und brodelnden Geräuschen und lassen den Sound voller wirken, imitieren beim Runterschalten Fehlzündungen. Die Kraftübertragung an die Hinter-Achse erfolgt über ein manuelles 6-Gang Schaltgetriebe oder ein bärenstarkes 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe. Während die Konkurrenz hier auf Allrad-Konzepte baut, bleibt man in München und Garching dem Heckantrieb treu.
Der M2 besitzt weitere Elemente, die aus M3 und M4 bekannt sind. Die M Compound Bremsen, die M Servotronic, das M spezifische Leichtbau Fahrwerk aus Aluminium, das aktive M Differential sind nur einige der Festures, die dem M2 Rennsport-Gene einhauchen. Das sorgt dafür, dass der M2, egal ob im Sport oder Komfort-Modus, eher hart gefedert ist. Er liegt dabei so beeindruckend gut und ausbalanciert auf der Landstraße wie auf der Rennstrecke. Und das trotz oder gerade wegen seines relativ hohen Gesamtgewichts von 1.600 Kilogramm. Der Punch aus dem Motor wirkt so brachial auf die Hinterachse, dass man sich in einem höher motorisierten Auto wähnt. So kann man beim Beschleunigen aus dem Stand im „Burnout-Modus“ das Qualmen der durchdrehenden Reifen förmlich riechen und sehen. Dabei sollte man mit dem Gas vorsichtig umzugehen wissen.
Zwar ist die Lenkung ähnlich direkt und präzise wie bei einem Fronttriebler, doch rutscht das Heck des M2 nur schwerlich zur Seite. Denn das elektronisch gesteuerte Differential sperrt bei sehr schnell angefahrenen Kurven bis zu hundert Prozent Antrieb pro Rad und sorgt am Kurvenausgang für mechanischen Grip. Die elektronische Stabilitäts-Kontrolle lässt den M2 also trotz Heckantrieb auf dem Asphalt kleben. Meistens zumindest! Das schöne daran ist, dass sie selbst im „Sport-Plus“ Modus leichtes Quer-Fahren zulässt. Um wirklich Driften zu können, sollte man aber ein geübter Fahrer sein. Und nicht jeder sollte die elektronischen Stabilitäts-Helferlein ausschalten. Und sollte die Schwiegermutter doch mal mit an Board sein, lassen Sie die DSC eingeschaltet. Schalten Sie den Fahrerlebnis-Schalter auf Komfort, drehen Sie die Musik etwas lauter, jedoch nicht zu laut, und warten Sie auf bessere Zeiten.
Die alte Formel bleibt also bestehen: Motor vorne und Antrieb hinten sorgt für grenzenlosen Fahrspass. Die 6-Gang Handschaltung ist präzise und überzeugt durch kurze Schaltwege. Doch richtig angetan bin ich von dem Doppelkupplungsgetriebe (3.900 Euro). Es lässt sich zusätzlich über Schaltwippen am dick-griffigen Lenkrad steuern, und findet selbst wenn man sich mal verschaltet haben sollte, direkt wieder den richtigen Gang. Das ist genauso beeindruckend, wie die extrem griffigen und wohl dosierbaren Bremsen, die auch nach der x-Ten Runde auf der Rennstrecke solide ihren Dienst verrichten. Oder der sehr berechenbare Heckantrieb, der leichtes Eindrehen via sanfter Gasschübe zulässt. Für die Nordschleife auf dem Nürburgring werden 7.58 Minuten angesetzt, doch man munkelt, dass das auch noch 6-7 Sekunden schneller geht.
Fazit:
Der BMW M2 ist ein echter Männertraum. Klar viel Platz auf den Rücksitzen darf man nicht erwarten und ihre Schwiegermutter sollten Sie auf dem Beifahrersitz auch nicht (täglich) befördern wollen. Dafür bietet der M2 unnachahmlichen Fahrspass mit Heckantrieb, Power ohne Ende, eine einzigartig breite Optik und Technik aus den größeren Brüdern M3 und M4. Der M2 beginnt ist mit 56.700 Euro fast 17.000 teurer als ein M235i. Klingt viel. Allerdings muss man bedenken, dass dann schon Klimaautomatik, Einparkhilfe, Ledersitze und das große Navigationssystem mit an Board ist. Zum Vergleich: Der Ford Focus RS kostet mindestens 40.000 Euro, Mercedes AMG A45 51.051 und Audi RS 3 mindestens 52.700 Euro.
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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