Opel Zafira Life – Der wahre Familien-Van
Kann der Opel Zafira Life dem VW Bus an den Karren fahren?
Schon im Juni des laufenden Jahres haben wir den Zafira Life nach einer Ein-Tages-Testfahrt vorgestellt. Und wir waren durchaus angetan davon, was Opel auf der PSA-Basis (Peugeot, Citroen) hier auf die Räder gestellt hat. Aber was ist schon ein Tag? Wer wirklich etwas über die Qualität eines Autos in der Praxis sagen möchte, muss es länger fahren. Also haben wir nun den Zafira Life in der Länge M mit Innovation Ausstattung und dem 150-PS-Diesel über 14 Tage hinweg im Alltag getestet.
Der Zafira Life bewegt sich in einem Segment mit starken Zuwächsen. Die weiter signifikant steigenden Absatzzahlen sogenannter Großraum-Limousinen mit ihren Derivaten sind ein Beleg dafür. Dagegen ist der Boom kompakter Vans vorbei. Das gilt auch für den Opel Zafira – jedenfalls so, wie man ihn bisher kannte. Denn wer wirklich viel mobilen Raum möchte, der greift auf die wahren Vans zurück, die im Volksmund „Bus“ genannt werden. Der „VW Bus“ ist längst zum Gattungsbegriff für diese Art von Autos geworden.
VW Nutzfahrzeuge verkauft Unmengen der familien- und business-freundlichen Kleinbusse, nimmt viel Geld für sie und freut sich über fette Margen. Selbstredend ruft eine solche Situation Wettbewerber auf den Markt, die sich mit ambitionierten Produkten ein möglichst fettes Stück vom attraktiven Kuchen abschneiden wollen. So auch Opel. Und seit Opel Teil des PSA Konzerns ist, ist es für die Strategen in Rüsselsheim kostengünstiger, sich an dieser Party zu beteiligen. Man greift einfach auf die vorhandene Plattform zu, auf der bisher schon Peugeot Traveller und Citroen Spacetourer fußen. Auch Toyota bedient sich mit dem Proace Verso hier. Opel versieht die PSA-Basis nun ein Stück weit mit typischen Opel-Genen, bleibt aber in Teilen auch bei der PSA-Basis, so etwa beim Lenkrad, bei den Sitzen oder beim Kommunikationssystem.
Wer denkt, ein solcher Bus ist in der Stadt nicht so leicht zu bewegen, der irrt. Denn die Grundfläche, die ein solcher Bus einnimmt, ist nicht größer, als der eines Insignia, Mondeo oder Passat. Mit seinem Wendekreis von 11,30 Meter kommt man auch in der Stadt gut zurecht. Bei schneller Kurvenfahrt halten sich die Wank-Bewegungen im 1,90 Meter hohen Opel Bus in Grenzen, aber das Fahrwerk gibt Straßenunebenheiten deutlich spürbar an die Insassen weiter. Mit der Höhe von 1,90 Meter kommt man in praktisch jedes Parkhaus. In den Zafira Life steigt man – wie in ein SUV – durch die höhere Sitzposition behände und rückenschonend ein. Man nimmt auf bequemen Sitzen Platz und hat ein Armaturenbrett vor sich, das mit modernen PKWs mithalten kann.
Im Unterschied zu Mittelklasse-Kombis sitzt man also bequemer und bekommt deutlich mehr Raum für Gepäck und Personen. Bis zu 9 Passagiere können im Zafira Life von A nach B gebracht werden. Und bis zu 6 Kindersitze lassen sich – allesamt mit Iso-fix-Befestigungen – auf den Sitzen platzieren. Ob Erwachsene oder Kinder, hier fühlt sich keiner eingesperrt. Die großen Fensterflächen tun ein Übrigens. Wer möchte – und ich würde das empfehlen – kann (wie im Testwagen verbaut) ein Panorama-Dach ordern, das den Zafira Life Innenraum noch heller und damit wohnlicher macht.
Bei gleicher Höhe und Breite bietet Opel – wir haben im Juni schon davon berichtet – drei verschiedene Längen an: 4,60 Meter (S), 4,95 Meter (M) und 5,30 (L) Meter. Unser Testwagen ist das M-Modell. Ob als Familien-Bus oder Vip-Shutlle, der Nutzer kann entscheiden, wieviel Fußraum er im Fonds anbieten möchte und wieviel Gepäckraum er braucht. Die 48 Zentimeter breiten Sitze der zweiten und dritten Reihe lassen sich auf den im Fahrzeugboden eingelassenen Schienen übrigens leicht verschieben und einzeln aus- und einbauen. Wobei das Gewicht der einzelnen Sitze von geschätzten 30 Kilo wohl nicht für jedermann zu stemmen ist. Das Umklappen und Verschieben der Sitze geht vergleichsweise leicht von der Hand. Güter bis zu einer beachtlichen Länge von 3,50 Meter lassen sich hier verstauen. Wer eine große Fläche braucht, etwa um eine neue Tischplatte zu transportieren, klappt einfach die Lehnen um und schiebt den Tisch über die große, breite und trotzdem leichte Heckklappe in den Schlund des Zafira.
Serienmäßig gibt es übrigens zwei große Schiebetüren links und rechts, die gegen Mehrpreis (wie im Testwagen verbaut) elektrisch öffnen und schließen. Egal wo man anhält oder parkt, die Passagiere können mühelos per Knopfdruck und vom Verkehr abgewendet ein- und aussteigen. Die schwere Heckklappe muss zum Glück nicht immer geöffnet werden, denn die leichte Glasscheibe im Heck lässt sich auf Knopfdruck separat öffnen. So können kleine Utensilien hier leicht ein- und ausgeladen werden. Ein klarer Vorteil gegenüber dem Marktführer.
Bis zu 4.500 Liter Gepäck lassen sich im Zafira Life unter bringen. In den Türen finden große PET-Flaschen mühelos ihren Platz. Etwas knapp bemessen ist das Ablage Fach in der Mitte des Armaturenbretts. Ein Fach für induktives Laden von Smartphones ist leider nicht verfügbar. Keine gute Lösung ist in meinen Augen die Lage der beiden Cup-Holder. Sie gibt es nur in Form von zwei runden Löchern links und rechts oben auf dem Armaturenbrett, wo sie meinen Blick auf den Verkehr immer wieder gestört haben. Man stellt sich die „Sauerei“ lieber nicht vor, wenn hier da mal was verschüttet wird. Es gäbe besser Plätze für die Cup-Holder.
Etliche moderne Features für Sicherheit und Komfort sind für den Zafira Life verfügbar. Moderne Fahrerassistenz- und Infotainment-Systeme können – meist gegen Mehrpreis – bestellt werden. So ein farbiges Head-up-Display, Müdigkeitserkennung, Front-Kollisions-Warner, Automatische Gefahrenbremsung. Verkehrszeichenerkennung sowie ein kamera- und radarbasierter Geschwindigkeitsassistent. Im Testwagen war leider nur ein Notbrems-Assistent verbaut, der bei Geschwindigkeit bis zu 85 Stundenkilometern eine Notbremsung einleiten kann. Ich empfehle hier unbedingt den kamera- und radarbasierten Geschwindigkeitsassistenten, denn nur er hält eine vorgegebene Geschwindigkeit, bremst automatisch ab und nimmt ebenso die eingestellt Geschwindigkeit wieder auf. Apple CarPlay und Android Auto stehen für leichte die Einbindung von Smartphones per Kabel bereit. Das Kommunikationssystem (nicht von Opel, sondern aus dem PSA-Baukasten) stellt seine Infos auf einem kleinen 7-Zoll-Display bereit. An der Rückseite des Beifahrersitzes können die Passagiere auf eine haushaltsübliche 220 Volt-Steckdose zugreifen. Damit kann beispielsweise das Notebook aufgeladen oder der Baby-Brei aufgewärmt werden. Eine 2-Zonen-Klima-Anlage sorgt dafür, dass auch im Passagierraum frische Luft zur Verfügung steht.
Zur modernen Technik kommt ein Optik, mit der man sich sehen lassen kann. Mir gefallen die Proportionen dieser Großraum-Limousine mit ihren kurzen Überhängen. Eine dunkle Farbe steht dem Zafira Life in meinen Augen besonders gut.
Unser Testwagen trägt die kaufpreisfreie Farbe Uni-Weiß. Mit den getönten Scheiben unseres Testwagens versehen und der dunklen Heckscheibe sieht der Zafira Life aber auch gut aus.
Aktuell ausschließlich mit Diesel-Aggregaten
Aktuell stehen für diesen Raum-Opel ausschließlich Dieselantriebe bereit. Eine 1,5 Liter Maschine in den Leistungsstufen 102 und 120 PS. Dann ein 2-Liter-Turbo-Diesel, den es in einer 120 PS Variante, mit 150 und mit 177 PS gibt. Unser Testwagen war mit dem 2-Liter Turbo-Diesel in der Leistungsstufe 150 PS und einem 6-Gang-Hanschaltgetriebe versehen. Dieses Getriebe hat es mir nicht angetan. Zu schwer lässt es sich schalten, immer wieder ist der Motor beim Anfahren abgestorben. Ds war nervig. Ich empfehle hier den Aufpreis für das Automatik-Getriebe in Kauf zu nehmen. Schalten ist ohne hin ein Relikt automobiler Vergangenheit. Die Kraft des 150-PS-Diesels passt gut zum Gewicht des Zafira Life. Mit ihm kann man durchaus dynamisch unterwegs sein. Während der 14 Tage währenden Testphase haben wir 7,8 Liter auf 100 Kilometer als Testverbrauch notiert. Ein guter Wert für ein so großes schweres Fahrzeug.
Fazit
Ich habe mich im Opel Zafira Life wohl gefühlt. Seine gute Rundumsicht hilft nicht zuletzt im Stadtverkehr. Denn man sitzt ähnlich hoch, wie in einem SUV. Weniger Freude hatte ich mit dem hakeligen Getriebe, das die Gänge nur schwer finden möchte, daher würde ich hier das Automatikgetriebe vorziehen – auch wenn es einen Aufpreis kostet. Die Bedienung des Zafira Life erschließt sich leicht. Tasten und Schalter sind in einer übersichtlichen Struktur angebracht. Ich bin jedoch kein Fan des im Testwagen verbauten Kommunikationssystems. Zum Glück funktioniert AppleCarPlay – leider noch per Kabel – gut. Da kann man auf ein internes Navi getrost verzichten. Das Fahrverhalten dieser Großraum-Limousine ist zwar gutmütig, aber Straßenunebenheiten werden leider deutlich spürbar an die Insassen weitergeleitet. Bisweilen poltert das unangenehm. Das große Plus des neuen Zafira Life ist zweifellos seine mobile Flexibilität. Ob bis zu 9 Kinder zum Sport bringen oder das neue IKEA Regal transportieren. Dieser Bus packt das. Die Verarbeitung der verwendeten Materialien ist gut. Insbesondere das Armaturenbrett zeigt sich auf PKW-Niveau. Bleibt abzuwarten, wie sich die Restwerte für diesen neuen Volksbus von Opel entwickeln werden. Orientieren kann man sich ein Stück weit an den Konzern-Brüdern. Unser oben beschriebener Testwagen kostet durch die Innovation-Linie, den stärkeren Motor und einige Zusatz-Ausstattungen, satte 53.000 Euro. Ein Betrag, für den eine Familie mit Durchschnittseinkommen lange sparen muss. Bleibt die Frage – VW Bus oder PSA-Bus? Dieses Frage ist Nichte einfach zu beantworten. Ich würde als geneigter Käufer jedenfalls beide probefahren.
Technische Daten: Opel Zafira Life
Motorisierung: 1,5 l 4-Zylinder Diesel oder 2,0 l 4-Zylinder Diesel
Abmessungen: 4.606-5,300 mm L x 1.920 mm B x 1.890-1.905 mm H
Motorleistung: 102 bis 177 PS
Beschleunigung 0-100 km/h: 10,4 bis 17,1 Sekunden
Anhängelast: 1.800 bis 2.300 kg
Ladevolumen: 3.600 bis 4.200 Liter inklusive Sitzbereich
Benzinverbrauch: 4,8 – 5,4 l/100km kombiniert (5,2 – 6,2 Stadtverkehr, 4,6-5 Autobahn)
Preis: ab 34.660 Euro
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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