Die „E-Clutch“ von Schaeffler – Der Handschalter ist tot! Es lebe der Handschalter!
Schaeffler widmet sich dem Thema der Modernisierung des Handschalters. „E-Clutch“ heißt die nun vorgestellte Innovation. Bei diesem System wird die Kupplung und nicht das Getriebe elektrifiziert. Diese elektrifizierte Kupplung soll das Fahrers eines Autos mit manuellem Schaltgetriebes deutlich erleichtern. Die „E-Clutch“ soll zudem demonstrieren, dass das Potential der mechanischen, wie auch der hydraulischen Kupplung bei noch nicht ausgeschöpft ist. Selbst der CO2-Ausstoß soll durch die „E-Clutch“ reduziert werden können, bekanntlich ein Ziel, dem alle Hersteller hinterher jagen. Schaeffler möchte mit der „E-Clutch“ zudem den Weg des Handschaltgetriebes in Hybrid-Fahrzeuge ebnen. Kann Schaeffler tatsächlich das alles mit nur einer Innovation verwirklichen?
Aber warum geht man diesen Weg, eine in die Jahre gekommene Technologie aufzufrischen? Wäre es nicht sinnvoller, auf die Entwicklung von Automatik-Getriebe zu setzen? Ist für viele Autofahrer das Kuppeln und Schalten inzwischen nicht mehr eine lästige Pflicht, denn ein freudiges Tun? Schaeffler sieht das nicht so und belegt das mit aktuellen Absatzzahlen und erhobenen Kundenpräferenzen. Es werden weltweit jährlich etwa 90 Millionen Automobile verkauft. Davon sind mehr als 40 Millionen Fahrzeuge mit einem Handschaltgetriebe ausgestattet. Der Trend könnte nicht zuletzt wegen der Kostenoptimierung aufgrund der weltweit steigenden Nachfrage hin zur Individualmobilität vielleicht sogar steigern. Aus diesem Grund komme man als Zulieferer gar nicht umhin, sich diesem Bauteil zu widmen.
Um die angesprochenen Ziele zu erreichen, bietet Schaeffler den Automobilherstellern seine Kupplung gleich in 3 Ausbaustufen an. Neben dem Komfortgewinn für den Fahrer, ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes das Hauptargument für die „E-Clutch“. Aber wie soll eine Kupplung bei der Reduktion von Verbrauchswerten und somit zur Minderung von Emissionen beitragen? Das linke Pedal ist dafür nicht maßgeblich entscheidend. Eher die technische Voraussetzung dafür, dass der Handschalter der Zukunft „segeln“ kann. Das bedeutet, das Auto kann im Leerlauf dahin gleiten. Eine Steigerung stellt das Segeln mit abgeschaltetem Motor dar. So sollen mehr als 7 Prozent Kraftstoff eingespart werden können.
Die Hersteller können sich zwischen 3 Ausbaustufen entscheiden. Die preisgünstigste Version ist die „MTplus“ Variante. Sie soll nur wenig mehr kosten als herkömmliche Handschaltgetriebe. Dabei wird zusätzlich ein sogenannter Aktuator in der Druckleitung verbaut. Das Prinzip der hydraulischen Kraftübertragung bleibt dabei erhalten. Schon mit dieser simplen Teil-Automatisierung kann man in der Praxis verbrauchsoptimiert „segeln“. Der Fahrer muss nur den Fuß vom Gas nehmen. Dann werden Motor und Getriebe während der Fahrt getrennt. Jetzt kann der Motor im Leerlauf weiter arbeiten oder im Idealfall ganz abgestellt werden.
Die zweite Ausbaustufe nennt sich „Clutch-by-wire“. Hier wird die Verbindung des Ausrücksystems mit dem Pedal komplett ersetzt. Der Fahrer muss seine Kuppelvorgänge nicht anpassen. Der Unterschied ist nur, dass das Signal nicht mechanisch oder hydraulisch übertragen wird, sondern eben „by-wire“, also elektronisch. Dieses System bietet zusätzlich den Vorteil, dass man auch dem Kuppelpedal unterschiedliche Kennlinien verpassen kann. So kann dem System wahlweise ein komfortabler“ oder ein sportlicher Modus einhaucht werden. Das System kann dann auf unterschiedliche Fahreigenschaften gezielt eingehen und schützt zusätzlich vor etwaigen Überhitzungsschäden an der Kupplung.
Die dritte Lösung ist das elektronische Kupplungsmanagement (EKM). Sie kommt ganz ohne Kupplungspedal aus. Die Beinarbeit beim Fahren läuft wie beim Automaten ab. Zwar wollen viele Fahrer aus Gewohnheit oder anderen Gründen nicht auf das dritte Pedal verzichten, doch dieses System ist die weitreichendste Innovation. Will der Fahrer schalten oder berührt er die Schaltkulisse mit der Hand, so gibt ein Sensor das elektronische Signal zum Auskuppeln. Ist der Gang eingelegt, kuppelt das Auto mit diesem System wieder automatisch ein. Auf diesem Weg ist beispielsweise ein Elektromotor in das System integrierbar. Mit dieser Technik ist der Weg des Handschalters in die Hybridisierung geebnet. Denn arbeitet ein Verbrennungsmotor ineffizient – beispielsweise im Stau, beim Anfahren oder bei Parkvorgängen – übernimmt der Elektromotor. Alles was man dafür noch benötigt, ist eine ausreichend große Batterie. Diese Lösung wird die Kunden wohl am meisten freuen, denn hier muss man beim Schalten nicht mal mehr vom Gas gehen. Vergisst man zu schalten, so greift irgendwann ein Drehzahlbegrenzer ein und selbst in hohen Gängen kann man bis zum Stillstand abbremsen. Lediglich zum Anfahren muss man den ersten Gang wieder einlegen.
Fazit
Ab 2018 sollen die hier beschriebenen Varianten der elektronischen Kupplung reif für die Serie sein. Ab 2019 könnten wir die ersten „E-Clutch“ Lösungen dann wohl bereits in Serienfahrzeugen bestaunen. Spannend wird sein, welche Lösung vom Markt präferiert wird. Dass die Hersteller vor dem Hintergrund der 2021 anstehenden Verschärfung der Abgas-Regularien sehr interessiert an CO2-Reduktionsmöglichkeiten sind, steht wohl außer Frage. Zudem ist jede der 3 Lösungen in der Produktion preiswerter als ein Automatikgetriebe. Das bestätigt auch Matthias Zink, der bei Schaeffler für den Unternehmensbereich Getriebe zuständig ist. In jedem Fall werde „der Kostenvorteil des Schaltgetriebes gegenüber dem Automatik Getriebe erhalten bleiben“. Jetzt bleibt lediglich die Frage offen, ob sich konservative Autofahrer an eine dieser Lösungen gewöhnen können und wollen.
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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