Audi Urbansphere Concept – Ein Raum-Auto für die Megacity
Audi zeigt erstmals die Studie, die für die Nutzung in den Megacitys und Ballungsräumen rund um den Globus konzipiert worden ist. In diesen urbanen Regionen ist der persönliche Raum bekanntlich besonders knapp bemessen. Deshalb möchte Audi mit diesem Concept Car den Nutzern einen besonders großen Innenraum bereitstellen. Das Auto quasi zu einem Stück Zuhause machen. Darüberhinaus sollen intelligente Technologien und digitalen Services geboten werden, die alle Sinne ansprechen und so eine neue Erlebnisqualität bieten.
Audi Urbansphere
Rollendes Büro und privater Rückzugsraum in einem
Das Konzept wurde von den Audi-Designstudios in Peking und Ingolstadt gemeinsam entwickelt, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Audi AG, Markus Duesmann. Das Resultat dieses Prozesses wird vor allem im Innenraum des 5,51 langen Urbansphere deutlich. Das großvolumige Automobil ist gleichsam eine rollende Lounge und ein mobiles Arbeitszimmer. Weil man in den globalen Ballungszentren viel Zeit im Verkehr verbringt, soll das Auto zum „dritter Lebensraum“ werden. Der Urbansphere schafft eine luxuriöse Privatsphäre mit einem umfassenden High-Tech-Angebot. Die Technologie für automatisiertes Fahren soll das Interieur ohne Lenkrad, Pedalerie und Anzeigen in einen mobilen Erlebnisraum verwandeln.
Schon mit den bereits präsentierten Concept-Modellen Skysphere und Grandsphere wollte Audi der eigene Vision der Premiummobilität von morgen ein Gesicht geben. Das Auto von morgen soll Vorteile weit über den zweckgebundenen Aufenthalt an Bord und über den profanen Transport von A nach B bieten. Die drei Studien verbindet die Fähigkeit, automatisiert auf Level 4 fahren zu können. Eine Technologie, auf deren Einführung Audi zusammen mit CARIAD, dem Software-Unternehmen des Volkswagen Konzerns, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts hinarbeitet.
Der größte Audi ever
Schon auf den ersten Blick zeigt sich der Audi Urbansphere Concept als größtes Modell der Sphere-Familie, ja aller bisherigen Audi Konzeptfahrzeuge. Mit seinen repräsentativen Dimensionen – 5,51 Meter Länge, 2,01 Meter Breite und 1,78 Meter Höhe – im automobilen Oberhaus platziert, bricht der Audi Urbansphere Concept radikal mit Konventionen des Segments. Denn er ist konsequent von innen nach außen entworfen worden. Um seine Passagiere herum. Der Radstand von 3,40 Meter soll Möglichkeiten schaffen, die Bedürfnis der Fahrgäste mit einem großzügigen Raumangebot zu befriedigen. Aber nicht allein das Produkt sei hier ausschlaggebend. Audi möchte ein umfassendes Ökosystem mit Dienstleistungen rund ums Auto verbinden. Das reicht von Kommunikation über Entspannung, Arbeit bis hin zum Rückzug in eine Privatsphäre.
Level 4 fahren
Neben den Audi eigenen Diensten sollen auch weitere Anbieter die Möglichkeiten bekommen ihre Serviceangeboten einfließen lassen zu können. So können alltägliche Aufgaben jenseits der Fahrt erledigt werden, so etwa die Reservierung eines Restaurantbesuchs oder online getätigte Einkäufe aus dem Auto heraus. Zusätzlich soll der automatisiert fahrende Audi Urbansphere Concept seine Passagiere zuhause abholen und sich selbstständig etwa um einen Parkplatz oder um das Laden der Batterie kümmern können.
Individuell zugeschnitten sind auch Infotainmentangebote wie die nahtlose Integration des Onboard-Streamings von bereits genutzten Musik- und Videoprovidern. In einem weiteren Schritt möchte Audi künftig personalisierte und exklusive Angebote bereithalten – Konzerte, kulturelle Veranstaltungen oder auch Sportereignisse, zu denen Kunden eingeladen werden.
Die Architektur von innen nach außen
Die Türen des Audi Urbansphere Concept sind gegenläufig, vorn und hinten angeschlagen, eine B-Säule gibt es nicht. So eröffnet sich den Passagieren schon beim Einsteigen die gesamte Weite des Innenraums. Nach außen drehbare Sitze und ein auf den Boden neben dem Fahrzeug projizierter roter (Licht-) Teppich orchestrieren den Einstieg zum Komforterlebnis.
Roter Teppich für jeden als Option
3,40 Meter Radstand und die Fahrzeugbreite von 2,01 Metern umreißen die selbst für ein Oberklasseautomobil mehr als stattliche Grundfläche. Zusammen mit der lichten Fahrzeughöhe von 1,78 Metern und großzügigen Glasflächen münden diese Dimensionen in ein außergewöhnlich großzügiges Raumerlebnis.
Vier Einzelsitze in zwei Reihen bieten den Passagieren luxuriösen First-Class-Komfort. Vor allem das Gestühl in der hinteren Reihe offeriert großzügige Abmessungen und eine Vielzahl von Verstelloptionen. In den Relax- und Entertain-Modi lässt sich die Rücklehne um bis zu 60 Grad neigen, während gleichzeitig Beinauflagen ausfahren. Die mittig angebrachten, in die Sitzwangen integrierten Armlehnen und ihre Pendants in den Türen erzeugen ein wohliges Gefühl von Geborgenheit.
Auch den wechselnden sozialen Bedürfnissen der Passagiere tragen die Sitze vielfältig Rechnung. Beim Gespräch können sich die Fahrgäste auf ihren drehbaren Sesseln einander zuwenden. Wer sich hingegen zurückziehen möchte, der kann seinen Kopfbereich mit einer hinter der Kopfstütze angebrachten Blende gegenüber der neben ihr/ihm sitzenden Person verdecken. Jeder Sitz verfügt zudem über eine eigene Sound-Zone mit Lautsprechern im Kopfstützenbereich. In die Rücklehnen der Vordersitze sind auch individuelle Monitore integriert. Für die gemeinsame Nutzung des Infotainments hingegen gibt es einen großformatigen und transparenten OLED-Screen, der vom Dachbereich vertikal in die Zone zwischen den Sitzreihen einschwenkt.
Auf diesem die gesamte Innenbreite einnehmenden Bildschirm („Cinema Screen“) können die beiden Fahrgäste der hinteren Reihe gemeinsam an einer Videokonferenz teilnehmen oder auch einen Film anschauen. Selbst die Split-Screen-Nutzung ist möglich. Wird der Schirm nicht genutzt, bietet er dank seiner transparenten Ausführung freien Blick nach vorn oder – wenn nach oben geklappt – auch durch den verglasten Dachbereich zum Himmel.
Gefühl von Transparenz und Weite
Sitzfläche und Rückenlehne der Gurtintegralsitze sind optisch voneinander getrennt. Zwischen den Rücksitzen findet sich – normalerweise in einer tiefen Position arretiert – eine nach oben schwenkbare Mittelkonsole. Sie enthält einen Wasserspender und Gläser – auch dies ein Beleg für den First-Class-Anspruch des Audi urbansphere concept.
Ebenfalls zur Wellness-Zone qualifizieren den Audi Urbansphere neuartige digitale Optionen, die nicht zuletzt durch die Impulse des Co-Creation-Prozesses mit chinesischen Kunden entstanden sind. Bestes Beispiel: Stresserkennung – dieses lernfähige Programm ermittelt per Gesichtsscan und Stimmenanalyse das Befinden der Fahrgäste. Und bietet jeder Person individuelle Möglichkeiten zur Entspannung, etwa mit einer Meditations-App, die sich über den persönlichen Screen und die private Sound-Zone in den Kopfstützen nutzen lässt.
Weniger ist mehr – Anzeigen und Bedienung
Reduktion wird im Audi Urbansphere zum Gestaltungsprinzip. Weder Batterien von Rundinstrumenten noch schwarze Bildschirme für virtuelle Anzeige-Konzepte sind vor der Aktivierung der Fahrfunktionen zu sehen. Stattdessen klar gegliederte und beruhigte Zonen von Materialien höchster Qualität. Holz und Wolle sowie synthetische Textilgewebe sind als Verkleidungen, Sitzbespannung und als Bodenteppiche zu sehen, haptisch hochwertig und angenehm zu tasten. Sanfte Beige- und Grautöne strukturieren den Innenraum horizontal. Ein dunkles, reduziertes Grün als Farbe der Sitzschalen beruhigt das Auge. Von oben nach unten werden die Farbzonen des Interieurs heller und erschaffen zusammen mit dem natürlichen Lichteinfall einen homogenen, weiten Innenraum. Eine Überraschung, wenn das Fahrzeug auf einen einfachen Fingertipp hin zum Leben erwacht: Es gibt Anzeigen, allerdings in Form von Projektionen auf die Holzflächen unterhalb der Frontscheibe, und zwar je nach Fahrzustand – manuell mit Lenkrad oder im Level 4 – über die gesamte Innenbreite verteilt oder getrennt für Fahrer_innen und Beifahrer_innen segmentiert. In hochfeiner Auflösung finden sich alle Informationen, die während der Fahrt benötigt werden. Zusätzlich ist für das schnelle Umschalten von Inhalten – etwa von Musik zur Navigation – unterhalb der Projektionsfläche eine Sensor Bar integriert. Diese zeigt alle Funktionen und Applikationen an, die im Auto aktiv sind. Icons für die jeweiligen Menüs leuchten dabei auf. Ein innovatives Bedienelement findet sich nahe dem Türausschnitt an der Innenverkleidung: das MMI Touchless Response. Sitzen die Passagiere in der aufrechten Position, weit vorn in ihrem jeweiligen Bereich, können sie haptisch mit diesem Element per Drehring und Tasten diverse Funktionsmenüs anwählen und sich durch die einzelnen Ebenen klicken. Eine einfache, intuitive Bedienweise. Neigt man hingegen die Sitzlehne weit nach hinten, müssen die Fahrgäste nicht etwa auf dieses Komfort-Item verzichten.
Denn dann kommt eine Kombination aus Eye-Tracking und Gestensteuerung zum Einsatz. Ein aufs Auge gerichteter Sensor erkennt an der Blickrichtung, wenn die Bedieneinheit zum Einsatz kommen soll. Und die Passagier_innen brauchen nur noch – ohne sich vorbeugen zu müssen – analoge Handbewegungen auszuführen, die denen im haptischen Betrieb gleichen, und können damit das System ebenso gut bedienen – auch komplett ohne Berührung. Für alle Bedienmodi – Blickdetektion, Gesten- oder Sprachsteuerung und Berührung – gilt: Der Audi Urbansphere Concept stellt sich auf die jeweiligen Nutzer_innen ein und lernt deren Präferenzen sowie häufig genutzte Funktionen – und kann auf dieser Basis nicht nur rudimentär ausgeführte Befehle sinnvoll ergänzen, sondern den Nutzer_innen auch selbst individuelle Vorschläge machen. Auch in die Armauflagen der Türen sind Bedienfelder integriert. So bietet das Fahrzeug den Passagier_innen stets die unsichtbaren Touchflächen mittels optischen Hinweises auf deren Position an. Gleichfalls in den Türarmauflagen zu finden sind links und rechts VR-Brillen, die sich in Verbindung mit Optionen des Infotainments nutzen lassen – etwa für das holoride-System.
Nachhaltigkeit
Viele der Materialien im Innenraum des Audi Urbansphere Concept wie die Hainbuchenfurniere stammen aus nachhaltigem Anbau. Bei diesem Holz lassen sich standortnah gewachsene Hölzer nutzen und der gesamte Stamm ist verwertbar. Bei der Verarbeitung kommen die Produzenten ohne den Einsatz von Chemikalien aus. Die Sitzpolster bestehen aus einem recycelten Polyamid – Produktname: Econyl. Dieses Material lässt sich auch nach dem Einsatz im Automobil erneut wiederaufbereiten – ohne jeden Qualitätsverlust. Wichtig für die Möglichkeit des Recyclings ist auch die Maßnahme, die jeweiligen Materialien sortenrein zu verbauen – denn eine Mischung würde die Möglichkeiten des Recyclings drastisch reduzieren. In den Armauflagen sowie im hinteren Fahrzeugbereich kommt Bambusviskose zum Einsatz. Bambus wächst schneller als gewöhnliches Holz, bindet viel CO2 und beim Anbau sind weder Herbizide noch Pestizide notwendig.
Das Exterieur-Design
Ein großer und zweifellos ein selbstbewusster Auftritt – die erste Begegnung mit dem Audi Urbansphere Concept hinterlässt Wirkung bei den Betrachter. Eine Länge von 5,5 Metern, die Höhe von nahezu 1,78 Metern und die Breite von mehr als zwei Metern sind zweifellos repräsentativ genug für das Spiel in der automobilen Oberliga. In der fließenden Silhouette des Fahrzeugkörpers finden sich klassische Audi Formen und -Elemente, hier jedoch zu einer neuen Synthese verbunden: der repräsentative Singleframe mit den digitalen Augen der flankierenden Leuchteinheiten. In der Seitenansicht der weit geschwungene, dynamische Dachbogen. Ein massiver Schweller, hinter dem sich die Batterieeinheit verbirgt. Große Räder im 24-Zoll-Format. Sie zitieren eine Ikone der 90er Jahre – das Konzeptfahrzeug Audi Avus. Die sechs Doppelspeichen signalisieren gleichzeitig Leichtbau und Stabilität, erinnern an funktionale Motorsporträder und die Bauhaustradition des Markendesigns. Eine angedeutete Keilform des Fahrzeugkörpers wird durch die großflächige und flach stehende Frontscheibe unterstrichen. An der Front und auch am Heck finden sich große digitale Lichtflächen, die das Design prägen und gleichzeitig als Kommunikationselemente dienen. Der Audi Urbansphere entzieht sich der Einstufung in klassische Fahrzeugkategorien. Als typischer Audi gibt er sich jedoch auf den ersten Blick zu erkennen. Besonders die Verwandtschaft zum Audi Grandsphere Concept fällt ins Auge.
Die monolithische Gestaltung des Fahrzeugkörpers haben diese beiden Konzeptautomobile ebenso gemeinsam wie die plastische, weiche Ausformung der Radhäuser. Ein langer Radstand von deutlich mehr als drei Metern und kurze Überhänge weisen auf das Antriebsprinzip E hin. Eleganz, Dynamik, organische Formensprache – solche Attribute drängen sich trotz der stattlichen Proportionen des Audi Urbansphere ebenso wie beim deutlich flacheren Grandsphere unmittelbar auf.
Der E-Antrieb
Die Technikplattform des Audi Urbansphere – die sogenannte Premium Platform Electric (PPE) – ist ausschließlich für den batterieelektrischen Antrieb konzipiert und schöpft damit alle Vorteile dieser Technologie voll aus. Zentrales Element der PPE ist ein Batteriemodul zwischen den Achsen, das rund 120 Kilowattstunden Energie bereithält. Indem Audi nahezu die gesamte Fahrzeugbasis zwischen den Achsen nutzt, ist für den Akku ein flaches Layout möglich. Daraus entsteht zusammen mit großen Rädern im 24-Zoll-Format eine nicht nur für die Formgebung ein Raumkonzept, das ein hohes Maß an Innenraumlänge und damit Beinfreiheit in beiden Sitzreihen zulässt.
Zwei Elektromotoren und ein Antrieb an allen vier Rädern mobilisieren eine Gesamtleistung von 295 Kilowatt und ein Systemdrehmoment von 690 Newtonmetern. Eindrucksvolle Werte, die im urbanen Kolonnenverkehr längst nicht immer abgerufen werden. Das Concept Car verfügt über je einen E-Motor auf Vorder- und Hinterachse, die mittels elektronischer Koordination den permanent verfügbaren Allradantrieb bedarfsorientiert und vor allem mit Blick auf Ökonomie und Reichweite umsetzen. Ein Novum: Zugunsten reduzierter Reibung und damit eines geringeren Energieverbrauchs im Rollbetrieb lässt sich der Vorderachsantrieb bedarfsgerecht deaktivieren.
Schnelles Laden und hohe Reichweite
Herzstück des Antriebs ist die 800-Volt-Ladetechnik. Sie sorgt dafür, dass sich die Batterie mit bis zu 270 Kilowatt an Schnell-Ladesäulen innerhalb kurzer Zeit aufladen lässt. Die Ladezeiten nähern sich so einem klassischen Tankstopp bei verbrennergetriebenen Automobilen an: Im besten Fall gerade einmal zehn Minuten genügen, um Antriebsenergie für mehr als 300 Kilometer Fahrstrecke an Bord zu nehmen. In weniger als 25 Minuten lässt sich der Ladestand der mehr als 120 Kilowattstunden fassenden Batterie von fünf auf 80 Prozent steigern. Nach WLTP-Standard lässt das eine rechnerische Reichweite von bis zu 750 Kilometern erwarten. Das würde bedeuten, überraschend notwendige Ladestopps wären in aller Regel vermeidbar. Soweit zumindest die Theorie. Wir sind gespannt, wie Audi dieses Konzept am Ende in ein Serien-Auto umsetzen wird. Es bleibt spannend.
Fotomaterial: Audi
Ähnliche Beiträge
Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
Ähnliche Beiträge
14. November 2016
Die Stars von L.A.
Die Automesse in Los Angeles gehört zu den beliebteren Terminen für die Autohersteller. Im November ist es im Süden…
25. August 2020
VW ID 3 soll über 100 Kilometer mehr schaffen als angegeben
Der Volkswagen ID 3 hat bei einer Effizienzfahrt seine Normreichweite um über 100 Kilometer überboten. Das Elektroauto…
29. August 2017
Vernetzte Reisemobile auf der Überholspur
Konnektivität liegt auch bei Reisemobilen und Caravans voll im Trend. So soll sich das Umsatzvolumen in diesem Bereich…