Der FCA-Konzern hat mit dem Heritage Hub jetzt einen „Autotempel“ eröffnet, an dem die Tifosi der Marken Fiat, Lancia, Alfa Romeo und Abarth – aber leider ohne Exponate von Maserati und Ferrari – über 250 unterschiedlichste Fahrzeuge zu sehen sind. Auf über 15.000 Quadratmeter in der ehemaligen Montagehalle Officina 81 im Werksgelände von Mirafiori parken Konzeptfahrzeuge, Sonderanfertigungen, Rennwagen, Rallyelegenden neben Modellen aus vielen Jahrzehnten, die von der Entwicklung von Design und Technik im Jahrhundert der motorisierten Mobilität erzählen.

Heritage HUB

Passend zu seiner Funktion ist der neue „Heritage HUB“ in einem Gebäude untergebracht, dass in der Geschichte des Unternehmens eine wichtige Rolle spielt. Das soge­nannte „Officina 81″ in der Via Plava war seit den 1960er Jahren Teil des 1939 eröffneten Werks Mira­fiori, zu seiner Zeit die größte Automobilproduktion in Europa. Im „Officina 81″ wurden unter anderem Getriebe gefertigt.

Mittelpunkt des neuen „Heritage HUB“ ist die für Publikum zugängliche Ausstellungsfläche. Dort werden derzeit rund 250 Klassiker gezeigt, deren Baujahre bis 1908 zurückreichen und von denen einige zum ersten Mal öffentlich zu sehen sind. Große, von der Decke hängende Leinwände mit klassischen Motiven schlagen ebenfalls die Brücke zur Vergangenheit. In die Fläche integrierte Zonen für Besprechungen sollen Leben in die Halle bringen und die Mitarbeiter dazu inspirieren, mit frischen Ideen die große Historie des Unter­nehmens fortzuführen.

Heritage HUB

Die Fahrzeugpräsentation im „Heritage HUB“ ist unterteilt in insgesamt acht markenübergrei­fende Themen. Jedes Motto wird vertreten durch acht Klassiker, die zu den wichtigsten Modellen in der Geschichte von Abarth, Fiat und Lancia zählen oder für Erfolge im Motorsport stehen.

Heritage HUB

Unter dem Sammelbegriff „Archistars“ sind Oldtimer zu sehen, die zu ihrer Zeit in Technik, Funktion oder Produktionsmethoden zukunftsweisend waren. Ein Beispiel dafür ist der Lancia Lambda, 1922 das erste Serienfahrzeug mit selbsttragender Torpedo-Karosserie. Ebenfalls unter der Leitung von Firmengründer Vincenzo Lancia entstand das Modell Flavia (1960), der erste Pkw aus italienischer Produktion mit Vor­derradantrieb und Scheibenbremsen an allen vier Rädern. In diese Kategorie fallen auch eine ganze Reihe von Fahrzeugen der Marke Fiat. Darunter sind der von Dante Giacosa entworfene Fiat 500 Topo­lino A (1936), der aus der Zeit des italienischen Wirtschaftswunders stammende Fiat 600 (1955), der klassische Fiat Panda (1980) und der Fiat Uno (1983).   

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Die unter dem Thema „Concept and Personalised Cars“ gezeigten Klassiker stehen für den Übergang zwischen utopischen Studien auf der einen und als Einzelstücke gefertigten Konzeptfahrzeugen sowie Showcars auf der anderen Seite. Alle zusammen zeigen einen Querschnitt durch die große Tradition der norditalienischen Karosse­riedesigner und -bauer. Beispiele dafür sind der Fiat 130 Familiare aus den 1970er Jahren und der Fiat Panda Rock Moretti aus den 1980er Jahren, beides Fahrzeuge aus dem Besitz der Familie Agnelli. Ergänzt wird dieser Ausstellungsbereich durch das Abarth 2400 Coupé mit einer Karosserie von Alemanno (1963), den aus der Zeit des Art-Déco geretteten Lancia Astura mit atemberaubender Karos­serie von Pinin Farina und das spektakuläre Lancia Flaminia Coupé Loraymo, das Designlegende Ray­mond Loewy 1960 präsentierte.

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Spätestens seit den 1970er Jahren entwickelten die Marken der Fiat Gruppe regelmäßig Technologien, die Umweltschutz durch neue Ideen für Fertigung, Gebrauch und Entsorgung in den Mittelpunkt stellten. Die Ausstellung „Eco and Sustainable“ zeigt Beispiele für Innovationen, die später auch in die Serienfer­tigung einflossen. Dazu gehören frühe Elektrofahrzeuge wie die Konzepte X1/23 von 1974 und Ecobasic von 1999. Beide sind für sich Juwelen der Ingenieurskunst sowohl bei Antrieb als auch bei Materialien.

Im Laufe seiner Geschichte war das Automobil immer auch mehr als nur ein Mittel, um von A nach B zu kommen. Es begleitete auch Abenteurer auf ihren Reisen, brachte Forscher unter manchmal extremen Bedingungen in die entlegensten Winkel der Erde, war Ausdruck des persönlichen Drangs nach Freiheit und natürlich auch Sportgerät. Die Ausstellung „Epic Journeys“ greift dieses Thema auf. Zum Beispiel mit dem Fiat Campagnola AR 51, der 1952 in der Rekordzeit von elf Tagen den afrikanischen Kontinent von Kapstadt im Süden bis Algier im Norden durchquerte. Ein Fiat 1100 E war 1953 das erste Auto, mit dem ein einzelner Fahrer den Globus umrundete, eine epische Reise mit 72.000 Kilometern Länge. Innerhalb von nur 50 Tagen fuhr 1970 ein Team im Fiat 124S von Kapstadt ans Nordkap am äußersten Ende von Norwegen. Ausgestellt ist auch ein Fiat 131 Abarth Diesel, der 1977 noch vor der Markteinführung des Serienmodells erfolgreich an einer Marathonrallye von London nach Sydney in Australien teilnahm. Der daneben stehende Lancia Delta integrale ist das Siegerauto der Safari-Rallye 1988 mit Miki Biasion und Beifahrer Tiziano Siviero. 1907 führte eine Langstreckenrallye von Peking in China in die französische Hauptstadt Paris. Exakt 100 Jahre nach dem Original fand eine Neuauflage statt, allerdings verlief die Strecke 2007 in entgegengesetzter Richtung. Als Begleitfahrzeug dabei: ein als Fiat 500 Overland spezi­ell für diese Herausforderung modifizierter Fiat 500.

Heritage HUB

Der sportliche Wettbewerb hat stets die Arbeit von Designern und Ingenieuren motiviert. Die Ziele waren vor allem Motoren mit mehr Leistung und höherer Effizienz, optimierte mechanische und elektronische Kompo­nenten sowie verbesserte Aerodynamik. Im Bereich „Records and Races“ zeigt der „Heritage HUB“ Fahr­zeuge, die Rennen gewonnen oder Rekorde erzielt haben. In diese Kategorie fallen die bei­den ältesten Sammlungsstücke, ein Fiat S61 und ein Lancia 12HP „Alfa“ Sport aus dem Jahr 1908. Sie werden eingerahmt vom Formel-1-Boldiden Lancia D50 (1954), von siegreichen Rennsportmodellen der Marke Abarth aus den 1950er und 1960er Jahren sowie von den in der Langstrecken-Weltmeisterschaft erfolgreichen Rennwagen Lancia Beta Montecarlo Turbo (1979) und Lancia LC2 (1983).

der-Autotester

Maximale Sicherheit auch in Kleinwagen – mit dieser Problematik haben sich die Marken Fiat und Lancia seit dem frühen 20. Jahrhundert intensiv beschäftigt. Bereits 1933 sorgte der Lancia Augusta, die erste geschlossene Limousine mit selbsttragender Karosserie, mit höherer Torsionssteifheit für verbesserten Insassenschutz. Ebenfalls eine selbsttragende Karosserie wies der Lancia Ardea (1939) auf, der zusätz­lich mit einzeln aufgehängten Vorderrädern ein deutlich sicheres Fahrverhalten aufwies. Auch Fiat zeigt im „Heritage HUB“ mehrere Konzeptfahrzeuge, die Innovationen auf dem Gebiet der Sicherheit demonstrierten. So demonstrierte das Fiat City Taxi (1968) mit der erstmals eingesetzten Schiebetür auf der dem Bürgersteig zuge­wandten Seite eine Möglichkeit, das Risiko beim Ein- und Aussteigen auf den stark befahrenen Straßen der Innenstädte zu verringern. Die ebenfalls in der Ausstellung „Small and Safe“ gezeigten Konzeptfahr­zeuge ESV 1500 und ESV 2000 hatten das Ziel, bei einem Unfall die Verletzungsgefahr für die Passa­giere drastisch zu reduzieren.

Heritage HUB

Die Sektion „Style Marks“ konzentriert sich auf Modelle, die zu ihrer Zeit stilweisend für ihre Marke waren und deren innovative Designelemente später in Serienfahrzeuge einflossen. Beispiele für derartige automobile Meilensteine sind der Lancia Aurelia B20 (1951), der Urmeter aller Gran Turismo Coupés. Ein modernerer Vertreter der Philosophie, historische Designelemente mit moderner Technologie zu kombinie­ren, ist der Roadster Fiat Barchetta (1995).

Der Rallyesport spielte in den 1970er Jahren bei Fiat und Abarth, in den folgenden Jahrzehnten bei Lancia eine große Rolle. Beide Marken nutzten den Sport, der mit extremen Bedingungen vom ver­schneiten Skandinavien bis zur Hitze Afrikas aufwartet, immer auch als Entwicklungs- und Testlabor für Technologien, die in Serienfahrzeugen zum Einsatz kommen sollten. Die Sammlung „The Rally Era“ zeigt legendäre Autos aus der großen Zeit des Rallyesports, dem auch heute Millionen von Fans weltweit folgen. Zu sehen sind unter anderem die Lancia Fulvia 1.6 HF, die 1972 die berühmte Rallye Monte Carlo gewann, ein Exemplar des futuristischen Lancia Stratos, Rallyeweltmeister der Jahre 1974 bis 1976, und der sogar sechs Mal als Weltmeister gefeierte Lancia Delta integrale. Ebenfalls erfolgreiche Rallyefahrzeuge sind der Fiat 124 Abarth (1974) und der Fiat 131 Abarth, das Modell, mit dem Walter Röhrl und Beifahrer Christian Geistdörfer 1980 Rallye-Weltmeister wurden.