Nissan Leaf – 280 Kilometer kann er schaffen
Elektro-Autos liegen im Trend. Auch wenn die absoluten Verkaufszahlen noch immer gering sind, erscheinen die Zuwächse doch verlockend. Hersteller, die noch keine elektrifizierten Modelle im Angebot haben, kommen im öffentlichen Ansehen ins Hintertreffen. Wer schon E-Modelle anbietet, bemüht sich diese up-to-date zu halten und insbesondere mit Blick auf Reichweite und Ladegeschwindigkeit zu verbessern. So auch Nissan mit dem rein elektrisch angetriebenen Leaf.
Unser Testwagen leistet maximal 150 PS und kann ein Drehmoment bis zu 320 Newtonmeter über seinen Vorderradantrieb und das stufenlose Automatikgetriebe auf die Straße bringen. Die dafür notwendige elektrische Energie bekommt der Leaf von einer Lithium-Ionen-Batterie, die eine Kapazität von 40 Kilowattstunden bereit stellt. Je 100 Kilometer verbraucht der Leaf nach WLTP runde 20 Kilowattstunden. Daraus ergibt sich eine rechnerische Reichweite von etwa 280 Kilometern. Unser Praxistest hat diesen Wert bestätigt. Jedoch nur, wenn man zurückhaltend mit dem „Gasfuß“ umgeht.
Wenn die Kilowattstunde 0,25 Euro kostet, würden 100 Kilometer 5 Euro an Stromkosten verursachen. Bei einigen Discountern und Einrichtungshäusern kann man gratis tanken, das ist nicht nur für die schwäbische Hausfrau verlockend.
Kein Auto für die lange Strecke
Wer übrigens Lust auf sportliche Beschleunigungsorgien hat, wird mit deutlich geringeren Reichweiten leben müssen. Auch wenn die Klimaanlage aktiviert wird, bestraft dies der Bordcomputer mit reiner Reduzierung der Reichweite gleich um 15 Kilometer.
Bei reiner Autobahnfahrt (Vmax ist 144 km/h), sind die 280 Kilometer bei üblicher Autobahngeschwindigkeit nicht zu schaffen. So wird schon eine Fahrt von Frankfurt nach Offenburg, das sind etwa 200 Kilometer) zum nervenden Stückwerk. Unser Testwagen musste aus Köln nach Offenburg gefahren werden. Was uns dazu der Überführer des Wagen an Geschichten erzählt hat, würde auch den kühnsten Verfechter von Elektromobilität dazu bringen, deren Einsatz auf die Kurzstrecke zu reduzieren. Die leidvolle Geschichte handelte von überhitzter Batterie, belegten Ladestationen und reduzierten Ladekapazitäten der Tankstellen. Das führte in Summe mit der reinen Fahrzeit zu einer Überführungszeit für die 400 Kilometer von rund 8 Stunden. Ach ja: Das Fahrzeug wurde mit leerem Akkus an uns übergeben.
Ladezeiten hängen von der Ladetechnik ab
Neben der Reichweite ist die Ladedauer ein wichtiges Kriterium für die Nutzer von Elektroautos. Pauschal lässt sich das nicht sagen, denn es hängt von der verfügbaren Ladetechnik ab. An einer Haushaltssteckdose dauert es bei leerem Akku-Pack etwa 17 Stunden, bis er voll ist. Wer sich eine Wallbox (Typ 2) installieren lässt, schafft das in 8,5 Stunden – quasi über Nacht. An einer Schnelladestation (Gleichstrom), die mit 50 kW laden kann, sind 80 Prozent des maximalen Volumens in 40 bis 60 Minuten erreicht, wenn der Akku-Satz davor noch 20 Prozent intus hatte.
Ich denke, wer sich den Leaf für runde 40.000 Euro gönnt, der sollte unbedingt noch in die Wallbox investieren, damit er sein Auto zumindest über Nacht wieder mit der vollen Reichweite ausstatten kann.
Was gibt es noch zu sagen: Das Fahren mit dem Leaf wird unter Last begleitet von einem hochfrequenten, unangenehmen Pfeifen. Im Eco-Modus kommt man zwar gut vorwärts, die Dynamik, die Elektroautos üblicherweise an den Tag legen, und die Fahrspaß vermittelt, ist dann jedoch deutlich reduziert. Bei aktiviertem E-Pedal ist die Rekuperationswirkung optimiert, allerdings bremst der Leaf dabei stark ab, wenn man vom „Gas“ geht. Daran muss man sich gewöhnen.
Fährt sich wie ein normaler Kompaktwagen
Ansonsten ist er Leaf ein „normaler“ Kompaktwagen, der sich leicht und locker bewegen lässt. Sein stufenloses Automatikgetriebe trägt dazu ein Gutteil bei.
Unser Testwagen war u. a. sogar mit einem Navi, mit einer Einpark-Automatik und mit einem Abstandsassistenten ausgestattet.
Fazit:
Auch für den Nissan Leaf gilt, was es aktuell zu rein elektrisch angetriebenen Autos zu sagen gibt: Auf kurzen Strecke funktionieren sie bestens. Wer längere Strecken fahren möchte, muss nervige Nachteile in Kauf nehmen. Entscheidende Vorteile: Sie stoßen, wo sie fahren, keine Abgase aus, das ist insbesondere in den ohnehin belasteten Städten mit ihren massiven Abgasbelastungen von Bedeutung. Ob sie – ganzheitlich betrachtet – umweltfreundlicher sind als Verbrenner, ist schwer zu sagen, den selbst Umwelt-Experten sind sich hier uneins. Der Verfasser möchte sich daher dazu enthalten. Ein weiterer Vorteil von Elektroautos ist ihr mehr oder weniger geräuschloses dahingleiten, denn das ist ein Segen für die Bewohner in den ohnehin schon lauten Großstädten.
Technische Daten
Nissan Leaf Tekna
Länge x Breite x Höhe (m): 4,49 x 1,79 x 1,53
Radstand (m): 2,70
Motor: Elektromotor
Leistung: 110 kW / 150 PS bei 3283–9795 U/min
Max. Drehmoment: 320 Nm bei 3283 U/min
Antrieb: Vorderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit: 144 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,9 Sek.
Akku: Laminierte Lithium-Ionen-Batterie
Batteriekapazität: 40 kWh, 192 Batteriemodule
Reichweite: 285 km (WLTP) / 378 km (NEFZ)
CO2-Emissionen: 0 g/km
Effizienzklasse: A+:
Leergewicht/Zuladung: min. 1580 / max. 415 kg
Kofferraumvolumen: 385 Liter
Basispreis: 31.950 Euro
Testwagenpreis: 41.600 Euro
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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