Jaguar F-Type R – Britische Edelkatze mit Testosteronüberschuss
550 Pferde jagen die Raubkatze mit lautem Gebrüll vorwärts. Seit 2013 baut Jaguar mit dem F-Type endlich wieder einen Sportwagen in der Tradition des legendären E-Typ. Elf Versionen lassen die Wahl zur Qual werden. Denn es gibt es den britischen Porsche-Konkurrenten mit Sechs- oder Acht-Zylinder Motor, mit Allrad- oder mit Heckantrieb, als Cabriolet oder als Coupé. Und nun verbindet die offene R-Version alles was Man(n) will. Kompressor-V8, Allradantrieb und versenkbares Dach.Kann sich der Britische Herausforderer damit gegen Legenden wie den Porsche 911 behaupten? Ein Test soll Klarheit bringen.
Die Optik dieses Roadsters kommt alles andere als unauffällig daher. Klassische Sportwagenproportionen und ein aggressiver Touch machen die verwegene Mischung aus. Kurze Überhänge, karosseriebündige Türgriffe, knackiges Hinterteil, schmal gezeichnete Rückleuchten und eine über vier fette Rohre ausatmende Abgasanlage. So muss ein Sportwagen aussehen.
Im Innenraum des Jaguars geht es britisch nobel zu. Leder, Ziernähte und Carbon. Sorgfältig verarbeitet. Die elektrisch einstellbaren Sitze sportlich ausgelegt. Sitzwangen, die dem Körper angepasst werden können so auf Wunsch passgenau anliegen und optimalen Seitenhalt geben. Der zentrale Dreh-/Drückregler vereinfacht die Bedienung. Das Infotainment-System lässt sich indes nicht intuitiv bedienen. Kaum ein Bedienschritt erschließt sich auf Anhieb. Das geht besser.Die Sonne scheint, und die Wildkatze will bewegt werden. Beim Drücken des Start-Knopfs zucke ich zusammen. Der F-Type gibt beim Starten des Motors ein lautes, knallartiges Geräusch von sich. Das lässt sich mit keiner Einstellung dämpfen. Mit diesem Startgetöse wird man sich bei den Nachbarn kaum Freunde machen. Die feine englische Art ist das jedenfalls nicht. Nach dem furiosen Startgeräusch geht der Motorensound in ein angenehmes Brabbeln über. Klingt nach purer Kraft. So muss das sein.Die Sonne will rein. Nach 15 Sekunden ist die straffe Stoffhaube offen. Gewöhnungsbedürftig ist die Verdeck-Betätigung, die beim Nach-vorne-Drücken öffnet und beim Nach-hinten-Ziehen schließt. Während des Öffnungsvorgangs fahren zwei zusätzliche Lüftungsdüsen aus dem belederten Armaturenbrett. Nettes Gimmick. Schon an der ersten Ampel fällt der britische Sportwagen auf. Zwei Handwerker haben den F-Tpe im Visier und spielen mit dem Gas ihres Transporters. Vom Sound des F-Types können die beiden wohl nicht genug bekommen. Bei geöffneter Klappenauspuffanlage wird der F-Type zur wilden, testosteron-geladenen Raubkatze.Das V8-Bollern beim Beschleunigen und auch die scheinbaren Fehlzündungen beim Schalten lassen das Herz von Sportwagenfans höher schlagen
Beschleunigung? Der Jaguar strotzt förmlich vor Kraft und jagt mit unglaublicher Wucht vorwärts Traktionsprobleme? Fehlanzeige! Der Allradantrieb des Roadsters befeuert alle 4 Räder und beschleunigt die Raubkatze in nur 4,3 Sekunden auf Landstraßentempo. Wem das keine Freude bereitet, der hat wohl keinen Tropfen Benzin im Blut. Der Temporausch endet erst von 300 Stundenkilometern. Wer den F-Type auf diesem Niveau bewegt, der sollte Geschwindigkeitsbegrenzungen stets im Auge behalten. Sonst wird nicht allein die Tankrechnung ein teureres Vergnügen. Im Schnitt genehmigt sich der Jaguar runde 13 Liter Super Plus auf 100 Kilometer. Letzteres sollte bei einem Anschaffungspreis jenseits der 120.000 Euro keine entscheidende Hürde sein.
Der Jaguar kann übrigens nicht allein aggressiv und sportlich. Im Komfortmodus beherrscht der F-Type die feine englische Art gekonnt. Die Automatik wählt stets einen höheren Gang, die Klappenauspuffanlage gibt das V8-Geräusch gedämpft von sich und auch das Fahrwerk macht ihn zum GT. So sollten auch lange Fahrten Freude machen. Gepäck? Ausgesprochen bedingt.Der Kofferraum des F-Types fasst im offenen als auch geschlossenen Zustand jeweils 200 Liter. Das sollte für zwei kleine flexible Gepäckstücke und ein bisschen Kleinkram ausreichen.
Fazit
Der Jaguar F-Type R ist ein reinrassiger offener Sportwagen der auch die gediegenere Art der Fortbewegung beherrscht. Gerade dieser Spagat dürfte für viele interessant sein. Den Start-Knall sollten ihm die Ingenieure jedoch abgewöhnen oder nur auf Wunsch zu Teil werden lassen. Die 120.200,00 Euro Start-Preis sind im Vergleich zum entsprechenden Porsche fast schon als günstig zu bezeichnen. Auch wenn der noch etwas flinker um die Ecken wieselt.
Fotos: Bastian Meger
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