Gebrauchte Diesel: Des einen Leid, des anderen Freud
Eine aktuelle Studie des Instituts „Angewandte Logistik (IAL)“ der Hochschule Würzburg-Schweinfurt und der Stuttgarter Softwareschmiede AEB zeigt mehr als deutlich wie eng Frust und Freude über die deutsche Dämonisierung von Dieselautos in Europa beieinanderliegen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts gehen gebrauchte Selbstzünder, für die hier zu Lande nur mit Mühe ein paar Pfifferlinge zu bekommen sind, in einigen europäischen Nachbarländern weg wie warme Semmeln – freilich zu Discount-Preisen.
„Andere EU-Länder greifen gerne zu im Schnäppchenparadies und kaufen tausende gut funktionierende Gebrauchtwagen billig auf“, heißt es in einer AEB-Mitteilung.
Tatsächlich sind die Exporte gebrauchter Diesel-Pkw innerhalb eines Jahres um 20,5 Prozent auf 239 541 Fahrzeuge gestiegen. Für junge Diesel-Gebrauchtwagen interessieren sich eher die Käufer in West-, Mittel und Südeuropa. Besonders angestiegen sind die Verkaufszahlen aus Deutschland importierter Fahrzeuge in Spanien (plus 30,8 Prozent), Österreich (plus 41,3 Prozent) und Frankreich (plus 34 Prozent). „Im Ausland gibt es aktuell eine gute Möglichkeit, konkurrenzlos günstig an einen Diesel zu kommen“, sagt Prof. Christian Kille vom IAL.
„Dass trotz der weiten Wege von Deutschland in das Zielland Pkw-Exporte noch interessant bleiben, liegt nicht nur an den Abstrichen bei den erzielbaren Preisen, sondern auch an den niedrigen Logistikkosten für den Transport eines Fahrzeugs“, betont Kille. Im Vergleich zu dem Fahrzeugwert, der insbesondere bei Leasingrückläufern noch bei höheren fünfstelligen Beträgen liegen kann, schlagen die Transportkosten nur wenig zu Buche. Sie liegen aufgrund der effizient organisierten Logistik pro Fahrzeug im dreistelligen Euro-Bereich.“
Außerhalb der EU wächst der Run auf diese Autos geradezu explosionsartig. Für den größten Anstieg sorgt die Ukraine, wo sich die Verkäufe mehr als verdoppelten, gefolgt von Kroatien mit einer Stiegerung um 89,6 Prozent. Nur in einigen Märkten mit hohem Umweltbewusstsein der Autofahrer stehen sich Diesel aus Deutschland die Reifen platt. Exporte nach Norwegen gingen um 26,6 Prozent zurück, Ausfuhren in die Schweiz um 18,7 Prozent.
In Deutschland selbst flackert inzwischen für den Diesel ein – wenn auch noch schwacher – Silberstreif am Horizont. Laut „Diesel-Barometer“ der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) aus Ostfildern bei Stuttgart wurden im Juni wieder mehr Diesel-Gebraucht- und -Neuwagen verkauft als noch im Mai. Für einen drei Jahre alten Diesel bekam man demnach im Juni noch 52,9 Prozent vom Listenneupreis, das waren 0,2 Prozentpunkte weniger als im Mai. Händler und verkaufswillige Besitzer von gebrauchten Dieselautos müssen sich allerdings mit Geduld wappnen. Der Selbstzünder-Markt sei „zwar deutlich geschwächt, aber keineswegs tot“, kommentiert DAT-Geschäftsführer Jens Nietzschmann die Entwicklung.
Fazit der DAT: „Im 33. Monat der Diesel-Diskussion zeigt sich, dass der Selbstzünder zwar geschwächt ist, aber sowohl in der medialen Wahrnehmung als auch in den Verkaufszahlen und Fahrzeugwerten keine weitere dramatische Verschlechterung zu erkennen ist.“ Das mag nicht zuletzt auch daran liegen, dass sich die Haltung der Verbraucher, was die Auswirkung von Fahrverboten auf die Luftqualität betrifft, deutlich geändert hat. Knapp die Hälfte glaubt mittlerweile, dass andere Faktoren eine größere Rolle bei der Belastung der Luft spielen als der Verkehr. ampnet
Fotos: DAT/AEB/Der-Autotester.de
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