Citroen Cactus – Ungewöhnlicher Franzose sticht optisch aus dem Auto-Mainstream heraus
Nach dem Abschluss meiner Testfahrten steht der Citroën Cactus für mich in einer logischen Reihe mit der Ente und dem Pluriel. Was diese Autos gemein haben? Sie fallen durch ihr eigenständiges Design mit hohem Wiedererkennungswert auf. An ihnen wurden kreative Ideen realisiert und sie haben ihre mehr oder minder sympathischen Macken.
Ein leichter Schock schon vor den Testfahrten beim Lesen des Preises für meinen Testwagen. Soll dieses Auto nicht ab 13.990 Euro kosten? Klar, da können Mehrkosten für Motorisierungsvarianten und Optionen dazu kommen. Aber mein Testwagen in der „Shine Edition“ mit dem 73 kW (99 PS) Dieselantrieb und sonst nicht viel drin soll 25.020 Euro kosten. Und im Autohaus werden dem geneigten Kunden, wie bei allen Marken, dann auch noch die sogenannten Überführungskosten berechnet. In den 25.020 Euro sind ein Notrad, ein nicht öffenbares Panoramadach, das Park-Assist-Paket, Perlmutt -Lack und Sitzbezüge dabei, die teilweise aus Leder sind. Ein Schnäppchen ist das für mich nicht. Denn auch wenn der Cactus groß erscheint, ist er ein Kleinwagen auf Basis des C4.
Müder Dieselantrieb
Aber die Optik des Cactus begeistert mich. Und nicht nur mich. Die ungewöhnlich zahlreichen Reaktionen auf den Franzosen sind auffällig. „Ach, das ist jetzt dieser Cactus“, höre ich und sehe anerkennende Blicke. Mir gefallen die extrem schmalen Frontscheinwerfer in der schlichten, knuffigen Karosserie. Und auch die ausgeprägten und farblich abgesetzten leisten auf dem Dach passen prima zum Gesamtbild. Die „Airbumps“ mögen einerseits funktionell sein. Mehr noch prägen die braunen Kunststoffteile auf dem Perlmutt-Blechkleid das Design dieses Kleinwagens. Das Gepäckabteil des Cactus fasst 348 bis 1.170 Liter. Allzu viel ist das nicht, wie der Vergleich mit dem nur sechs Zentimeter längeren Skoda Yeti zeigt – in den passen 405 bis 1.705 Liter. Für zwei Personen sollte das aber reichen. Ein klassischer Reisewagen will der markante Franzose eh nicht sein. Sein Revier ist die Stadt. Und am Wochenende mal die Landstraße oder die Autobahn.
Dazu passt auch seine eher auf Komfort ausgelegtes Fahrwerk, das über Straßenschäden zum poltern neigt. Mit seinen 73 kW (99 PS) kommt mein Testwagen für einen Selbstzünder relativ müde aus den Puschen. In 10,7 Sekunden soll er laut Hersteller auf Tempo 100 sein. Bei 184 Stundenkilometern soll Schluss mit lustig sein. Punkten soll der Selbstzünder beim Verbrauch und bei der CO2-Emission. Den kombinierten Normverbrauchswert geben die Franzosen mit 3,1 Liter (das entspricht 82 Gramm CO2) an. Auf meinen gemischten Testfahrten über 14 Tage hinweg hat der Cactus Diesel dann 5,5 Liter auf 100 Kilometer verbraucht.
Sympathisch unperfekt
Auch im Innenraum hebt sich der Cactus wohltuend vom Mainstream ab. Das Innenraumdesign erinnert mich ein Stück weit an den BMW i3. Das soll durchaus ein Kompliment sein. Aber hier sagen die Bilder mehr als Worte. An den Türen gibt es Schlaufen anstatt Griffen und an Stelle des Tachos findet sich ein kleines Display statt eines analogen Instruments. In der Mitte des Armaturenbretts dann ein großer Bildschirm, auf dem alle wesentlichen Funktionen zu finden sind. Klassische Schalter und Knöpfe sind bewusst Mangelware. Hier hat es Citroën für meinen Geschmack ein wenig zu weit getrieben. Um die Außenluftzuführung zu unterbrechen, muss man in das Menü einsteigen und schon auf der zweiten Ebene finde ich das entsprechende Symbol. Jetzt muss mein Finger nur noch den richtigen Fleck auf dem Touch-Screen treffen, was bei unebener Fahrbahn kein leichtes Unterfangen ist und vom Verkehr ablenken kann. Der gleiche Vorgang ist zu bewerkstelligen, wenn man wieder auf Außenluft umstellen möchte. Geht gar nicht.
Einen Drehzahlmesser vermisse ich während meiner Testfahrten sehr. Die Sitze des Cactus erscheinen mir etwas zu weich, der Seitenaltar zu gering. Da kommt beim Cactus wohl der klassische Franzose durch. Das große Panoramadach lässt zwar wunderbar Licht in den Cactus, aber wenn der Planet mal zu sehr sticht, fehlt ein Rollo oder ähnliches, um die Strahlkraft der Sonne signifikant zu bändigen.
Mein Fazit
Citroën schafft es immer wieder optisch außergewöhnliche Automobile zu schaffen. Die noch junge DS Linie ist jüngster Beweis dafür. Aber auch der Cactus gehört zweifellos dazu. Und Citroën kreiert auch immer wieder pfiffige Ideen für all die Detaillösungen im Auto. Es scheint indes an der Konsequenz in der Umsetzung und an der Qualität im Detail zu hapern. Diese sympathische Unperfektheit ist andererseits wohl ein Grund, warum die Fans der Marke ihren Citroën so lieben.
Ähnliche Beiträge
Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
Ähnliche Beiträge
3. Oktober 2019
Nissan IMk: Elektroauto für ein neues Zeitalter
Nissan hat sich eine Menge vorgenommen. Die Japaner wollen auf der Tokyo Motor Show 2019 (25. Oktober bis 4.…
13. März 2017
Toyota zeigt Mobilitätslösungen der Zukunft
Toyota nimmt in diesem Jahr erstmals an der Cebit in Hannover (20.–24.32017) teil: Im japanischen Pavillon präsentiert…
25. August 2021
VW Caddy (2022) – Digitale Features im praktischen Alltagsbegleiter
Den VW Caddy gibt es (2022) mit Benzin- und Diesel-Motoren, sowie in verschiedenen Ausstattungsvarianten und…