Astra-nomischer Familienzuwachs in Rüsselsheim
Diätwochen in Rüsselsheim: Der Astra hat abgespeckt. Bis zu 200 Kilo ist der komplett neu entwickelte Kompaktwagen von Opel leichter geworden. An welchen Stellen sich die Diät bemerkbar macht? Der neue Opel Astra ist außen noch kompakter und innen trotzdem geräumiger geworden. Was noch zu sagen ist? Mutiges, emotionales Design, Vernetzung,wie man sie sich wünscht, super-helles Matrix-Licht, sparsamere Motoren, agiles Handling und weitere Technik-Features, die bisher aus höher positionierten Modellen bekannt waren.Doch wie gefährlich kann der Astra dem Golf nun tatsächlich werden? Am 10. Oktober wird es zu beweisen sein. Dann kommt eben jene 5. Generation des Astras (zählt man die Kadett-Ahnen mit) zu den Händlern. Und am Ende werden die Kunden mit ihrer Unterschrift unter dem Kaufvertrag entscheiden, ob der ewige Golf-Konkurrent nun entscheidend heran kommt.
Die Opel Ingenieure haben sich nicht zuletzt dem Thema Licht gewidmet. Schon in der Serienausstattung hat der Opel Astra LED-Tagfahrlicht und auch LED-Blinker an Bord. Gegen etwas Aufpreis glänzen auch die Heckleuchten in LED-Pracht.Für 1.150 Euro bietet Opel das „Intellilux“-LED-Matrix-Licht an. Damit hält diese Lichttechnologie erstmals Einzug in der Kompaktklasse. Matrix-Licht ist ein blendfreies Fernlicht. Je acht Leuchtelemente sind in jedem Scheinwerfer verbaut. Das Lichtsystem kann in Verbindung mit der Frontkamera erkennen, ob das Auto in oder außerhalb einer Ortschaften unterwegs ist. Außerhalb von Ortschaften bleibt permanent das Fernlicht eingeschaltet. Die Kamera erkennt entgegenkommende oder vorausfahrende Fahrzeuge. So werden dann einzelne LED ausgeschaltet und das entgegenkommende oder vorausfahrende Fahrzeug ausgeblendet. Das Umfeld und insbesondere die restliche Straße verbleibt tag-hell. Dadurch soll der Fahrer Objekte auf oder an der Straße 30 bis 40 Meter früher erkennen können. Bei 80 Stundenkilometern bedeutet das eine Verbesserung der Reaktionszeit um 1,5 Sekunden. Das entspricht einem ähnlichen technologischen Quantensprung, wie bei der Umstellung von Halogen- auf Xenonlicht. Ein großes Plus an Sicherheit.Bereits am 17. September feierte der neue Opel Astra seine Weltpremiere auf der IAA in Frankfurt. Die Astra-Erfolgsgeschichte und damit der Sturmlauf in die Herzen der Deutschen begann schon vor 80 Jahren. Damals war das Modell noch unter dem Namen Kadett bekannt. 1991 wurde eben jener Kadett von den Opelanern zum Astra umbenannt und soll seither Hightech in der Kompaktklasse zu erschwinglichen Preisen bieten. Und weil die Kompaktklasse beachtliche 23 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht, ist der neue Kompakte eines der wichtigsten Modelle der Rüsselsheimer. So hat Opel in 2014 rund 230.000 Opel Astra in Europa verkauft, davon 46.300 allein in Deutschland. Damit ist der Astra hierzulande 2. erfolgreichstes Modell in der 4-türigen Kompaktklasse.Doch nicht nur das Licht ist neu. Marc Schmidt, Chef-Entwickler in der Projektgruppe für den neuen Astra, erklärt dessen gänzlich neue Architektur. Nicht nur bis zu 200 Kilogramm (140 Kilogramm in der Basisversion) leichter sei der Astra geworden, in der Länge sei er um 49 Millimeter, in der Höhe um 29 Millimeter und in der Breite um 34 Millimeter geschrumpft.Trotz allem bietet der Astra im Innenraum 33 Millimeter mehr Beinfreiheit vor den Rücksitzen sowie 22 Millimeter mehr Kopffreiheit für Fahrer und Beifahrer. Der cW-Wert, der Auskunft über den Luftwiderstand gibt, konnte von 0,32 auf 0,285 verringert werden.Die Optik des neuen Astra erinnert in Details an die Dynamik des Opel Monza, der als Studie während der IAA 2013 vorgestellt worden war. Mit seiner gestreckten, fliesenden Seitenlinie sieht der Astra sportlicher aus als sein Vorgänger. Die höher gelagerte Hinterachse unterstützt dem athletischen Ausdruck. Der trapezförmige Frontgrill verleiht breite Präsenz und darf inzwischen bei keinem neuen Opel-Modell mehr fehlen. Neben dem drei-dimensionalen Stoßfänger ist das beschriebene LED-Matrix-Licht mit seiner markanten Signatur optischer Fußabdruck und Herzstück des neuen Astra. Der Durchbruch in seiner C-Säule erscheint gewagt. Er soll das Dach nicht nur optisch Schweben lassen, er soll dem Blechkleid Charakter und Leichtigkeit verleihen. Am Heck hat der Astra etwas an Bauch verloren. Das unterstreicht seinen ästhetischeren Look. Insgesamt schmeichelt dieses Wechselspiel aus scharfen und weichen Linien dem Auge.
Der gute Eindruck Eindruck setzt sich im Innenraum fort. An Materialanmutung wie auch an der Verarbeitung gibt es kaum etwas zu mäkeln. Praktische Ablagemöglichkeiten gibt es hier in Hülle und Fülle. Auffälligste Neuerung ist die Neustrukturierung der Schalter. Sie sind jetzt in drei Inseln gruppiert. Zentrales Element ist ein großer Touchscreen, mit dem sich der neue Astra intuitiv bedienen lässt. Je nach Ausstattung misst er 7 oder 8 Zoll. Neben dem Schaltknauf finden sich die Schalter die Einstellung der Fahreigenschaften. Erkennbare Mühe hat sich Opel beim Thema Konnektivität gegeben, das derzeit in aller Munde ist. In jedem Astra ist fortan „OnStar“ gegen einen Mehrpreis für 490 Euro mit an Board. Mit diesem System lässt sich im Auto über einen Wlan-Hotspot surfen. Per Knopfdruck hilft ein sogenannter Concierge-Service bei allen Lebensproblemen. Noch nützlicher ist die Kopplung von Apple- und Android-Handys. Deren App-Inhalte lassen sich auf dem Display im Armaturenbrett anzeigen.Die neuen, schmaleren Ergonomie-Sitze (685 Euro) sind ein weiteres Highlight und tragen zum Komfortgewinn bei. Denn sie schmiegen sich durch ihre 18-fache Verstellbarkeit beinahe jedem auch noch so empfindsamen Rücken an. Sollte es doch mal zwicken, zu kalt oder zu warm werden, greift man gerne auf deren Belüftungs- oder Massagefunktion zurück. Insgesamt fühlen sich selbst 1.90 Meter große Menschen vorne wohl und hinten kaum eingeengt. Auch das Kofferraumvolumen (370 bis 1.210 Liter) liegt jetzt auf Niveau der Wettbewerber.Opel bietet im Astra neu-entwickelte Drei- und Vierzylinder-Motoren an. Sie haben einen Hubraum von 1.0 bis 1.6 Liter und damit eine Leistungsspanne von 95 bis 200 PS. Gefahren sind wir den 1,6 Dieselmotor mit seinen 136 PS. Ein ausgesprochen vibrationsarmer und leiser Motor, der uns mit seiner Durchzugskraft und einem Verbrauch knapp über 5 Liter überzeugen konnte.Fährt man den neuen Astra, so bemerkt man direkt, wie gut ihm die Diät getan hat. Deutlich agiler als der Vorgänger geht er zu Werke. Präzise und exakt zirkelt er durch Kurven. Und erscheint dabei keineswegs unkomfortabel. Seine Federung ist ebenso sanft wie sein flüster-leises Abrollen. Und selbst wenn man den Astra herausfordert, provozierend schnell durch die Kurven hetzt oder zackig die Spur wechselt, bleibt er stets souverän. Sein Fünf- wie auch sein Sechs-Ganggetriebe schaltet die Gänge leichtgängig und knackig durch. Zwar bietet Opel im Astra kein Doppelkupplungsgetriebe an, aber der „normale“ Wandler-Automat verrichtet seinen Dienst zuverlässig. Auch einen Allradantrieb sucht man auf der Preisliste vergebens. Auf Wunsch kann man seinen Astra mit einem Spurhalteassistenten inklusive Lenkkorrektur, Rückfahrkamera, Parkassistent, Kollisionswarner und vielem mehr ausstatten.
Fazit:
Nach den Testfahrten habe ich eine Astra-ritis. Davon kann mich nicht einmal sein Preis kurieren. Mit einem Preis ab 17.260 Euro hat der neue Astra den gleichen Preis wie sein Vorgänger. Und das bei höherer Qualität und besserer Ausstattung. Was uns im Kopf bleibt, ist das agile Handling, die beeindruckende Konnektivität und das mutige Design des neuen Astra. Mit diesen Attributen wird man der über die Jahre enteilten, aber aktuell angeschlagenen Konkurrenz aus Wolfsburg näher auf die Pelle rücken können.
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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