Nürburgring, Nordschleife, die Grüne Hölle – Opel Corsa OPC: die Rennsau!
Tatort: Nürburgring, Herbsttag, kalt windig, aber Sonnenschein.
Tatwaffe: Der neue Opel Corsa OPC, die kleine Rennsau aus Rüsselsheim mit 207 PS verteilt auf 1.293 Kilo.
Helfer: Das Renntrainer-Team der Scuderia S7. Eine Gruppe 20 Rennsport-Verrückter, die es sich zum Ziel gemacht haben anderen PS-Junkies den Weg zur Ideallinie auf der Nordschleife ein wenig näher zu bringen.
Teilnehmer: Neben der Opel-Gruppe begaben sich etwa 70 Fahrer aus aller Welt auf den Ring. Ihre Autos waren teilweise geliehen, zum größeren Teil jedoch im Besitz der Fahrer. Ferrari 488, Porsche GT3, BMW M4, Corvette, McLaren oder Mercedes SLS hießen nur einige der Schätzchen. Der Geschmack der Käufer gleichwohl exklusiv wie teuer. Scheint gewagt von Opel, den Corsa OPC in dieses Haifischbecken zu werfen. Könnte doch die Gefahr groß sein, dass er gefressen wird und gegen die anderen, wesentlich teureren Modelle untergeht.
Gebühr: Wussten Sie wie beliebt die beinahe täglich stattfindenden Touristenfahrten auf der Nordschleife sind? Für eine Gebühr von 27 Euro pro Runde darf jeder mal auf die Nordschleife. Allerdings passieren im Touristen-Tumult viele Unfälle, zu groß ist die Leistungs-Diskrepanz der Fahrer. Deshalb rät das Team der Scuderia S7 zum professionellen, geführten Training. Der Preis hierfür ist allerdings beachtlich. Stolze 2.690 Euro kostet das Training für die 2 Tage. Übernachtungen und Verpflegung inklusive – versteht sich.
Ob sich das lohnt und wie sich der Corsa auf der Nordschleife unter den ganzen Supersportlern schlägt?
Los geht’s. Ein Schelm, wer denkt, man würde sofort ins kalte Wasser geworfen. Nein, denn die Nordschleife ist gefährlich. Schnelles Fahren ist immer gefährlich, doch die grüne Hölle ist besonders anspruchsvoll. Manche sprechen vom schwersten Rundkurs überhaupt, andere vom Besten. Fest steht, es gibt kaum Auslaufzonen. Kommt man von der Strecke ab, klebt man sehr schnell in der Leitplanke. Deshalb werden wir Fahrer gebrieft. Flaggenlehre, Ideallinie, Auto-Kunde, Rennregeln, Gefahren und das richtige Verhalten bei und vor unvermeidlichen Unfällen stand auf dem Stundenplan. Als unser Trainer nach dem Unterricht sein Hemd öffnete und eine Nordschleifen-Tätowierung auf seiner rechten Brust entblößte, fühlte ich mich in guten Händen. Wohlwissend, dass das hier kein Kindergeburtstag wird.
Und dann ging’s ganz schnell auf die Strecke.
Helmprobe: Passt! Auto: Passt noch besser!
Die Scuderia S7 teilte die Nordschleife in 6 Passagen. In der ersten Runde ist langsam das Motto. Der Renncoach erklärt über Funk die Ideallinie, Brems- und Beschleunigungspunkte. Etwa 12 Autos pro Gruppe fahren dann im Gänsemarsch hinter dem Trainer her. Am Ende der Passage fährt man sie geordnet zurück. Im rotierenden System, dass jeder mal die Rückleuchten des Führungsfahrzeuges bestaunen kann. Und das macht man so lange, bis jeder die Ideallinie gefunden hat.Klar gibt es hier Highlights. Fuchsröhre, Flugplatz, Schwedenkreuz, Klein Monaco und wie sie alle heißen. Hier irgendwo muss doch Niki Lauda sein Ohr verloren haben.
Gefunden hab ich’s nicht. Was ich aber fand, war und ist eine neue Liebe. Zugegebenermaßen dachte ich anfangs, dass der kleine Rennzwerg gegen die Supersportwagen der anderen Teilnehmer kaum eine Chance haben würde. Und auf langen Geraden hat er das auch tatsächlich nicht. Trotzdem sind die 6,8 Sekunden von 0 auf 100 ein guter Wert. Doch um auf der Geraden zu überholen, ist der Motor im Vergleich einfach zu klein. In den Kurven sieht das schon ganz anders aus. Der Corsa saugt sich hier förmlich rein. Bei angemessener Geschwindigkeit läuft er wie auf Schienen. Und fährt man doch mal zu schnell in eine Schikane, bleibt der Rennzwerg berechen- und beherrschbar. Durch das niedrige Gewicht des Corsa OPC ist man hier sogar richtig schnell unterwegs. So schnell, dass man als guter Fahrer die Porsches, McLarens und Ferraris erstaunlich lange hinter sich lassen kann. Was die Besitzer der teuren Luxus-Boliden ziemlich ärgert!Nach dem Sektionstraining folgt, was folgen muss. Die Strecke wird am Stück gefahren. Erst geführt, dann frei. Jetzt verstehe ich, warum manche Menschen weit mehr als 1000 Runden hier gefahren haben und von Nordschleifen-Sucht sprechen. Je besser ich werde, desto mehr zieht mich die grüne Hölle in ihren Bann. Auch ich entwickle ein Suchtverhalten. Es nervt, dass ich nach 7 Runden zum Tanken raus fahren muss. Auch Überholverbot-Flaggen nerven. Nerven tierisch. Schnell spüre ich, wie unglaublich gut der Corsa hier über die Strecke geht. Ich fühle mich wie in einem echten Rennwagen. Er klingt so, er klebt so in der Kurve, er ist so berechenbar und er ist so durchzugskräftig. Er wurde auf der Nordschleife entwickelt und ist so gut geworden, dass er mit den Supersportlern mithalten kann. Und das ist wohl das größte Kompliment, das man dem mindestens 24.395 Euro „teuren“ Rennzwerg machen kann. Man bedenke, dass die „Konkurrenz“ oft weit über 200.000 Euro kostet!
Zuletzt wird Rennen gefahren. Im 4-Sekunden-Abstand starten die Autos auf die Strecke. Wer denkt, er habe zu wenig Spannung in seinem Leben, dem wird hier definitiv die nötige Portion Adrenalin eingeimpft. Jeder will jetzt zeigen was er kann. Und nach zwei Tagen lässt sich das bei vielen Fahrern schon wirklich sehen. Leider gibt es auch Blechschäden. So fuhr ein Teilnehmer mit seinem 340.000 Euro teuren Ferrari F12 in die Leitplanke. Totalschaden. Beachtlich ist, dass der Corsa OPC phänomenale Rundenzeiten hinlegen kann. Erfreulich und auch der guten Arbeit des Teams der Scuderia S7 geschuldet, das es bei Blechschäden blieb. Keinem der Fahrer ist etwas passiert, dem ein oder anderen wird lediglich eine ausgeprägte Nordschleifen-Sucht diagnostiziert werden können.
Fazit:
Am Schluss werden Pokale verteilt. Mein Pokal geht an den Opel Corsa OPC. Phänomenal gut schlägt sich der Kleine auf der Nordschleife. Kein Wunder, denn es ist quasi sein Wohnzimmer, wurde er doch hier entwickelt. Mein Herz gehört künftig diesem Rundkurs. Ich weiß zwar nicht, ob die Grüne Hölle in grüner Farbe jemals die Haut über meinem Herzen zieren wird. Aber ich wache am nächsten Tag auf, und will zurück auf die Strecke, zurück in dieses Auto.
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Jan Weizenecker
Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.
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Hallo Jan,
Danke für den anschaulichen und humorvollen Bericht!
Ich denke auch, dass der Corsa OPC völlig ausreicht, um die „Grüne Hölle“ zu befahren (zumindest, wenn man kein Rennprofi ist). Die Kurven sind nicht zu unterschätzen 😉
Aber ich weiß ja nicht, ob mir der Kurs für 2.690€ Wert wäre :/
Beste Grüße
Arthi