Leben in der Cloud (4): Cloud-Computing steuert die Industrie 4.0
Die Zukunft des Internets liegt in den Wolken, genauer gesagt im Cloud-Computing. Dieser Begriff steht für die Verknüpfung von zahlreichen Servern zu einem übergeordneten Netzwerk, das eine zentralisierte Datenspeicherung und gleichzeitig den Online-Zugriff von unbegrenzt vielen Nutzern auf eine Vielfalt von Computerdienstleistungen ermöglicht. Das autonom fahrende Auto, der Straßenverkehr von morgen und auch weite Teile der Industrie sind ohne CloudComputing nicht vorstellbar. Bei Continental in Hannover spielt die Cloud in der Produktion eine tragende Säule. Wenn die Produktion in den Unternehmen auf der Höhe der Zeit bleiben und der Konkurrenz gewachsen sein will, muss sie sich mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik verzahnen. Industrie 4.0 nennt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Schritt nach Dampfmaschine, Fließband, Elektronik und IT, den Fabriken (sogenannte „Smart Factories“) in die vierte industrielle Revolution machen müssen. Technische Grundlage hierfür sind intelligente, digital vernetzte Systeme, mit deren Hilfe eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich wird: Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte kommunizieren und kooperieren in der Industrie 4.0 direkt miteinander. Produktions- und Logistikprozesse zwischen Unternehmen im selben Produktionsprozess werden miteinander verzahnt, um noch effizienter und flexibler zu werden. Ohne Cloud Computing könnten Unternehmen die dabei erforderlichen riesigen Datenmengen nicht verarbeiten und auswerten, um Prozesse erfolgreich zu automatisieren und zu optimieren. Cloud Computing ist daher die Basistechnologie der Industrie 4.0. Wie das in der Praxis funktioniert, lässt sich am Beispiel von Continental in Hannover beobachten. Die immer weiter wachsende Nachfrage nach Fahrerassistenzsystemen, Elektromobilität, Multimedia und Vernetzung im Fahrzeug lässt die Bedeutung der Elektronikproduktion stetig steil ansteigen. Lösungswege geht Continental unter anderem mit Methoden wie Big Data Analysis oder sogenannter kollaborativer Robotik der Industrie 4.0., also das enge Zusammenspiel zwischen Roboter und Mitarbeiter. „Um den Anforderungen nach Effizienz und Qualität bei kürzeren Entwicklungszyklen gerecht werden zu können, haben wir die Weichen für eine vernetzte, intelligente Produktion gestellt“, erläutert Henner Cnyrim, ehemaliger Leiter der Continental Elektronikwerke. Er fügt hinzu: „Wir sammeln schon heute in jeder unserer Fabriken monatlich rund ein Terabyte Rohdaten, und unsere Produkte wissen selbständig, in welchem Prozessschritt sie sich befinden, ob sie eine Qualitätsprüfung bestanden haben und welcher Schritt als nächster folgt.“ Mit ausgeklügelten Analyseverfahren wird es zukünftig möglich sein, aus Vergangenheitsdaten Entscheidungen für die Zukunft abzuleiten. „Dadurch lässt sich nicht nur die Fehlerrate verringern und die Qualität erhöhen. Die Verkürzung logistischer Abläufe, die Optimierung von Bauteilpaarungen sowie intelligente Prozessregelungen reduzieren mit datenanalytischen Verfahren der Industrie 4.0 zudem die Kosten“, erklärt Cnyrims Nachfolger Hans-Jürgen Braun die Vorteile. Die vierte industrielle Revolution zeichnet sich unter anderem durch die intelligente Vernetzung von Fertigungs- und Instandhaltungsprozessen aus. Notwendige Daten stehen in Echtzeit weltweit zur Verfügung. Daraus ergeben sich ganz neue Geschäftsmöglichkeiten. Predictive Maintenance, also das vorausschauende Warten und Instandhalten von Maschinen und Anlagen, wird künftig ein wesentlicher Wachstums- und Effizienztreiber in einer Vielzahl der Industrien sein. Auch die sogenannte kollaborative Robotik ist ein innovativer Ansatz der Industrie 4.0, der die Arbeitsorganisation von morgen in großen Teilen verändern wird. „Vorteile der kollaborativen Robotik sehen wir nicht nur in der Ergonomie und Effizienzsteigerung, sondern auch in der Flexibilität. Moderne Roboter lassen sich binnen weniger Minuten für neue Arbeitsschritte programmieren“, so Braun. „Kollaborative Robotik bietet zudem die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit von Fertigungsstandorten außerhalb sogenannter Best-Cost-Länder zu sichern.“ Continental hat deshalb bereits drei Robotik-Kompetenzzentren in Deutschland, USA und China gegründet und arbeitet daran, diese neuen Möglichkeiten in die Produktion zu führen. Bis auf einige Ausnahmen steht sich ein großer Teil der deutschen Industrie allerdings erst am Beginn der ersten Etappe auf dem Weg zur Industrie 4.0 und droht – so fürchten Cloud-Computing-Fachleurte, teilweise sogar den Anschluss zu verlieren. Gründe dafür liefern Sicherheitsbedenken, die größtenteils auf mangelnde Information zurückzuführen sind. Dabei ist die ursprüngliche Definition der Cloud – externe Hardware über das Internet zu nutzen, wenn sie nur phasenweise oder in Spitzen benötigt wird – für die Belange der Industrie nicht geeignet. Das gilt für Leistungen und Services ebenso wie für Datenschutz und Datensicherheit, da sich die Infrastruktur oft nicht in Deutschland oder nicht einmal in Europa befindet und somit hiesige strenge Datenschutzgesetze unwirksam sind. Die bessere Wahl sind maßgeschneiderte, Kunden-/Projekt-individuelle Cloud-Angebote, die ausschließlich auf genau definierten, individuell zugeordneten und abgesicherten Servern in deutschen oder europäischen Rechenzentren stattfinden, und die bei Bedarf als Hybrid Cloud-Lösung um weitere Rechenkapazitäten nach den gleichen strengen Kriterien erweitert werden können. So können intelligente Wertschöpfungsketten entstehen, die zudem alle Phasen des Lebenszyklus eines Produkts miteinschließen – von der Idee eines Produkts über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling. ampnet
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