Der Honda HR-V im Alltagstest – Vollhybrides C-SUV liebt die gelassene Gangart
In diesem Frühjahr kam der neue Honda HR-V mit dem sogenannten „Direct Drive“ auf den Markt. Wir haben ihn bereits im Alltagstest in der Advance-Ausstattung unter die Lupe genommen. Unsere Erfahrungen aus gemischten Fahrten in der Stadt auf Landstraße und auch auf Autobahnen sollen eine Hilfe bei der Frage sein, ob der HR-V für Euch als nächstes Auto in Frage kommt.
Honda HR-V im Alltagstest
Design tendiert zu Mainstream
Zunächst zur Optik: In unseren Augen ist der 4,34 Meter lange und 1,56 Meter hohe HR-V der wohl schönste Honda der letzten Jahre. Sein klares Design macht ihn hier in Europa für eine größerer Gruppe kaufbar, was man beileibe nicht über jedes Honda-Modell sagen kann. Der aufrechte, in Wagenfarbe lackierte (Advanace Style) Grill mit den schmalen LED-Scheinwerfern ist typisch für modern gezeichnete SUVs, dazu die relativ lange Motorhaube und die nach hinten fallende Dachlinie mit der symmetrischen Licht-Architektur am Heck ergeben ein harmonische Bild.
Wenn man den Honda HR-V von hinten betrachtet, wirkt er allerdings etwas schmal, hier würden etwas breitere und größerer Räder der Anmutung guttun. Aber ein Sportler möchte der HR-V offensichtlich nicht sein, weder optisch, noch was den Vortrieb angeht. In der Basis (Elegance) ist der Honda HR-V für 31.300 Euro zu haben. Darüber gibt es ihn als Advance ab 33.600 Euro. Die Top-Ausstattung „Advance Style“ möchte mit 36.400 Euro bezahlt sein.
Unser Testwagen rollt mit der Advance-Ausstattung vor. Schon die Basis hat einiges zu bieten, so Apple Carplay und Android Auto zur kabellosen Anbindung der Smartphones, eine Rückfahrkamera und jede Menge nützlicher Assistenz-Systeme. Die Bedienung des Kommunikationssystems hat sich uns auf Anhieb ohne Anleitung leicht erschlossen. Auch über den Testzeitraum hinweg hat sich an dieser Erfahrung nichts verändert. Etwas ungünstig ist der Startknopf hinter dem Blinkerhebel platziert, da muss sich der Finger immer wieder durchmogeln.
Im Testwagen fehlte mir die Möglichkeit, das Smartphone kabellos laden zu können, das wäre insbesondere sinnvoll, weil ja auch Apple CarPlay und AndroidAuto kabelfrei funktionieren. Das kabellose Laden ist leider erst in der höchsten Ausstattungsstufe (Advance Style) beinhaltet und kann nicht einzeln dazu gekauft werden. Apropos Aufpreis: Einzige Farbe ohne Mehrpreis ist das Sand Khaki Pearl. Das Rot des Testwagens kostet beachtliche 850 Euro.
Beachtlich viel Nutzraum
Die Sitze im neuen Honda HR-V sind wirklich bequem und auch Großgewachsene können sich auf ihnen selbst auf langen Strecken wohlfühlen. Vor den Rücksitzen steht im Klassenvergleich richtig viel Fußraum zur Verfügung. Das hat uns beeindruckt und fühlt sich nach einer höheren Fahrzeugklasse an. Von den magischen Sitzen in der 2. Reihe (siehe unsere Fotos) kann der Nutzer des HR-V deutlich profitieren. Denn die Sitzflächen lassen sich (ohne Aufpreis) kinderleicht hochklappen. So entsteht ein hoher 2. Nutzraum, der beispielsweise für Tiere, hohe Pflanzen oder auch für ein Fahrrad (ohne Vorderrad) verwendet werden kann.
Aber auch der eigentliche Kofferraum kann sich sehen lassen. 320 Liter Gepäck finden hier bei aufgestellten Rücksitzlehnen Platz. Komplett umgelegt werden bis zu 1.300 Liter daraus. Unter dem Ladenboden gibt es zudem ein Fach, in dem man kleinere Dinge verstecken kann. Das Raumangebot des HR-V hat sich im Testzeitraum absolut bewährt, mehr Raum und Variabilität haben wir in dieser Klasse bisher nicht gefunden. Die Qualitätsanmutung des Innenraums ist in unseren Augen eine mittlere.
Eine Innovation sind übrigens die Luftausströmer an den Seiten des Armaturenbretts. Sie wurden so konzipiert, dass die Luft nicht direkt auf die Insassen strömt, sondern ein wenig umgeleitet wird. Das verhindert Zugluft und versorgt die Menschen im Inneren trotzdem mit ausreichend frischer Luft. Wir haben es immer wieder getestet und tatsächlich, es funktioniert. Sehr angenehm! Frische Luft ist wertvoll. Nicht nur in Corona-Zeiten.
E-Motor und Benziner wirken zusammen
Nun aber zum Antriebssystem des neuen Honda HR-V. Er nutzt 2 Motoren, die zusammenwirken können. Einen E-Motor mit 131 PS und einen Benzin-Verbrenner mit 107 PS. Honda nennt das einen „Voll-Hybriden“. Beim vorsichtigen Anfahren agiert allein der E-Antrieb, wird mehr Kraft benötigt schaltet sich sofort der Benzin-Motor dazu. Das alles wird vollautomatisch gesteuert. Der Fahrer spürt und hört nur, wenn der Verbrenner läuft, weil er lauter agiert. Ein Akku-Satz (tief verbaut) speichert vom Verbrenner erzeugte Energie und auch die Energie aus dem Verlangsamen oder Bremsen wird hier gespeichert, um sie beim dynamischen Beschleunigen oder bei hoher Dauergeschwindigkeit zu nutzen.
Als maximales Drehmoment geben die Japaner 253 Newtonmeter an. In 10,7 Sekunden beschleunigt der rund 1,5 Tonnen wiegende HR-V aus dem Stand auf Tempo 100. Bei 170 Stundenkilometer ist Schluss mit lustig, weil ansonsten der Verbrauch wohl negativ beeinflusst würde. Der Honda HR-V liebt die ruhigere Gangart, dann bleibt er angenehm leise. Sobald man das Gaspedal forscher nach unten drückt, dreht die Maschine und heult vernehmbar auf. Damit einher geht eine deutliche Erhöhung des Verbrauchs.
Geringe Drehzahlen halten den Verbrauch im Zaun
Der liegt nach der WLTP-Norm (Herstellerangabe) bei 5,4 Litern. Auf unseren ersten gemischten Testfahrten haben wir einen Verbrauch von 6,6 Litern notiert. Dabei hatten wir keine Verbrauchsminimierung im Sinn. Wir sind immer wieder „normal“ gefahren, waren auf allen Straßentypen unterwegs, und haben auf der Autobahn Tempo 140 nicht überschritten. Wenn man auf einer längeren Strecke deutlich schneller fährt und stetig forsch beschleunigt, schlägt das beim Verbrauch erkennbar negativ durch, dann sind werte zwischen 7 und 8 Litern durchaus drin.
Die Kraft der Motoren wird übrigens über ein sogenanntes Direct-Getriebe übertragen, das laut Honda besonders wenig Reibung verursachen soll. Allerdings reagiert es auf starkes Gas geben mit einem hochfrequenten Drehen des Verbrenners. Das klingt nicht angenehm. Honda sagt dazu, dass man einen Vollhybriden nicht in dieser Art fahren sollte. Man sollte behutsam beschleunigen, das würde das Geräuschniveau niedrig halten und den Verbrauch positiv beeinflussen. Der Autotester denkt nach der mehrtätigen Testphase, dass man unter dieser Prämisse mit dem neuen HR-V einen Verbrauch von knapp unter 6 Litern erreichen kann, wenn man es darauf auslegt.
Für uns stellt sich jedoch die Frage, ob die genannten Verbrauchswerte den Aufwand von 2 Motoren und viel Regeltechnik rechtfertigen. Denn gute Benziner kann man in Kombination mit einem moderner Doppelkupplungsgetriebe bei zurückhaltender Fahrweise in einem kompakten SUV auch mit 6 bis 6,5 Litern Verbrauch bewegen. Gegenüber einem Plug-in-Hybriden stehen dann zwar keine E-Reichweiten von 40 bis 50 Kilometern bereit, man muss aber auch nicht Zeit für Lade- und Wartevorgänge verwenden. Plug-in-Hybride sind selbstredend nur sinnvoll, wenn man ihren E-Antrieb möglichst häufig nutzt. Mit dem Wegfall der Förderung für Plug-in-Hybride zum Jahresende werden deren Verkaufszahlen wohl deutlich zurückgehen. Vollhybride wie der HR-V werden weiterhin nicht gefördert.
Fazit
Optisch ist der neue Honda HR-V gelungen. Dieser Crossover passt bestens in den Reigen der zur Zeit so beliebten Kompakt-SUVs. Damit sollte Honda neue Kundengruppen ansprechen können. Sein Raumkonzept mit dem weit vorn und tief eingebauten Tank, dem tiefliegenden Akku-Satz und den magischen Sitzen ist herausragend, denn es bringt ein beachtliches Plus an Nutzraum. Wer den neuen HR-V fährt, der sollte seinen Fahrstil an den Vollhybriden anpassen, sprich nicht zu wild Gas geben, es lieber ruhig angehen lassen, dann bleibt der Verbrauch im günstigen Bereich.
Ein wilder Sportler ist der neue Honda HR-V nicht. Preise ab 31.300 Euro sind nicht per se kein Schnäppchen, aber man bekommt für dieses Geld mit dem HR-V eine gute Ausstattung und besonders viel Nutzraum auf kompakter Fläche. Unsere Redaktionsmitglieder sind diesen Japaner gern gefahren.
Technische Daten – Honda HR-V (Advance Style)
Vierzylinder, 1,5 i-MMD-Hybrid, Vorderradantrieb, e-CVT Direktantrieb,
Max. Leistung. 96 kW/131 PS
Max. Drehmoment 253 Nm
Hubraum 1498 cm3
Länge: 4,340 Meter Breite: 2,029 Meter (mit Außenspiegel) Höhe: 1,56 Meter
Radstand: 2,641 Meter
Kofferraumvolumen: 320 Liter; mit umgeklappten Sitzen: 972 -1.290 Liter
Leergewicht: 1.452 Kilogramm
Zulässiges Gesamtgewicht: 1.870
Kilogramm Zuladung: 418 Kilogramm
Dachlast: 50 Kilogramm
Verbrauch: 5,5 Liter (WLTP)
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
0-100 km/h: 10,7 Sekunden
Wendekreis: 11,0 Meter
Volumen Kraftstofftank: 40 Liter
Basispreis ab 30.400 Euro (Elegance)
Testwagen ab 35.300 Euro (Advance Style)
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Dr. Friedbert Weizenecker
Dr. Friedbert Weizenecker - Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich Auto-Themen für mehrere Zeitungen. Vor meiner Zeit als Auto-Journalist habe ich wirtschaftswissenschaftliche Features für ein Wirtschaftsmagazin und für Zeitungen verfasst. Als Volkswirt, Betriebswirt und Soziologe versuche ich auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte einfließen zu lassen. Autos sind meine Leidenschaft.
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