Der Volkswagen Touran und der Opel Zafira, zwei direkte Konkurrenten, treffen sich: Der Kampf um die Krone des Familientransporters kann beginnen … so oder so ähnlich lässt sich der Vergleich der beiden Familien-Modelle überschreiben. Zum Praxistest treten beide Kandidaten mit ihren leistungsstärksten Benzintriebwerken zum an.

Erster Eindruck

Der VW Touran ist bereits auf den ersten Blick der konsequentere Van. Kastenähnlich ist seine Karosserieform, der aktuelle Zafira Opel wurde dynamischer gezeichnet. Im Innenraum zeigen beide Hersteller gute Verarbeitung und Materialwahl. Beide blieben aber nicht ohne Mängel. Der VW knarzte hin und wieder aus diversen Verkleidungs- und Armaturenteilen. Der Opel nervte mit seinem jaulenden Getriebe im Schubbetrieb (unterhalb 1.600 U/min). In Anbetracht der Einstandspreise sollten beide Hersteller hier im Detail nachbessern.

Wer sich für einen Van entscheidet, der erwartet hohe Variabilität für eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten im Alltag. Es wird sprichwörtlich die Eier legende Wollmilchsau vom Kunden verlangt.

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Innenraum

Beim Volkswagen Touran fällt zunächst die edle Materialanmutung in der höchsten Ausstattungslinie „Highline“ ins Auge. Die Stoff-Alcantara Sitzbezüge sind pflegeleicht, wenn auch für Familien im hier verbauten hellgrau nicht die beste Wahl. Die Mittelkonsole sorgt mit ihren Klavierlack-Elementen  und den Chromapplikationen für einen hochwertigeren Eindruck, als der Opel Zafira. Dieser Eindruck setzt sich bei den mit Stoff ausgekleideten Türablagen und dem weicher aufgeschäumten Armaturenbrett fort. Die verbauten Komfort-Sitze sind angenehm gepolstert, bieten guten Seitenhalt und sorgen auch auf Langstrecken kaum für Ermüdung im Rücken. Wer trotzdem mehr möchte, bekommt gegen einen relativ geringen Aufpreis Aufpreis „Ergo-Activ-Sitze“, die zudem eine teilelektrische Einstellung des Gestühls ermöglichen. Somit spreche ich hier in jedem Fall eine klare Empfehlung für die optionalen Sitze aus.

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Gegen Aufpreis bietet auch der Opel Zafira ergonomisch geformte Sitze, die sogar zertifiziert sind. Sie sind zwar recht eng geschnitten, bieten aber selbst bei langen Etappen von 800 Kilometern einen formidablen Komfort und sind somit jeden Euro wert.

Bei den verwendeten Materialien scheinen die Rüsselsheimer den ein oder anderen Cent gegenüber dem VW Touran eingespart zu haben, da hier die Kunststoffe etwas robuster ausgeführt sind. Für den Perfektionisten ist dies ein kleiner Mangel, für Familien mit kleinen Kindern hingegen ein klarer Segen, da alles perfekt zu reinigen ist.

VW edel – Opel praxisgerecht

Bei der Variabiliät glänzen beide mit zahlreichen Verstaumöglichkeiten und Platz für Kind und Kegel. Es gibt es jedoch kleine, aber feine Unterscheide, mit denen sich der Opel positiv abheben kann. Da wäre zum einen das optional erhältliche Lounge-Sitz-System für die 2. Sitzreihe. Mit ihm können die beiden äußeren Sitze ein wenig nach innen versetzt werden und der mittlere Sitz in eine bequeme Armauflage verwandelt werden. Dadurch entsteht ein deutlich komfortableres Sitzgefühl mit mehr Bewegungsfreiheit. Zusätzlich bietet der Rüsselsheimer Van mit der variablen FlexRail Mittelkonsole zwischen den Vordersitzen eine praktische Verstaumöglichkeit, die von beiden Sitzreihen genutzt werden kann. Hier finden selbst zwei 1,5 Liter-Flaschen Platz oder auch ein Kaffeebecher und zahlreiche kleine Utensilien.

Stauraum – Opel vorn
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Platz für 7 Personen bieten zwar beide Testfahrzeuge in ihrer Basisversion nicht, optional wäre allerdings für beide eine dritte Sitzreihe mit zwei weiteren Sitzmöglichkeiten bestellbar. Wer nicht immer ein Basketballteam von A nach B fährt, sollte getrost zum 5-Sitzer  greifen. Vorteil ist hier ganz klar ein besser nutzbarer Kofferraum. Einen Zwillingskinderwagen beispielsweise nehmen beide Modelle problemlos im Kofferraum auf. Zudem können auf den äußeren Sitzen dank ISOFIX und fehlender Bodentanks Reborder- oder Stützfuß-Modelle als Kindersitze verwendet werden (keine Selbstverständlichkeit im Van Umfeld!).

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Zwar bietet keiner der beiden eine praktische Schiebetür für den problemlosen Ein- und Ausstieg des Nachwuchses, aber es gibt deutliche Unterschiede. So sind die hinteren Türen am VW deutlich größer und geben einen breiteren Einstieg frei. Dies ist besonders für Eltern interessant, da sich hier mehr Spielraum zum An- und Abschnallen oder installieren der Babyschale auf den Fondsitzen bietet. Der Opel ist hier deutlich enger geschnitten und die Türen merklich schmaler ausgeführt.

Be- und Entladen – Der VW Touran hat die Nase vorn

Ein Familienmobil von heute ist nicht einfach nur praktisch sein, die Familie erwartet heute Entertainment und der Fahrer auf Langstrecken Assistenz.

Beide Kompaktvans sind hier gut aufgestellt, wobei der Unterschied in der Praxis größer ausfällt, als man denken würde.

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Der Opel Zafira bietet im Bereich Unterhaltung für Groß und Klein ein umfangreiches Programm. Neben der Vernetzung der Smartphones mit Hilfe der Apps von CarPlay oder Android Auto zur Navigation bietet Opel auch seinen Telematikdienst „Opel onStar“. Mit Hilfe von Opel onStar kann sich der Kunde neben relevanten Adressen für Verpflegung und Sehenswürdigkeiten auch in einem Notfall optimal helfen lassen. So verfügt der Opel Zafira über ein automatisches Notrufsystem, das bei einem  Unfall schnelle Hilfe zum verunfallten Fahrzeug schickt.

Die Kinder werden sich über den im onStar Paket erhältlichen WLAN Hotspot freuen, der bis zu 8 Endgeräten den schnellen LTE Zugang im Fahrzeug ermöglicht. So ist das Musikstreamen ebenso möglich, wie ein Surfen im Internet.

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Der Touran bietet hier zwar einen ähnlichen Dienst (gegen Gebühr) wie bei Opel, jedoch zu erhöhten Tarifen und nur in Verbindung mit einer Vielzahl an weiteren, aufpreispflichtigen Ausstattungsoptionen. Dafür gibt es im VW Touran nicht nur ein Werksnavigationssystem (Opel bietet nur eins), sondern zwei Stück. Das hier verbaute Discover-Pro-System bietet einen größeren Bildschirm im Vergleich zum kleinen Discover Media.

Assistenz

Wer mit dem Touran auf die Langstrecke geht, wird in ihm den entspannteren Reisepartner finden. Während der Opel Zafira im Bereich der Assistenzsysteme eher eine warnende Unterstützung bietet, greift der Touran aktiv ins Geschehen ein und entlastet den Fahrer dabei spürbar. Der Kunde hat bei VW die Möglichkeit, vom automatisch regelnden Abstandstempomaten bis hin zum aktiven Spurhalteassistenten mehrere Helferlein an Bord zu holen. Alle Systeme arbeiten zuverlässig und schaffen so Vertrauen zur Technik.

Opel der Entertainer – Volkswagen der Personal Assistent.

Sowohl aus dem Hause Volkswagen, als auch in Rüsselsheim gibt es Familienväter, die gerne etwas flotter mit der Familienkutsche unterwegs sind. So bieten beide Hersteller nicht nur die obligatorischen Dieseltriebwerke und schwachbrüstige Einstiegstriebwerke, sondern zusätzlich turbo-aufgeladene Benzintriebwerke mit Leistungen von 180 – 200 Pferdestärken.

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Beim VW Touran 1.8 TSI werkelt ein etwas älterer Bekannter aus dem Volkswagen Haus. Der 1,8 Liter Vierzylinder Turbomotor leistet hier 180 PS und stellt ein maximales Drehmoment von 250 Nm bereit. Gekuppelt wird hier vollautomatisch mit einem 7-Stufen Doppelkupplungsgetriebe ab Werk. In schlanken 8,3 Sekunden sprintet das Wolfsburger Familienmobil auf Landstraßentempo, bei 218 km/h endet dann der Vortrieb auf einer freien Autobahnetappe.

Kultiviert, aber etwas leistungsschwach wirkt das Aggregat im Testwagen. Entflammt der kleine Motor im unteren Drehzahlbereich noch ordentlich Feuer, scheint die Flamme bei höherer Drehzahl und steigendem Tempo immer kleiner zu werden. Dafür trinkt der 1.8TSI aber auch noch am meisten Kraftstoff. So kam ich in im Testzeitraum auf einen Schnitt von 8,4 l/100km. Wer den Kraftmeier oft im Kurzstreckenbetrieb hält, der sollte gut und gerne mit einem zweistelligen Wert rechnen, da Motor eine recht lange Warmlaufphase zeigt und in dieser weniger wirtschaftlich operiert.

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Beim Opel sieht das anders aus. Er besitzt ein jüngeres Triebwerk mit lediglich 1,6 Liter Hubraum, das mit 200 Pferdchen und 280 Nm Drehmoment auf dem Papier als Sieger hervorgeht.

In der Praxis überzeugt der Ecotec-Antrieb aus Rüsselsheim nicht zuletzt flotte Fahrernaturen. Zwar entwickelt der moderne Downsizing Motor bis etwa 3.000 U/min gefühlt weniger Kraft, legt sich dafür aber beim Ausdrehen deutlich vehementer ins Zeug. So schiebt der Motor bei freier Bahn besser an, bleibt dabei akustisch zurückhaltender als der Volkswagen und verbraucht im Alltag nachweislich weniger Kraftstoff. Mit einem Gesamtschnitt von 8,0 l/100km bei gleichem Einsatzgebiet, zeigt der Opel klar Flagge. Er ist hier nicht nur der stärkere, sondern auch die effizientere Antrieb der beiden.

Der junge Antrieb zeigt dem alten die Rücklichter – Punkt für den Opel Zafira 1.6 Turbo.

Viele Familien schätzen nicht nur die mit Van-Modellen verbundene erhöhte Nutzbarkeit für den Kindertransport, sondern auch das entspanntere Fahren. Durch die in beiden Modellen leicht erhöhte Sitzposition in Verbindung mit großen Glasflächen entsteht eine gute Übersicht. Einzig die teils extrem lang und breit ausgeführte Dachsäule an der Windschutzscheibe (A-Säule) stört bei Kurvenfahrt hin und wieder die Sicht nach vorne links. Beim Volkswagen ist dieser Blick durch eine schmalere A-Säule besser und sorgt so für einen leichten Vorteil im Fahrbetrieb.

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Unterwegs dürfen dann die optional bei Opel und VW verbauten adaptiven Fahrwerke zeigen was sie können. Die mögliche Verstellung der Dämpferelemente soll zum einen eine besonders große Spreizung zwischen einem bestmöglichen Komfort für die Insassen und zum anderen eine dynamischere Auslegung bei flotter Gangart ermöglichen. Im VW Touran nennt sich das System DCC und ist in 4 Stufen einstellbar (Normal, Dynamik, Comfort und Individual). Wer das System aus den Kombimodellen Passat und Superb kennt, dürfte im Touran etwas enttäuscht werden. Insbesondere wenn es um die für Familienfahrzeuge wichtige Stellung „Comfort“ geht. Das grundlegend straff abgestimmte Fahrwerk des VW Touran wird auch in der sanftesten Stellung leider kaum weicher. Querfugen, kurze Schläge oder lange Wellen werden zwar merklich gemildert, dringen aber all zu oft doch noch an die Mitfahrer. Dynamik hingegen wirkt sich besonders positiv auf die sehr leichtgängige Lenkung aus. Durch die deutliche Rücknahme an Servounterstützung entsteht für den Fahrer ein direkteres Gefühl und die Rückmeldung steigt.
Beim VW Touran überzeugt hingegen die Möglichkeit des individuell einstellbaren Modus. Ich nutze diesen sehr gerne und stelle mir die Lenkung auf „Dynamik“ für besseres Feedback und die Dämpfer auf „Comfort“ für den bestmöglichen Federungskomfort.

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Der Opel Zafira bietet diese Indiviudalisierungsmöglichkeit leider nicht. Bei ihm gibt es nur die Wahl zwischen Tour (komfortabel), Normal und Sport zu wählen. Während sich der Normalzustand und die sportliche Einstellung kaum unterscheiden, ist der Tour-Modus im Zafira fast schon eine Offenbarung. Sauber bügelt das Fahrwerk selbst grobe Unebenheiten weg und schwingt nur wenig nach. Die Lenkung bleibt hier im Gegensatz zum Touran vollkommen unbeeindruckt und weiterhin sehr präzise und mit toller Rückmeldung. So bietet der Opel Zafira das insgesamt schönere Fahrgefühl für den Alltag und auch für die Langstrecke. Selbst bei hohem Tempo bleiben beide sehr gut beherrschbar und sind selbst in kritischen Fahrsituationen dank sanft regelnder Sicherheitssysteme gutmütig.

Den größten Kritikpunkt am Opel Zafira gibt es hingegen im Bereich der Bremsanlage und dem Bremsgefühl. Denn während beim Touran die Bremsanlage fein dosierbar ist, zeigt der Zafira ein weiches Bremsgefühl mit weitem Pedalweg.

Komfortkönig Opel Zafira – Dynamiker VW Touran.

Fazit

Am Ende sind die Fronten geklärt und das Ergebnis ist für mich klar. Der VW Touran ist das frischere, dynamischere Fahrzeug. Das gilt für den Dienstwagenfahrer genauso wie für den Papa mit dem Hang zum Modernen. Er bietet ein hohe Materialgüte, viel Platz und eine Vielzahl an Assistenzsystemen auf aktuellstem Technikstand. Beim Antrieb sollte man hier zum Diesel greifen. Für Wenigfahrer passt der kleine 1,4 l Turbo-Benziner wohl am besten. Der 1,8 Liter Antrieb enttäuscht besonders im Bereich Leistung und Benzinkonsum.

Der Opel Zafira 1.6 Turbo überzeugt mit  seinem Komfort und dem optionalen FlexRide Fahrwerkssystem. Die besseren AGR Sitze sind ebenso gesetzt auf der Aufpreisliste wie die lichtbringende Panoramawindschutzscheibe und der durchzugstarke 1,6 l Turbomotor. Er bietet ordentliche Kraftreserven bei Bedarf und dies ohne dabei sich ungezügelt beim Kraftstoff zu bedienen. Auch im Punkt Familientauglichkeit ist der Opel Zafira dem VW Touran einen kleinen Schritt voraus. So bietet der Opel noch cleverere Detaillösungen für Familien und die unempfindlicheren Kunststoffe, die jedoch hier und da ein wenig hochwertiger wirken dürften.

Technische Daten

 

Opel Zafira 1.6 Turbo

VW Touran 1.8 TSI

Motor

1,6 l Vierzylinder Turbo

1,8 l Vierzylinder Turbo

Leistung

200 PS // 280 Nm

180 PS // 250 Nm

Getriebe

6 – Gang Handschaltung

7-Stufen Doppelkupplung

0 – 100 km/h

8,8 s

8,3 s

Vmax

220 km/h

218 km/h

Verbrauch NEFZ7,2 l/100km – 168 g/km CO2

6,2 l/100km – 142 g/km CO2

Testverbrauch

8,0 l/100km

8,4 l/100km

Testwagenpreis40.265 Euro

44.682 Euro

Mehr von Autor Matthias Gill gibts unter https://ubi-testet.de/