Das sicherste Verkehrsmittel? Das ist je nach Betrachtungsweise das Flugzeug oder die Bahn. Unter den Automobilen aber zählen Cabriolets und Roadster zu den Fahrzeugen mit dem geringsten Unfallaufkommen. Das beweisen die Daten des Unfallforschungsprojekts GIDAS (German in-Depth Accident Study). Daimler, einer der Autohersteller mit dem größten Modellprogramm an offenen Autos, hat sie ausgewertet.

Das Cabrio-Jahr hat längst begonnen. Und je mehr der zwei- oder viersitzigen offenen Autos über die ausgesucht schönen Strecken der deutschen und angrenzenden Lande cruisen, wird die Zahl all jener größer, die fragen: Ist das denn sicher? Das fehlende Dach über dem Kopf weckt bei vielen das Horrorszenario eines Unfalls, im schlimmsten Fall sogar eines Überschlags.

Doch weit gefehlt, sagt Professor Dr. Rodolfo Schöneburg, Leiter der Fahrzeugsicherheit bei Mercedes-Benz Cars. „Cabrios und Roadster sind unterdurchschnittlich oft in Unfälle verwickelt, das zeigen unsere Auswertungen der GIDAS-Daten. Wir führen das darauf zurück, dass diese Fahrzeuge in der Regel einen niedrigeren Schwerpunkt haben, seltener im Winter und bei schlechten Wetterverhältnissen bewegt werden und der Fahrstil insgesamt defensiver ist“, so Professor Schöneburg.

Dieser Argumentation ist leicht zu folgen, denn auch wenn das Leistungspotenzial gerade bei den Autos mit dem Stern am Grill meist überdurchschnittlich ist, gehört ein über die Autobahn hetzendes Cabriolet eher zu den Ausnahmeerscheinungen des Alltags. Wer offen fährt, bevorzugt moderate Tempi. Trotz Windschott und ausgefuchster Aerodynamik, die Luftverwirbelungen im Innenraum erheblich reduzieren, tost der Fahrtwind bei hohen Geschwindigkeiten doch erheblich um die Köpfe der Cabrio-Passagiere und zerzaust die Frisur, davor schützt auch kein 3-Wetter-Haarspray.

Entspanntes Gleiten über die Landstraße, Kurvenfahrten weit entfernt vom Limit – das sind die bevorzugten Fortbewegungsarten der Cabrio-Fahrer. In der Stadt dagegen bieten die meisten Cabrios bei geöffnetem Verdeck deutlich bessere Ausblicke aufs Verkehrsgeschehen. Kein isolierendes Dach, keine dämmende Seitenscheibe stört die akustische Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern, eine Fahrradklingel wird plötzlich erstaunlich stimmgewaltig.

Überschlagunfälle sind bei Cabrios obendrein sehr selten. Bezogen auf alle Fahrzeuge kommt es bei drei Prozent der Unfälle zu einem Überschlag. Betrachtet man ausschließlich Cabriolets und Roadster, lassen sich nur 1,7 Prozent dieser Roll-Over-Crashs nachweisen. Dabei tut Rodolfo Schöneburg alles technisch mögliche, um die offenen Autos mit dem Stern sicher zu machen. „Alle Fahrzeuge von Mercedes-Benz Cars absolvieren ein vergleichbar hartes Entwicklungsprogramm. Das gilt für den Smart Fortwo ebenso wie für die S-Klasse und für Cabrios ebenso wie für Limousinen oder SUV. Insgesamt 40 unterschiedliche Crashtest-Konfigurationen müssen alle Fahrzeuge bestehen. Darunter sind neben den gesetzlich vorgeschriebenen Crashtests und Ratings auch zusätzliche interne Crashtests mit oft weit strengeren Anforderungen – wie etwa der Dachfalltest“, sagt der Sicherheits-Experte.

Das fehlende Festdach wird beim Rohbau einer Cabrio-Karosserie durch gezielt verstärkte Bauteile und besondere Trägerstrukturen ersetzt. Diese verbessern neben der Crashsicherheit auch den Akustik- und Schwingungskomfort. Und eine Karosserie mit hoher Torsionssteifigkeit ist seit je her ein Garant für überragende Fahrdynamik. Beim Smart Fortwo Cabrio etwa ersetzen eine große, kreuzartige Stahlkonstruktion in der Bodengruppe, zwei Torsionsschottwände unter dem Fahrzeug sowie ein innenliegendes Rohr in den A-Säulen aus hochfestem warmumgeformtem Stahl das tragende Festdach. Im Cabrio der S-Klasse bringt eine aufwändige Rückwand aus Aluminiumprofilen und einer Magnesiumrückwand hinter den Rücksitzen Crashsicherheit und Verwindungssteifigkeit. „Hockey-Tor“ lautet der Spitzname des Bauteils, den es aufgrund seiner eigenwilligen Form bekommen hat. Zahlreiche Verstärkungen am Unterboden erhöhen außerdem die Steifigkeit des viersitzigen Oberklasse-Cabriolets.

Beim gefürchteten, aber eher seltenen Überschlagunfall tritt das aktive Überrollschutzsystem in Aktion, das sowohl höchsten Schutz gewährt als auch den Ansprüchen an die Ästhetik gerecht wird. Bereits 1989 hat das System bei Mercedes-Benz seine Welt-Premiere gefeiert, heute gehören weiterentwickelte Varianten bei allen viersitzigen Cabrios und dem SL zur Serienausstattung. Sobald die Sensoren im Airbagsteuergerät einen drohenden Überschlag erkennen, wird das Überrollschutzsystem mit pyrotechnischer Unterstützung hinter den Fondkopfstützen im Bruchteil einer Sekunde ausgefahren. Zusammen mit dem sehr stabilen Windschutzscheibenrahmen schützt das Überrollsystem die Passagiere und schafft für sie die überlebenswichtige Kopffreiheit bei dieser Unfallart.

Neben den umfangreich anwesenden Assistenzsystemen für mehr Sicherheit und Maßnahmen zur Vermeidung eines Unfalls oder zumindest der Linderung dessen Folgen, haben Untersuchungen des Customer Research Centers (CRC) von Mercedes-Benz gezeigt, dass sich Komforteigenschaften unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden des Fahrers auswirken. Ein Cabrio-Chauffeur, der geistig und körperlich fit ist, kann in kritischen Verkehrssituationen schnell und richtig reagieren.

mid