Der Zusammenschluss der beiden Automobil-Weltkonzerne Fiat und Chrysler funktioniert. Jüngster Beweis dafür ist der jüngste Sprössling des italienisch-amerikanischen Globalplayers. Ob Sie ihn nun Geländewagen oder SUV nennen wollen ist dem neuen Jeep Cherokee egal. Bei dieser nominellen Spitzfindigkeit sind die Amerikaner tolerant. Imageprobleme hat die Offroad-Marke, die ursprünglich das Militär bestückte, nicht. Sind sie doch der einzige verbleibende Hersteller, der seit jeher ausschließlich Geländewagen produziert, oder auf neudeutsch eben SUVs. Das führt soweit, dass der Begriff „Jeep Geländewagen“ fast schon mustergültig für die Erklärung einer Tautologie herhalten könnte. Denn Jeep und Geländewagen, das ist wie Tempo und Taschentuch. Das ist in den Köpfen der Menschen schon so verknüpft, dass die Trennlinien beider Begriffe verschwimmen.

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Amerikaner mit italienischen Genen

Nach langen Findungs- und Positionierungsschwierigkeiten wurde der Jeep Cherokee 2011 in Europa nicht mehr vermarktet. Jetzt feiert er sein europäisches Comeback. Nicht nur auf dem europäischen Markt, sondern fortan auch als halb-italiener. Merkt man sofort, denn der Cherokee hat nun den Kern und das Erscheinungsbild eines halben Italieners. Das sieht auch der Leihe direkt. Aus alt mach neu. Die schmal-gezeichneten Front-Leuchten, in Verbindung mit dem bulligen Jeep-Kühlergrill, sind im ersten Moment ein echter Eye-Catcher. Außerdem hat der früher knochigere Cherokee Kanten verloren und optisch-gesündere, wesentlich ansehnlichere, Kurven gewonnen. In Amerika lanciert die neue Generation des Cherokees mit europäisiertem Designelementen inzwischen zum Kassenschlager. Ob der Sohn zweier Eltern, die auf den ersten Blick gegensätzlicher kaum sein mögen, das in Europa auch schaffen kann, wird sich zeigen.

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Kernig robuster Innenraum

Der Innenraum ist sehr geräumig. Vorne wie hinten ist ausreichen Platz, selbst für lange Beine. Das Panorama-Dach setzt helle Akzente und lässt sich weit öffnen. Die 1400 Euro hierfür sind gut investiert. Was die Qualitätsanmutung und die Haptik angeht, herrscht indes noch eine, aus deutscher Sicht, beruhigende erkenn- und spürbare Diskrepanz zu unseren Premium-Herstellern. Das Display des Navis besticht durch Übersichtlichkeit und Größe. Beim Stauraum ist der SUV flexibel. Die Rückbank lässt sich 15 Zentimeter vor wie zurück verschieben. Will man für ausreichend Beinfreiheit sorgen, ist die Bank ganz hinten. Dann beträgt das Kofferraumvolumen 417 Liter. Das ist nominell eher wenig, aber für die meisten Zwecke dennoch ausreichend. Solls doch mal mehr Gepäck sein, legt man die Rücksitze einfach um und erhält eine Liegewiese mit 1300 Liter Volumen. Zur Not könnte man hier übernachten, Sterneblick all-inclusive.

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Offroader, der auch die Langstrecke beherrscht 

Für den europäischen Markt braucht man Diesel Motoren. Und hier hat man mit Fiat einen patenten Partner, der zwei Varianten des bewährten 2,0-Liter-Multijet-Motors in die Waagschale wirft. So kann der europäische Kunde zwischen einem 140 bzw. 170 PS Dieselmotor wählen. Getestet haben wir die sparsamere 140-PS-Motor mit manuellem Sechsgangschaltgetriebe. Will man kein Benzin rühren, so ist man gezwungen den 170-PS Diesel Motor zu kaufen. Er hat dann immer die wesentlich komfortabelere Neungang-Automatik. Der Preisunterschied beträgt jedoch stolze 3600 Euro. Das wir es mit einem allrad-angetriebenen Fahrzeug zu tun haben – soll bei Jeep auch nicht anders sein – merken wir direkt an dem Drehregler auf der Mittelkonsole. Er besitzt vier Allrad-Settings: Auto, Sport, Snow und Sand/ Schlamm. Da ich weder auf der Rennstrecke, noch im Schnee, noch im Schlamm war, fuhr ich mit „Auto“ meistens richtig. Für einen Jeep verhält sich der Cherokee auf der Straße auffällig kultiviert. Wirklich stabile Kurvenlage. Fahrwerk und Karosserie bilden hier eine sowohl gut gefederte, als auch straffe Kurven-Symbiose. Das ganze ist gepaart mit einer sehr direkten präzisen Lenkung. Noch überraschender ist vielleicht die Jeep’sche Grand Tourismo Qualität. Der Italo-Amerikaner liegt so humorlos trocken satt auf der Straße, dass er sich in Verbindung mit seinen guten Federungseigenschaften zum wirklich treuen Begleiter, selbst auf langen Strecken, mausert. Das ist dann wohl der entscheidende evolutionäre Schritt vom Geländewagen zum SUV. Wer nicht schneller als 120 km/h fährt, der kann den Jeep dazu bringen, lediglich gemessene 5,5 Liter Diesel zu schlucken. Ein Top-Wert. Doch für eine kernige Marke mit Geländeambition klingt das fast zu brav. Wer den inneren Bleifuss auspacken will, der kann sich selbst und den Jeep in 12,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Das fühlt sich ziemlich kraftvoll an. Bei dieser Fahrweise treibt man den Verbrauch allerdings zügig in Richtung 9 Liter. Aber kann ja auch mal ganz nett sein. Weiteres kerniges Attribut und vielleicht einzig auffallendes Manko ist die sehr schwergänige hakelige Handschaltung. Schwächere Frauen benötigen vielleicht beide Hände zum Gangwechsel. Muskelkater bekommt die ein oder andere im Stadtverkehr bestimmt. Aber das ist eben immer noch ein Jeep und entmilitarisiertes Geländewagenimage soll es auch nicht umsonst geben.

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Fazit

Italo-Amerikanischer SUV mit Geländewagenimage, der die Stärken beider Kulturen vereint. Über Optik lässt sich bekanntlich streiten. Die kernige Extravaganz mit hohem Wiedererkennungswert wird auch in Europa eine breite Käuferschicht finden. Im puncto Preis-Leistung-Verhältnis hat sich der Cheep Cherokee sehr gut zwischen den Wettbewerben positioniert. Das Basismodell kostet 34.800 Euro, hat allerdings nur Frontantrieb und den kleinen 2.0 Liter 140 PS-Turbodiesel. In der niedrigsten Ausstattungvariante „Longitude“ ist der Jeep mit Zentralverrigelung, elektrisch verstellbaren Spiegeln, Klimaautomatik und Soundsystem dann nicht zu nackt. Die getestete voll-ausgestaltete „Limited“ Version gibt es ab 39.800 Euro. Sie besitzt allerlei sinnigen und angenehmen Schnickschnack wie: 18-Zoll Räder, Ledersitze, Abgedunkelte Heckscheiben, Rückfahrkamera, Regensensor, und Keyless-Go. Wer auf die 9-Gang Automatik nicht verzichten möchte, muss den 170 PS Diesel wählen und zahlt dann in der niedrigsten Ausstattungsvariante mindestens 40.200 Euro. Außerdem ist ein 272 PS-starker 3,2 Liter V6 Benziner nur als „Limited“ verfügbar. Für ihn muss mit 48.000 Euro zieeemlich tief in die Tasche greifen

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Jan Weizenecker

Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.

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