Erster Schritt: Vor ziemlich genau einem Jahr gab sich Fiat-Chrysler Boss Sergio Marchionne, nebenbei auch Chef von Ferrari, alles andere als ein Freund von Elektroantrieben zu erkennen. „Für Ferrari wäre ein solches Konzept geradezu obszön“, dozierte er auf dem Genfer Automobilsalons 2016. Einen elektrisch angetriebenen Ferrari würde es ebenso wenig jemals geben wie einen autonom fahrenden, „weil das Motorengeräusch des Sportwagens mit dem springenden Pferd im Wappen nun einmal zum Fahrerlebnis unbedingt“ ebenso dazugehöre wie die Aktion am Steuer. Das diktierte er wartenden Reportern ins Notizbuch, nachdem er gerade eine Probefahrt mit einem voll elektrischen und weitgehend automatisch fahrenden Tesla S hinter sich gebracht hatte. „Elektromotoren in einem Ferrari? Nur über meine Leiche“, ließ Marchionne sich zitieren.

der-AutotesterZweiter Schritt: Ein gutes halbes Jahr später schien sich das Verhältnis des Italo-Kanadiers zur Elektrizität erheblich verändert zu haben. In einem Interview mit der Motorsport-Internetplattform „MotorAuthority“ sprach er von der Möglichkeit, dass Ferrari sich in ferner Zukunft mit eigenen Fahrzeugen bei der Formel E-Weltmeisterschaft beteiligen könne. Zuvor müssten jedoch einige Hürden beseitigt werden. „Es passt nicht zu einem Ferrari, mitten im Rennen die Autos zu wechseln, weil die Reichweite der Batterien begrenzt ist“, lautete Marchionnes Standpunkt nun.

Dritter Schritt: Inzwischen sind in der Ferrari-Heimat im italienischen Maranello wiederum neue Töne zu hören. Kürzlich sprach der Ferrari-Boss von der „Notwendigkeit für mein Unternehmen, sich in der Formel E zu engagieren“. Das müsse nicht unbedingt mit einem rein elektrisch betriebenen Monoposto passieren, sondern gegebenenfalls mit einem Vollhybrid. Das setze allerdings eine Regeländerung in der Formel E-Weltmeisterschaft voraus.

„Wir würden uns gerne in der Formel E engagieren, weil der Hybridantrieb ein Teil unserer Zukunft sein wird“, sagte Marchionne in einem Interview mit „Auto“, dem offiziellen Magazin der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA), der Dachorganisation des Automobilsports. „Hybrid ist entscheidend für Ferrari.“ Die Formel E und die FIA aber denken anders. In zwei Jahren wird das Reglement geändert werden, weil die Batterien besser geworden sind, eine Renndistanz überstehen und ein Auto-Wechsel im Rennen nicht mehr nötig sein wird.

Doch auch für Ferrari könnte die Hybrid-Technik eines Tages überlebenswichtig sein. Darunter ist zu verstehen, dass ein Fahrzeug von mindestens einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor angetrieben wird. Ferrari braucht solche Hybridantriebe, um in den kommenden Jahren strengere Flotten-Emissionsziele zu erreichen. Auch wenn manche Gegenden für Wagen mit Verbrennungsmotor gesperrt werden, könnte Plug-in Hybrid-Technologie die Lösung für eine zeitlich begrenzte emissionsfreie Fortbewegung sein.

Ein Teil von Marchionnes Kehrtwende ist wohl auch ein drohender Imageverlust im Technologie-Wettstreit. Schon jetzt liefert die Konkurrenz von McLaren bereits Hochleistungs-Elektromotoren für die Formel E und große Automobilhersteller wie Audi, BMW, Jaguar und Mercedes-Benz sind bereits entweder schon in diesem Sport engagiert oder haben daran Interesse gezeigt.

Ob freilich in Kürze Sebastian Vettel, der zur Zeit für Ferrari erfolgreich im Cockpit eines herkömmlichen Formel 1-Autos auf Ohrenstöpsel verzichten kann, weil er in einem elektrisch flüsternden Boliden sitzt, ist doch recht unwahrscheinlich. Bis es so weit ist, fließt in der italienischen Heimat der Sportwagenschmiede wohl noch viel Wasser den Po herunter. ampnet