Vor genau 70 Jahren begann die Produktion des ersten Nachkriegsmodells. Der Škoda 1101 ,Tudor‘, dessen erstes Exemplar am 7. Mai 1946 fertiggestellt wurde, markierte den Start einer neuen Etappe in der Entwicklung des tschechischen Automobilherstellers. Eine am 10. Mai beginnende Ausstellung im Škoda Museum in Mladá Boleslav erinnert an das erfolgreiche Modell. „In den Škoda 1101 sind die Stärken aus mehreren Generationen der Modellreihen Popular und Rapid eingeflossen, dank denen Škoda bereits 1936 der größte Automobilhersteller in der damaligen Tschechoslowakei geworden war“, sagt Andrea Frydlová, die Leiterin des Škoda Museums, und fügt hinzu: „Der ‚Tudor‘ übertraf seine Vorgänger noch deutlich.“ Vom 10. Mai bis zum 30. August 2016 erinnert die neue Ausstellung im Škoda Museum in Mladá Boleslav an den siebzigsten Jahrestag des Produktionsstarts. Die Modellreihe Škoda 1101 überzeugte zu damaliger Zeit mit einem attraktiven Design und einem modernen technischen Konzept. Es umfasste einen gegabelten Zentralrohrrahmen, eine Einzelradaufhängung rundum, kräftige Hydraulikbremsen sowie einen leistungsstarken und sparsamen Vierzylinder-Reihenmotor. Er entwickelte aus 1.089 ccm Hubraum 23,5 kW (32 PS) Leistung. Die Basis der breit gefächerten Modellpalette bildete von 1946 an der geschlossene Zweitürer. Auf Englisch wurde er „two-door“ genannt, woraus die volkstümliche Bezeichnung ,Tudor‘ entstand. Um die Bedürfnisse der Kunden im In- und Ausland abzudecken, kam zunächst ein viertüriger Sedan hinzu. Dieser wurde bald von den tschechoslowakischen Ministerien und vom diplomatischen Corps als Dienstfahrzeug genutzt und war ab 1949 die am häufigsten gebaute Variante. SKODA1101TudorDas Angebot an offenen Karosserien umfasste die beliebten ,Tudor‘-Cabriolets mit Türen in starren Rahmen und einem faltbaren Teil des Dachs aus Stoff. Dazu kamen elegante Roadster.
Besonders hohen Alltagsnutzen boten die Lieferwagen mit zwei Seitenscheiben und die Kombis, die man in jener Zeit als Station Wagons, also STW, bezeichnete. Sie besaßen bereits damals eine klappbare Rückbank, mit der sich die Ladefläche auf 1.490 mm Länge und 1.380 mm Breite vergrößern ließ. Ein besonderes Kapitel der ,Tudor‘-Geschichte schrieben die Versionen Škoda 1101 VO (vojenský otevřený, Militärausführung offen) und 1101 P (pohotovostní, Bereitschaft) mit ihrer Kübelwagen-Karosserie. Sie wurden von den Streitkräften mehrerer Länder eingesetzt, einschließlich Portugal, Saudi-Arabien und Ägypten. Die Produktion der Škoda Modellreihe 1101 (nach Modernisierung 1102 genannt) erfolgte in einem Staatsunternehmen mit der offiziellen Bezeichnung AZNP (Automobilové závody, národní podnik, zu Deutsch: Automobilwerke, volkseigener Betrieb). In Mladá Boleslav entstand das Fahrgestell mit kompletter Technik, der Aufbau der Karosserie erfolgte in den neu eingegliederten Werken in Kvasiny und Vrchlabí – noch heute bilden diese drei Standorte den Produktionsverbund von Škoda in Tschechien. Beim Start im Mai 1946 wurde der Škoda 1101 auf dem heimischen Markt für 67.700 Kronen verkauft, wegen der schwierigen Wirtschaftslage mussten die Kunden einen Bezugsschein vorlegen. Zwischen 1946 und 1952 entstanden 66.904 Škoda ,Tudor‘ in Zivilausführung und 4.237 Fahrzeuge in Spezialausführungen für Streitkräfte. Fast zwei Drittel der Gesamtproduktion des Škoda 1101/1102 wurden exportiert – 1947 in 36 Länder der Welt, vier Jahre später bereits in 76 Staaten. Zu den bedeutendsten Absatzmärkten zählten Polen, die Niederlanden, Belgien und die Bundesrepublik Deutschland. Aber auch in Australien, Brasilien, Indien, in der Südafrikanischen Union oder in Kanada war das Modell fest etabliert. Der Škoda 1101/1102 verzeichnete auch im Motorsport bedeutende Erfolge. Beim 24-Stunden-Rennen im belgischen Spa 1948 kamen drei ,Tudor‘ in der Klasse bis 1.100 ccm siegreich ins Ziel – gemäß der vorherigen Absprache Seite an Seite. Die Spezialfahrzeuge Škoda Sport und Supersport hatten leistungsgesteigerte Motoren in unterschiedlichen Ausführungen, darunter eine Version mit 1490 ccm Hubraum, die mit einem Roots-Kompressor aufgeladen wurde und mit bis zu 132 kW (180 PS) mehr als 200 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichte. Das erfolgreiche Motorsportengagement erwies sich bei der Werbung für den Škoda 1101/1102 auf den Exportmärkten als äußerst hilfreich. Zugleich ermöglichte es eine kontinuierliche Verbesserung der Produktion – selbst die Kompressor-aufgeladenen Boliden nutzten viele Serienteile. In der traditionsreichen Geschichte der Marke aus Mladá Boleslav nimmt der Škoda 1101/1102 einen Ehrenplatz ein. Die Nachfolger-Modellreihen führten sein technisches Konzept erfolgreich bis 1964 fort, als die Produktion der völlig neuen Fahrzeuggeneration Škoda 1000 MB mit Heckmotor und selbstragender Ganzmetallkarosserie startete.

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Redaktion/cwe
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