Es scheint perfekt. Ein Orchester fast ohne Fehlklang?Das wollen wir testen. Der ehemalige Bundesliga-Torwart von Werder Bremen, Tim Wiese, hat gemeinsam mit mir den neuen Boxster GTS für Sie auf Herz und Nieren geprüft.

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Beeindruckende Historie

Synonyme wie Baby-Porsche, Frauen Porsche, billig Porsche oder Möchtegern-Sportwagen sind längst Vergangenheit. So sehen es heute die meisten. 1996 wurde der Boxster bei Porsche eingeführt und verhalf der Marke wieder zu wirtschaftlichem Glanz. Träume mancher, dass der Boxster ein billig Porsche werden würde, haben sich nicht bewahrheitet. Zerplatzten wie Seifenblasen vorm inneren Auge der Fans. Gut so! Denn inzwischen hat sich der Sportwagen mit dem Mittelmotor-Konzept zum ernst zunehmenden 911er Konkurrenten entwickelt. Viele behaupten, dass der Boxster aufgrund seiner geringeren Ausmaße und des niedrigeren Gesamtgewicht heute das sportlichere Auto ist.

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Feine Sportabgasanlage

Es hat sich herausgestellt, dass Boxster-Kunden fleißige Abnehmer der üppige Aufpreis-Liste der Extras sind. Vor allem Optionen, die die Performance steiger stehen naturgemäß seit jeher hoch im Kurs. Dazu gehören zum Beispiel das Sport Chrono Paket mit der Launch Control, die adaptive Federung (PASM) oder der Nachbarschreck: Die Sportabgasanlage. Sie eignet sich übrigens auch, falls der Tim Wiese in uns mal einen Ausflug in eine volle Innenstadt machen will. Auffallen ist garantiert. Versprochen. Fairerweise muss man dazusagen. Man kann das Ding auch leise machen. Das Ding klingt auch so gut, dass ganz unprollige Soundpuristen es auf der Landstraße anschalten und einfach nur genießen. Das interessante daran: ich habe festgestellt, dass in mir Tim Wiese und Soundpurist steckt. Abgeschaltet war „Das Ding“ also nie.

Was bietet der GTS mehr für´s Geld?

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Ich teste den GTS und hier gilt es zunächst zu sagen, dass das nervige Blättern, all derjenigen finanziell privilegierten Boxster Kunden, in der Extraperformance-Ausstattungsliste endlich ein Ende hat. Ist ja auch furchtbar anstrengend. Porsche übernimmt das mit dem Topmodell GTS künftig für einen und packt einfach fast alles rein, was reingeht. Klotzen, nicht sparen ist das Motto. So hat der GTS im Vergleich zum 310 PS starken Boxster S nochmal 20 PS mehr. Dazu kommt eine individuelle charakterstärkere Optik. Abgedunkelte Leuchten, vorne Bi-Xenon, hinten LEDs, geschwärzte Abgasendrohre, ein extra Diffusorrahmen für diese, sowie anders designte, gewachsene Lufteinlässe vorne. Schaut man ins Inneren des Cabrios, empfangen einen serienmäßige Leder-Alcantara-Sportsitze mit rotem GTS Emblem, sowie einem roten Drehzahlinstrument in gleicher Farbe.

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Die Technik?

Genug über die Optik geredet. Jetzt wird gefahren. Denn dafür ist diese 330 PS starke Fahrmaschine schließlich da. Der Boxster ist kein Fettsack, in Zuffenhausen achtet man ähnlich penibel auf seine schlanke Linie, wie eine überehrgeizige Eislaufmutter auf das Gewicht ihrer Tochter. Mit dem Doppelkupplungsgetriebe, das bei Porsche PDK heißt, bringt es der Boxster GTS auf 1.400 Kilo. Das heißt jedes Pferdchen muss nur etwa 4,24 Kilo bewegen. Ohne Fahrer. Aber so dick kann der gar nicht sein um dieses Leistungsgewicht nicht sensationell wirken zu lassen. Dick sollte man auch nicht sein, denn der Boxster ist innen eng. Muss so sein, sagen die einen, andere fühlen sich eingeengt.

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Und wie fährt sich dieser kraftstrotzende Porsche?

Der Boxster startet mit einer kleinen Explosion. Tim Wiese würde das lieben. Auch wenn dieser Knall ein bisschen nach verbotener Pyrotechnik-Detonation im Fussballstadion klingt. Vielleicht mag er es deswegen, oder weil es eben einfach auffällt. Schwer zu sagen. Aber mal ehrlich, selbst wenn man nicht Wiese mit Nachnamen heißt und früher viele Bälle mit seinem Körper abgewehrt hat, will man auffallen, wenn man den GTS kauft. Und das ist garantiert. Schon beim Anlassen. Deswegen ist das okay. Kann auch als Warnung verstanden werden a la: Achtung es geht los. Alle die drin sind sollten sich anschnallen, alle anderen: geht aus dem Weg, Tim Wiese steigt in den Wrestling Ring!Und jetzt geht’s los. Gleich merkt man, dass der 6-Zylinder 3,4 Liter Boxer Motor, der in der Mitte, quasi unter mir sitzt, zu den drehfreudigsten seiner Zunft gehört. Drehfreudig klingt irgendwie nach der Zugkraft eines schwachbrüstigen Balletttänzers, ist aber völlig falsch. Es knallt! Normaler Modus: Der Boxster hat unten heraus mehr Anzugskraft als ein Tauzieh-Team bestehend aus ausschließlich über 100 Kilo schweren Rugby Spielern. Beeindruckend und für ungeübte beängstigend zugleich. Neigen doch die Räder beim Kickdown im SportPlus Modus zum Durchdrehen. Selbst bei geringsten Drehzahlen nimmt der GTS Gaspedaltritte bereitwillig an. Richtig spannend wird das Ganze allerdings jenseits von 4000 Umdrehungen. Spritsparer werden nie in solche Regionen vordringen. Will man der Drehzahl-Dekadenz die Krone aufsetzen, schaltet man in den Sportmodus: Hier erklingt ein Orchester fast ohne Fehlklang und zwar in der kompletten Klaviatur. Soll heißen von 0 bis 7800 Umdrehungen klingt das einfach nur Stimmig und wunderschön im Ohr. Hier will man kein Radio mehr hören. Alle Sorgen und die nervige Stimme der motzenden Freundin scheinen jetzt wie weggeblasen. Das hat wirklich Suchtpotential. Ach übrigens. Die Freundin, sie sollte jetzt gar nicht im Auto sein. Denn sie wird das Konzert mit verständnislosen kunst-verächtenden Angstschreien stören und der Tour vielleicht ein jähes Ende bereiten.

Doppelkupplungsgetriebe macht perfekten Job

Dieses Doppelkupplungsgetriebe verdient einen eigenen Absatz. Das faszinierende an ihm. Es macht keine Fehler. Es passt immer, wie ein Gedanken hellsehender Umpa Lumpa. Und beim Herunterschalten spricht es sogar mit uns. Nein, es brüllt uns von hinten an. Und wir lassen uns gerne anschreien. Sein Sprachrohr? Die Sportauspuffklappe. Im Gegensatz zu unseren Freundinnen lassen wir uns von ihm gerne Anschreien. Glaubt mir einfach.

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Sport Plus Modus – Die Krönung

Sport Plus Modus, ach, auch du verdienst einen Absatz. Er ist gemacht für die Rennstrecke. Der Fahrer kann hier an den Schaltwippen sein ganzes Können zeigen. Die Gänge können aber auch automatisch über das PDK voll ausgefahren werden, für erbarmungsloses Ausfahren jedes einzelnen Ganges. Alles über 5800 Touren ist nun unser Zuhause. Jetzt werden wir bei jeder Gaspedalberührung in den Sitz gepresst. Aber der Boxster GTS ist kein Muscle-Car. Das wäre zu einfach. Seine Stärke ist eine beeindruckende Straßen- und damit Kurvenlage. Der 3,4-Liter-Sauger-Motor mit seinem tiefen Schwerpunkt und seinem Drehmomentniveaus von 370 Nm sorgen dafür. Ausserdem hilfreich und bretthart: Die 20-Zoll Räder. Erbarmungslos präzise lässt sich der Boxster durch Kurven lenken. Dabei hat man fast immer ein sicheres Gefühl. Und fährt man doch mal zu schnell in eine Kurve, hilft einem das hoffentlich eingeschaltete ESP (PSM) zu überleben. Diese immer wiederkehrende Beschleunigung aus den Kurven heraus macht mich glücklich. Punkt.

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Fazit

Der Boxster GTS ist eine echte Fahrmaschine. Aber jetzt beginnt das Rechnen. Das ist nicht ganz Tims Stärke, deswegen übernehme ich das für Sie. Man stellt fest, dass man mit dem GTS etwas günstiger weg kommt, als würde man alle GTS-Extras einzeln in einen Boxster S einbauen. Außerdem würden dann die nominell 20 PS und die etwas extravagantere Optik fehlen. Aber reden wir nicht um den heißen Brei herum. Mit PDK kostet der GTS etwa 73.400 Euro. Das ist ne echte Hausnummer. Preislich ist man damit nicht mehr so weit vom großen 911er Bruder entfernt. Einem Tim Wiese wird das egal sein. Er fährt ja sowieso lieber seinen giftgrünen Lamborghini. Der passt auch irgendwie besser zu ihm. In den Boxster würde er, rein körperlich, sowieso schlecht rein passen. Wer, außer dass Wiese ihn nicht fährt, noch weitere gute Argumente für einen Kauf sucht, dem sei gesagt, dass man den Boxster GTS mit etwa 8 Litern Benzin auf 100 Kilometer fahren kann. Soviel Selbstdisziplin werden allerdings die wenigsten aufbringen. Und es wird uns irgendwann auch egal sein. Anmerkung der Redaktion, leider war Tim Wiese nicht bereit für ein Foto mit uns, da er sich Momentan intensiv auf seine anstehende Wrestling-Karriere vorbereitet. Im Fitness-Studio. Versteht sich.

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