Ford modernisiert mit dem Focus ST seine Modellpalette der kompakten Alltags-Seriensportler. Der ST ist ab sofort bestellbar, produziert wird er in Saarlouis. Der Kunde kann wählen, ob er den Focus ST als Kombi oder als Limousine möchte. Neu: Neben einem 250 PS starken Benzin-Motor gibt es diesen alltagstauglichen Sportwagen auch mit einem 185 PS Diesel-Antrieb.

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Konzept? Eierlegende Wollmilch-Rennsau

Das Konzept dieses aggressiven Focus ist schnell erklärt. Er will nichts anderes als eine eierlegende Wollmilch-Rennsau sein. Also ein Auto mit sportlichen Genen und sportlicher Auslegung, das sich aber durch seinen Komfort und seinem (wenn gewollt) relativ niedrigen Verbrauch auch für Alltagssituationen von Stadtverkehr bis zu längeren Autobahnstrecken eignet. Der Focus ST soll also tatsächlich verbrauchsoptimierte Eier legen, komfortgestreichelte Wolle spenden und dabei süße Milch für Langstrecken geben. Ob diese Analogie tatsächlich stimmt und wieviel sportliche Renn-Sau dabei im Focus stecken, zeigt folgender Fahrtest. Dabei haben wir Kombi, Limousine, Benziner und Diesel auf Rennherz und Kosten-Nutzen Nieren getestet.

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Optik? Wolf im Pelz eines hormongeladenen Schäfers

Die Optik des Focus ST kann man mit Wolf im Pelz eines hormongeladenen Schäfers auf der Balz überschreiben. Jederzeit bereit loszulegen! Also mit Flirten und Tanzen. Was hatten sie gedacht? Der facegeliftete Focus unterscheidet sich von seinem braven Bruder durch ein verschärftes Frontdesign, breite Schweller, einem mittig platzierten Doppelauspuffrohr und angedeutetem Spoiler. Ein Design das überzeugt. Muss es auch, den die Zahl der Wettbewerbe ist groß. Dazu gehören unter anderem der Seat Leon Cubra, der Renault Mega RS, der Skoda Oktavia RS und die Klassiker in diesem Segment, der Golf GTI und GTD. Man sieht, die Konkurrenz ist weitläufig. Will man hier bestehen, muss man gut sein.

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Kolosse müssen leider draußen bleiben

Ganz überraschend. An dieser Stelle will ich den hohen Nutzwert des Innenraums hervorheben. Das Lenkrad liegt geschmeidig in der Hand. Es lässt sich durch seine Verstellbarkeit in streng aufrechte Sportsituationen oder in gemütlichere Cruise-Zustände versetzen. Der Sitz spielt das Spiel natürlich mit. Sehr guter Seitenhalt. Der Spieler oder besser gesagt  Steuermann sollte allerdings kein Koloss sein, sonst wird’s ziemlich eng im Sportsitz. Vielleicht ein guter Anreiz für sportlich-ambitionierte Fahrer, selbst öfter mal Sport zu treiben. Das hilft übrigens auch auf der Balz. Der Kofferraum von Kombi und Limousine ist tatsächlich familientauglich. Mit 476 bis 1.516 und 363 bis 1.262 Liter bekommt der Focus das Prädikat „urlaubstauglich“. Um beim Navigieren nie das Urlaubsziel aus den Augen zu verlieren erweist sich das optionale Konnektivitätssystem Sync2 als echt nützlich.

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Was taugt der neue Diesel?

Wir beginnen mit dem 185-PS Diesel Motor. Ein Selbstzünder in dieser Sparte ist insofern nicht überraschend, da der VW Konzern mit dem Diesel in RS, Cubra und GTD-Modellen seit geraumer Zeit gut fährt. Denn Diesel-Motoren sind effizient, günstig im Verbrauch und besitzen Power schon von unten heraus. Passt also prima zur Idee des Focus ST. Der Sound: Beim Anlassen brodelt es kurz. Gut so! Unter einer Drehzahl von etwa 2.400 Umdrehungen bleibt der Motor zurückhaltend. Bewegt man die Drehzahlnadel in höhere Regionen wird man merklich in den Sitz gedrückt. Auch das Soundsetting wird jetzt aufdringlicher. Das Ganze steigert sich dann bis 4.500 Umdrehungen. In Beschleunigungswerten ausgedrückt: Flotte 8,1 Sekunden bis Tempo 100 erreicht ist. Bei 217 Stundenkilometern endet das Vergnügen. Insgesamt ist das ein sehr drehfreudiger Motor mit ausreichend Druck am Gas. Der Reihen-Vierzylinder-Turbodiesel macht richtig Spass. Hält man den Diesel ST in moderaten Drehzahlbereichen ist er ein sehr ruhiger und kultivierter Motor, der sich mit 4,2 Litern auf 100 Kilometer begnügt. Bei Bedarf eben nur mit dem gewissen Kick. Damit ist geklärt: Der Diesel hat in diesem Segment durchaus seine Daseinsberechtigung.

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Wie fährt sich der Benziner?

Der 250 PS starke, tubo-aufgeladene Reihen-Vierzylinder -Benziner ist aus dem Vorgängermodell bekannt. Dass wir es hier mit einem Leistungsmonster zu tun haben, wird turbo-schnell deutlich. In 6,5 Sekunden zieht die Limousine auf Tempo 100. Zwei hundertstel Sekunden länger braucht der Kombi. Hier wird deutlich mehr Kraft als beim Diesel freigesetzt. Untermalt von angenehm unaufdringlichem Motorensound, der dem Fahrer trotzdem die physische Kraft hörbar übermittelt. Das Aggregat erfüllt die Euro 6-Abgasnorm und ist spritsparender als der Vorgänger. Bei angepasster Fahrweise soll dieser Motor lediglich 6,8 Liter auf 100 Kilometer schlucken.

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Sportwagenqualitäten?

Beim Kurvenjagen lernt man das sportlich straffe Fahrwerk des ST kennen und direkt zu schätzen. Fährt man bewusst oder unbewusst etwas zu schnell in die Kurven, spürt man bei Limousine und Kombi ganz leicht das Heck kommen. Das ist zwar ungewöhnlich für einen Fronttriebler, macht ihn aber sehr berechenbar. Insgesamt hat man stets ein sicheres Gefühl und wägt sich in einem ausbalancierten Auto gut aufgehoben. Leider hält die Lenkung nicht ganz, was das sportliche Fahrwerk verspricht. Sie ist zwar direkt und präzise, nur nicht in jeder Situation sportlich und gefühlvoll. Das Schalten macht dafür umso mehr Freude. Sehr direkte, knackige Schaltung mit kurzen Schaltwegen. Ein Automatik oder Doppelkupplungsgetriebe ist für den Focus ST leider nicht verfügbar. Obwohl dem ST ein Sperrdifferential gut zu Gesicht stehen würde, um seine Kraft bei Diesel wie Benziner noch besser übertragen zu können, ist der Focus ein sehr ausgewogener Sportwagen, der mannigfaltige Qualitäten vereint.

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Fazit

Der Ford Focus ST ist ein Auto für Menschen die ein Alltagsauto brauchen. Menschen, die regelmäßig in der Stadt, auf Landstraßen und Autobahnen unterwegs sind. Menschen, die deshalb einen hohen Anspruch an Komfort, Platz und Nutzwert haben. Diese Menschen eint aber auch ein dunkles Geheimnis. Sie fahren am Wochenende gerne mal auf die Rennstrecke oder – sobald die Kinder zur Schule gebracht sind – drücken Sie gerne mal kräftig auf`s Gas. All diese Bedürfnisse vereint der Focus ST in einem Auto. Ford versteht diese Menschen. Wer so viel Verständnis honorieren will und wen die Attribute dieses modernen 5 Kämpfers überzeugen, der muss für die 5-türige Limousine mindestens 28.850 als Benziner und 29.650 als Diesel berappen. Für den Turnier, also die Kombivariante, sind jeweils 950 Euro mehr fällig.

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Jan Weizenecker

Absolvent der Volks- und Betriebswirtschaftslehre der Albert-Ludwigs Universität Freiburg. Mal in kleinerem, mal in weiterem Radius, aber immer mit der nötigen Portion Humor, berichte ich seit 2012 über die Neuerscheinungen der Automobilwelt.

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