Auf Bierwallfahrt um Altötting

Immer wenn Tante Rosa von ihrer Wallfahrt aus Altötting zurückgekehrt ist, hat sie uns Kindern Reiseandenken vom heiligen Ort mitgebracht. So ist mir Altötting bis heute in Erinnerung geblieben. Dass ich selbst je auf eine Wallfahrt in den seit Jahrhunderten gepriesenen Ort der Spontan-Heilung wallen würde, konnte ich mir kaum vorstellen. Aber es ist geschehen.

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Wenn auch nicht in der klassischen Form. Eine zündende Idee vom Gastronom und Hotelier der „Traumschmiede“ Ernst Raspl war Anlass genug, ins Bayrische zu pilgern. Der 40jährige Unterneukirchner hat nämlich zu einer Bierwallfahrt geladen. Nach anfänglichen Bedenken, ob das den Vertretern des Klerus gefallen würde, gab Bischof Schraml höchst persönlich seinen ausdrücklichen Segen zum touristischen Projekt. „Wenn Bier und Kirche nicht zusammen passen, was dann“, frohlockte der begeisterte Kirchenmann. So startete im April 2016 die erste Wallfahrt, der etwas anderen Art.Die Gegend um Altötting ist bekannt für ihre Vielzahl kleiner Brauereien. Nahezu jeder 1.000 Seelenort baut auf seinen eigenen Gerstensaft, als wäre es eine Frage der Ehre. So war es für Ernst Raspl von der „Traumschmiede“ ein leichtes, den geeigneten Pilgerweg auf der beschaulichen Hochebene um Altötting zu finden. Runde 9 Stunden dauert die genussvolle Wanderung auf der keine Abbitte geleistet werden muss. Lediglich 69 Euro werden für die launige Führung, das passende Bier und das bayrisch-deftige Essen fällig.Drei Brauereien sind Anlaufstelle auf der Wallfahrt. Bierwallfahrts-führer Fritz Meyer trifft sich mit seinen Gästen vor dem Gasthaus der Brauerei Leidmann in Unterneukirchen. Heute hat er seinen Praktikanten Adi mitgebracht. Adi ist ein Multitalent, das in Zukunft auch Bierwallfahrten führen soll. Der Elektromeister, Gemeinderat und Hochzeitslader zaubert zudem in seiner freien Zeit und tritt auch auf Kleinkabarettbühnen auf. Beste Voraussetzungen also, um auch eine Bierwallfahrt launig kommentieren zu können. Um gut drauf zu sein, braucht der 55 Jährige keinen Alkohol. Sein Frohsinn und seine Leutselligkeit reichen völlig aus.

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Nur wenige 100 Meter nach dem Startpunkt erreicht die Gruppe schon die erste Brauerei. Margot Leidmann ist Mutter von Brauerei-Inhaber Sebastian und die Seele der kleinen, aber feinen Familienbrauerei. Das bayrische Reinheitsgebot ist der sympathischen Frau in Leib und Seele übergegangen. Stolz berichtet sie von ihrem Bier, das ein lebendiges Lebensmittel sei. Deshalb solle man es kühl und dunkel lagern und nicht länger als drei Monate aufbewahren. Inzwischen ist es 9.30 Uhr an diesem Samstagmorgen und das Familienweißbier harmoniert bestens mit den Weißwürsten und den Brezen – selbstredend aus örtlichen Handwerksbetrieben. Selten haben wir ein besseres Weizenbier getrunken. Auch die Weißwürste sind ein Gedicht. Margot Leidmann weiß unzählige Anekdoten zum Bier und zur Bierherstellung zum Besten zu geben. Man muss sie bremsen, auch wenn man ihr noch den ganzen Tag zuhören könnte. Aber die Bier-Wallfahrt muss weiter gehen. Bis die nächste Station erreicht ist, liegen fünf Kilometer vor den Wallfahrern. Mit bereits gut gelöster Zunge machen sich die 26 Teilnehmer auf dem Weg, der an Mais- und Gerstenfeldern vorbeiführt.Auch der „Papstpieslbaum“ liegt am Weg und sorgt mit seiner kleinen Geschichte für weitere Erheiterung. Denn auch der Papst scheint hier auf Bierwallfahrt gewesen zu sein, und musste sich wohl an diesem Baum Erleichterung verschaffen. Auch der ein oder andere Teilnehmer unserer Bierwallfahrt schätzt die hohen Maispflanzen, um seine Blase zu leeren.

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Bald darauf empfängt uns Marielle mit ihrem Mann, die uns gern ihren alten Bauernhof zeigen, der in der traditionellen Holzbundtechnik erbaut worden ist. Mit feinen Nussecken und allerlei Flüssigem, zum Teil hochprozentig, werden wir an diesem späten Vormittag gastfreundlich verköstigt. Runde drei Kilometer weiter erreichen wir die zweite Brauerei. Sie liegt idyllisch mitten in den Natur im Landschaftsschutzgebiet Mörnbachtal.Nach einer detailreichen Führung und Erläuterung der Braukunst durch Braumeister Eugen Münch, steht ein deftiges Mittagessen unter den Kastanienbäumen des Biergartens auf dem Programm. Selbstredend begleitet von den süffigen Brau-Produkten der Moosbräu. Nun steht uns der längste Abschnitt der Bierwanderung bevor. Bestens gestärkt machen wir uns auf den 9 Kilometer langen Fußweg.

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Fritz und Adi verstehen es perfekt, an jeder Stelle etwas zum Besten zugeben. Die Stimmung in der Gruppe könnte nicht besser sein. Und auch das Wetter scheint es gut mit uns zu meinen; leicht bewölkt aber warm, lässt es sich bestens wandern. Am Ortsrand von Altötting liegt unsere dritte Station: Die dritte Brauerei Gramming. Hier haben die Frauen die Brauerhosen an. Sabine, eine der drei Töchter von Brauereiwirt Karlmann Detter, weiht uns in die Geheimnisse ihrer Braukunst ein. Sie ist, wie auch ihre Schwester Birgit, Brauereimeisterin und denkt sich gerne immer wieder neue Biere aus. Dass auch sie ihr Handwerk verstehen, zeigt nicht zuletzt der „Berggeist“, ein Bockbier, das zu den besten 400 Bieren Bayerns gewählt wurde und mit 7,4 Volumen Prozent mächtig viel Geist in den Körper bringt. Und weil dieser Geist besser auf eine gesunden Basis baut, kredenzt uns der Mädelshaushalt eine üppige zünftige Brotzeit. Nach gut 90 Minuten zieht es uns weiter. Denn selbstredend muss eine Bierwallfahrt in Altötting an der Gnadenkapelle enden. Hier bekommt jeder Teilnehmer eine Flasche „Pilgerbier“ mit auf den Heimweg. So endet der geistige Genuss wohl erst zu Hause. Wer von weiter her kommt, dem bietet Hotelier und Ideengeber Ernst Raspl ein Gesamtpaket aus zwei Übernachtungen, inklusiv viergängigem Bier-Genuss-Menü, Bierwallfahrt mit Verköstigung für 179 Euro an. Wir können diese launige Bierwallfahrt, die man besten im Kreise von Freunden unternimmt, nur wärmstens ans Herz gelegt werden. Vorsicht jedoch, wer Bier nicht mag, ist hier wahrscheinlich nicht gut aufgehoben.

Info: Die Bierwallfahrt von Unterneukirchen nach Altötting ist in etwa 16 Kilometer lang. Start ist vor dem Hotel Traumschmiede in Unterneukirchen. Das Package mit drei Einkehrstationen kostet pro Person 69 Euro. Ab zwölf Personen sind auch individuelle Termine möglich. Das bierige Wochenende mit Bierwallfahrt, einem viergängigen Bier-Genuss-Menü am Ankunftstag, zwei Übernachtungen und Frühstück  kostet 179 Euro.

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